Sonntag, 30. August 2020

DAS C-WORT XXV - DER BUND DER 188

An einem Tag im August des letzten Jahres kamen die Staatschefs der Länder dieser Welt zu mitternächtlicher Stunde mitten im Atlantischen Ozean auf einem Tanker unter liberischer Flagge zusammen, um gemeinsam einen infernalischen Plan auszuhecken. Im Schutz der Dunkelheit trafen sie ein, per Helikopter und Schnellboot, zwei aus ärmeren Staaten mußten den langen Weg rudern. Xi Jinping und Trump, Putin und Macron, Trudeau und Merkel, Orban, Dudas, die Liste ist lang. In dieser Nacht würden sie ihre nicht unerheblichen politischen und wirtschaftlichen Konflikte und Unvereinbarkeiten beiseite lassen und gemeinsam planen und handeln. 
Die Geburt dieser denkwürdigen Nachtwache war ein launiger Frühsommer-Twitter-Austausch zwischen Trump und Putin während des hitzigen US-Wahlkampfes 2016. Ein Kompliment für den gestählten Oberkörper des einen beim Ausflug zu Pferd, ein cleverer Tipp des anderen betreffs der Pflege blondierter Haare. Der eine wünschte sich Hillary los zu werden, der andere bot Gift an, 😂, dass ständig gegen irgendwas protestiert würde, sei doch nervend, man könne ja nicht alle einsperren, in den Rücken schießen oder anderweitig aus dem Weg schaffen, 😡, sowas verdürbe einem noch glatt den Spaß am Macht haben, 🤮. Man scherzte über gemeinsame wilde Nächte, es ging hin und her, ein Wort gab das andere. Eine Frage begann sich zu kristallisieren: Wie könnte man sich die ersehnte Ruhe schaffen, endgültig, ein für alle Mal?
Tausende top-secret Mails später, Q-Anon gestartet, US-Wahl gewonnen, russische Präsidentschaft bis 2099 gesichert - nun sitzen sie alle um einen gigantischen Tisch, die Premierminister, Bundeskanzler, Könige und ihresgleichen, religiöse Dissonanzen, Öl- und Erdgas-Interessen, Grenzreibereien, jahrhundertalte Konflikte beiseite gelegt, zu Gunsten einer gewagten, gewaltigen Idee. 

COVID 19.

Eine Fiktion, eine Chimäre, ein Nichts, das alles ändern würde - Lockdowns all überall auf dem Globus, fingierte Statistiken, gefälschte Sterbeziffern, gekaufte Journaille, bestochene Wissenschaftler - es lief wie geschmiert, was es ja auch war und ist. 188 Staatenlenker hatten den größten Betrug der Menschheisgeschichte durchinszeniert und erfolgreich zur Aufführung gebracht.

So war es. So muß es gewesen sein.


Sonntag, 9. August 2020

DAS C-WORT XXIII - Was steckt hinter dem Allen?

An allem sind die Juden schuld!
Die Juden sind an allem schuld!
Wieso, warum sind sie dran schuld?
Kind, das verstehst du nicht, sie sind dran schuld.
Und Sie mich auch! Sie sind dran schuld!
Die Juden sind, sie sind und sind dran schuld!
Und glaubst du’s nicht, sind sie dran schuld,
an allem, allem sind die Juden schuld!
Ach so!
Friedrich Hollaender

Die Schwelle an der bei mir akute Wut gegen Antisemitismus einsetzt ist ziemlich hoch, aber wenn mir noch jemand, im Zusammenhang mit Corona und den düsteren Mächten, die uns entweder infizieren oder nur vorgaukeln, es gäbe eine Pandemie, irgendwelche youtube Links schickt, die auf satanische Morde, das Trinken von Babyblut oder Fressorgien an Kinderfleisch hinweisen, dann werde ich ungemütlich.
Die dreckige politische Lüge des Mittelalters, dass Juden das Blut christlicher Kinder zum Matze-Backen für den Sabbath benötigen, die immer wieder eingesetzt wurde, um Pogrome anzufeuern, wenn die Schulden bei jüdischen Geldverleihern zu hoch wurden oder eine innenpolitische Ablenkung nötig war, wird wieder einmal hochgekocht. Nein, es wird nicht ausdrücklich von Juden gesprochen, nur von Eliten, den Bankern, den Korporations. Aber impliziert ist es.
Weil im mittelalterlichen Europa Christen kein Geld verleihen durften und Juden nicht in die handwerklichen Zünfte aufgenommen wurden, blieben Lumpensammler, Scherenschleifer und Geldverleiher die fast einzigen für Juden zugänglichen Berufe. Und wenn sie dann erfolgreich waren, nahm man es ihnen übel.
Was mit Überschriften wie "Verhindert Kindesmißbrauch" beginnt, endet mit "Merkel muß weg" oder "Keine Masken". Es werden Zusammenhänge konstruiert, die böse und hintertückisch sind und der hoch zu achtenden Bemühung um Verhinderung des täglich real stattfindenden Kindesmißbrauchs schaden.

An allem sind die Juden schuld.
Und die Radfahrer.
Wieso die Radfahrer?
Wieso die Juden?



https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/psychologie/verschwoerungstheorien/pwiejudenundverschwoerungstheorien100.html

Freitag, 7. August 2020

Vietnamesisches Schweinekotelett und, ja, es muß Bio-Fleisch sein.

Das habe ich vor vielen Jahren in Toronto gegessen und nicht vergessen. Auch wenn ich heute nur noch sehr selten Schweinefleisch esse, dafür hat sich die Ausnahme gelohnt.

Man braucht:
4 Koteletts ohne Knochen
3 El Fischsauce
2 zerkleinerte Knoblauchzehen
1 Tl Zucker
1/4 Tl Kurkuma
1/4 Tl schwarzen Pfeffer
2 El Raps- oder Sonnenblumenöl
Eine kleine Gurke in Scheiben geschnitten
4 Eier (Die laß ich weg.)
Gedämpften Jasminreis

1
Die Koteletts dünn klopfen, auf 1 oder 1,5 cm, auf jeden Fall gleichmäßig und dann mindestens 10 Minuten in dem Gemisch von Fischsauce, Knoblauch, Kurkuma, Pfeffer und Zucker marinieren.
2
Den Reis aufsetzen.
3
Die Nuoc Cham Sauce vorbereiten aus 
1/4 Tasse Zucker
1/4 Tasse Fischsauce (Kann ruhig etwas mehr sein.)
1/4 Tasse weißem Essig
1El Limetttensaft
1 El feingehackter roter Chilischote
1 zerhackten Knoblauchzehe
4
Die Koteletts in heißer Pfanne braten, jede Seite so 3 bis 4 Minuten, raus aus der Pfanne und etwas ruhen lassen.
5
Reis, Gurkenscheiben und Koteletts auf die Teller und großzügig Nuoc Cham Sauce drüber.
Es ist köstlich. Das Rezept habe ich von Marion's Kitchen, einer fabelhaften Website für Leute wie mich, Anfänger, die thailändisch kochen lernen wollen.
Außer der Fischsauce und dem Bio-Fleisch sind alle Zutaten überall zu bekommen und asiatische Supermärkte gibt es mitlerweile viele und auch gut sortierte In der Tucholskystrasse hat eine Fleischerei von Gut Kerkow eröffnet, alles aus guter Haltung und eigener Schlachtung (Gehört wohl Frau Wiener.). 

Photo von https://www.seriouseats.com

Mittwoch, 5. August 2020

Das C-Wort XXII - Mein Leben als Rentner ohne Rente - oder - WIR SIND DIE ZWEITE WELLE

MEIN LEBEN IN DER ZWISCHENZEIT,
der Zeit zwischen "DAMALS" und "WER WEISS WIE ES DANN SEIN WIRD".

Vorausgeschickt: Dieser Text ist nicht ausgewogen, nicht sachlich, nicht unparteiisch.


"DAMALS" war schon elendig schwierig, Klimakrise, wachsende soziale Ungerechtigkeit, postkoloniale Verelendung und allgemeine Verblödung existierten zeitgleich mit wunderbaren Dingen, wie Erfindungsgeist, Empathie, Verbesserung der Lebenssituation vieler Menschen. Jetzt gibt es das alles nach wie vor und on top of it - das C-Wort mit allen seinen Nöten und Konfusionen. 
Nicht anfassen, nicht anatmen, nicht irre werden.
Am Samstag haben in Berlin Tausende, wenn nicht gar Trillionen meiner Mitbürger das Ende der Pandemie gefeiert. Welches Ende, während anderswo Tausende sterben? FREIHEIT! 

Mindestens 701.278 an oder mit Corona Gestorbene bisher. 
Alle alt und krank? Alle eh schon fast tot? Oder selber schuld? Ist es nur eine Grippe? Gibt es Corona gar nicht? Ist es alles eine weltweite Verschwörung der "Eliten"? FREIHEIT! 
Drosten oder Streeck oder doch Wodargk? Die WHO und China, die USA kontra China. Maske unter der Nase, Schlüpfer unterm Genital. Nasen fordern FREIHEIT. Bekannte drehen durch. G5 und Bill Gates und Chips und Attila und Deep State und Reptiloide. Angela Merkel muß für Alles und Jedes herhalten, sie ist der Teufel, eine Bolschewikin, gekauft vom Kapital. Überhaupt, wir leben in einer linksfaschistischen Corona-Diktatur. Man nimmt uns unsere Meinungsfreiheit. FREIHEIT! 
Holterdipolter, wüst durcheinander, einig nur in der Wissenschaftsfeindlichkeit, dem Mißtrauen gegenüber staatlichen Institutionen und dem Hass auf die mantra-artig FAKE genannten Medien. 
Was genau wollen die dunklen Mächte mit ihrem Corona-Plan erreichen? Ich rede nicht von Q-Anon Idiotien, sondern von den Ideen, die die wütende Mittelschicht, bzw. Teile davon umtreibt. Bei Fridays For Future wurde noch über Strafen wegen Schulschwänzen gebrabbelt und jetzt verwandelt die Maskenpflicht die Leute in FREIHEITSkämpfer. Es kann doch nicht wirklich um den Lappen gehen. Worum also dann? Wie sieht die FREIHEIT aus, nach der sie rufen? Glauben sie wirklich, dass Compact, Rubicon, Telegram sie fairer und wahrhaftiger informieren, als die Fake-Medien?
Mindestens 702.164 an oder mit Corona Gestorbene bisher.
Die Infektionszahlen in einigen Ländern steigen rasant, die Sterberaten nicht ganz so stark, oder nur noch nicht? Ist es schon die Zweite Welle oder das Aufflackern der Ersten? Viele alte Menschen sterben, aber auch junge bleiben nicht verschont. Leichte Verläufe können ungeahnte Spätfolgen nach sich ziehen. Welche? Die Berichte divergieren. Der Impfstoff kommt oder kommt nicht oder ist schon von der USA aufgekauft. In Brasilien herrscht der Wahnsinn, in den USA herrscht - was? Der nackte Kaiser, der häßliche, orange und fett, hysterisiert wegen eines möglichen Wahlverlustes im November gibt er mir ernüchternde Einblicke in den realen Imperialismus. Will man Menschen hassen lernen, muß man auf Youtube seinen Wählern zuhören. In Brasilien, Peru, Israel, auf dem Balkan wird gegen die Krankheit gekämpft, wir kämpfen für FREIHEIT.
WAS IST DAS, DIESE FREIHEIT? Wovon frei? Wofür frei? 
Für eine bessere Welt. Darauf können sich alle einigen. Aber wie sieht die bessere Welt aus? Soll es die der Reichsflaggenträger sein? Denn hier liegt der Hund begraben, in diesem neuen FREIHEITskampf verbünden sich eigentlich unvereinbare Gruppen. Plötzlich ist es nicht mehr schlimm, mit Nazis gemeinsam zu demonstrieren. weil alle FREIHEIT wollen und gegen das Kapital, die Superreichen, die globalen Konzerne zusammenstehen. Und immer wieder "Wir sind das Volk!" Eine Hülse. 
Das schlimmste Zitat? Sich dabeiauf den November 89 beziehend: "Wir haben heute Geschichte geschrieben!" Da fährste von Stuttgart nach Berlin, demonstrierst, niemand bedroht dich, keine Verfolgung droht, dann fährste wieder nach Hause und bist ein Held! So einfach geht das.

Freiheit wird in der Regel als die Möglichkeit verstanden, ohne Zwang zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten auszuwählen und entscheiden zu können. (Wiki)

Und was tue ich inzwischen, in dieser Zeit zwischen "DAMALS" und "WER WEISS WIE ES DANN SEIN WIRD"? Lese viel, lerne thailändisch kochen, gehe spazieren, wandern, paddeln. Ich vermute dahinter eine Verschwörung meiner Freunde, mit dem Ziel mich in DIE NATUR zu locken. Und weil ich diese Leute lieb habe, finde ich mich regelmäßig in brandenburgischen Landschaften, in Berliner Parks oder auf Berliner Seen wieder. So viel Flora, und gelegentlich Fauna, habe ich meinen Lebtag noch nicht gesehen. Aber reizende Gesellschaft versüßt das Übermaß an Grün. Dann sortiere ich Bücher, Klamotten, Krimskrams aus, wie offensichtlich alle anderen auch, wenn ich mir die Kartons mit Ramsch und Zeugs ansehe, die grad überall rumstehen. Wenn schon das Hirn im Chaos ist, versucht man halt die Wohnung in Ordnung zu bringen.
Mindestens 702.330 an oder mit Corona Gestorbene bisher.
Wie "WER WEISS WIE ES DANN SEIN WIRD" aussehen mag, weiß niemand und ich schon gar nicht. Während ich den Text geschrieben habe, sind mehr als eintausend Menschen gestorben.

Mittwoch, 15. Juli 2020

Zitronenrisotto

Manchmal muß es einfach wohliger genüsslicher Matsch sein. 

Das Rezept ist von Nigella Lawson!

Schalotten und Staudensellerie kleinklein schnipseln und in etwas Butter und Olivenöl anschwitzen, aber nicht bräunen. 
300 Gramm Risottoreis reinrühren bis alle Reiskörner von der buttrigen Flüssigkeit bedeckt sind. 
Einen Liter Gemüsebrühe, das ist ein Liter Wasser mit etwas Gemüseboullion, vorbereiten. 
Eine Kelle zum Reis, rühren bis die Flüssigkeit aufgesogen ist, zweite Kelle, rühren, dritte Kelle, rühren und so weiter. Ein ganz wenig Rosmarin dazu und die geriebene Schale einer halben Zitrone. Und immer wieder Brühe rein und rühren bis der Reis schön cremig und weich ist. (Zur Not auch mehr Flüssigkeit dazu.)
Jetzt komt's! Sahne mit einen Eigelb, dem Saft einer halben Zitrone und schön Parmesan vermischen, Reis vom Herd, und die Sahnemasse unterrühren. Es erfolgt ein Farbwechsel zu wundervollem, sattem Goldgelb. 


Manchmal muß es einfach wohliger genüsslicher Matsch sein.

Donnerstag, 9. Juli 2020

Meine Harzreise

Auf die Berge will ich steigen,
Wo die frommen Hütten stehen,
Wo die Brust sich frei erschließet,
Und die freien Lüfte wehen.

Auf die Berge will ich steigen,
Wo die dunkeln Tannen ragen,
Bäche rauschen, Vögel singen,
Und die stolzen Wolken jagen.

Lebet wohl, ihr glatten Säle!
Glatte Herren, glatte Frauen!
Auf die Berge will ich steigen,
Lachend auf euch niederschauen.  

Heinrich Heine 
Harzreise

Den letzten Abend unserer kurzen Harzreise, die wir wegen miesem Wetter morgen vorzeitig beenden werden, verbringen wir auf dem Gelände des ehemaligen Klosters Drübuck, jetzt ein evangelisches Tagungszentrum, preisgünstig, hocheffizient und angenehm eingerichtet. Im Garten singen alte und nicht so alte Menschen "Jesus is coming, yes I know.", als Kanon, klatschen auf die Eins und ein Schaf blökt den Chorus. Eine mir fremde Welt.


Gestern ein andres Kloster, von einer Stiftung geführt, mit gläsener Rezeption, erstklassig erhaltener romanischer Kirche und Gästezimmern in DDR-Barock - meine Duschtür hing mit letzter Kraft an nur einer Schraube, die Wasserleitung war in schwarzem Gummi auf der Wand verlegt, für das Mobiliar hätte sich Hellerau in Grund und Boden geschämt und dann hat man auch noch versucht uns den doppelten Zimmer-Preis abzunehmen.



Der Harz. Es ist merkwürdig hier. Eine milde, hügelige Landschaft, gesprenkelte Städtchen voller Fachwerkhäuser, farbenfroh in Quedlinburg und Wernigerode, schiefergrau in Goslar.
Die Hochsaison ist in vollem Gange nach monatelanger Einschränkung des Betriebes, aber Sehenswürdigkeiten schließen um 14.00 oder 16.00 Uhr, Läden ebenfalls. Es gibt Unternehmungen, die sich unglaublich anstrengen, interessante und unterhaltsame Erlebnisse zu bieten, und andere benehmen sich, als ob Corona, die vergangenen "Sie werden plaziert"-Zeiten zu ihrer persönlichen Erleichterung zurückgebracht hat. Wie empfindlich ich immer noch bin, nach mehr als dreissig Jahren, diesem dienstunbeflissenen Ton gegenüber.


In der wunderschönen Harzer Schmalspurbahn hinauf zum Brocken, das Ticket kostet 47 Euro , die Toilette heißt noch Abort, ertönt nach jedem Halt ein enthusiastischer Einspieler über die Schönheit des Fichtenwaldes und seine jetzt stattfindende, natürliche Rengeneration zum ursprünglichen Mischwald.
Aber was mein Auge sieht, ist das blanke Gegenteil, tote Bäume, ihre Skelette tragisch aufrecht neben- und hintereinander aufgereiht. Wann werden sie sich niederlegen dürfen? Von fern betrachtet waren es nur vage breite rötliche Schnitte im Leib des Waldes, nun, aus der Nähe, erinnert das Bild an Leichenberge, zu denen sich jeder Vergleich verbietet. Die vor hunderten Jahren gepflanzten Fichten lieferten Bau- und Brennholz für den Bergbau, ein künstliche Monokultur, aber die trockenen Sommer der letzten Zeit öffneten dem schon immer anwesenden Borkenkäfer Tor und Tür und er tut, was er tun muß, er frißt. Vielleicht ist der Regen jetzt ein Segen, vielleicht muß Altes sterben, damit Neues wachsen kann, aber die vielen kahlen, borkenlosen Stämme heute, ihre nadelberaubten Äste und Zweige - ich habe selten so was Trauriges gesehen.







Mittwoch, 17. Juni 2020

Meine Mama - Barbara Marie- war einst ein Kind


Meine Mama.  
Irgendwann irgendwo in Skandinavien, zwischen 1935 und 1941, eher nach 1937. Sie sieht sehr jung aus, vielleicht 7 oder 8. Ihre Kniestrümpfe sind runtergerutscht an ihren dünnen Kinderbeinen. Kinderknie. Die Gelenke wie kleine Wurzelballen zwischen den schmalen Gliedern. Zauberhaft. Die Jacke ist wohl nicht ihre, viel zu groß. Was hat sie da an der Leine? eine Puppe, eine Wurzel? Den Blick kenne ich. Von mir. Defensiv, wenn Du mir frech kommst, haue ich Dir eine runter. 
Sie ist mit ihren Eltern und ihrem Bruder auf der Flucht vor den Faschisten. Das sieht man nicht, aber ich weiß es. 1933 aus Deutschland von einer mutigen Calvinistin herausgeschmuggelt, mit kurzem Zwischenstop in der abweisenden Schweiz, ging es danach nach Dänemark, Schweden & Finnland. In Dänemark lernte sie die Sprache, hatte Schulfreunde, in Schweden lernte sie auch und hatte aber schon weniger Freunde, Finnland mit seiner so sehr fremden Sprache ließ ihr nur ein Jahr Zeit und nur eine Freundin. Ein kurzer Zwischenstopp im stalingepeinigten Russland und dann ging es, lebensrettend, nach Los Angeles, Santa Monica. 
Sie war im Herzen eine Amerikanerin, bis zum Schluß. Auch wenn sie als deutsche Jüdin dort nie willkommen war. Aber die Samstage im Kino, drei Filme für einen Dollar, die Bananasplits und die Sprache, eine, die sie Zeit genug hatte, wirklich zu lernen, haben sie geprägt. Ich, eine ältere Dame, habe dieses Photo heute durch Zufall zum ersten Mal gesehen, meine alte Mutter, als sie ein Kind war. Ein trauriges Kind. Ich könnte heulen, aber ich will nicht. 
Tausende traurige, dünne, ungelenke, heimatlose Kinder in Flüchtlingslagern überall auf der Welt.



Sonntag, 7. Juni 2020

Das C-Wort XXI - Disziplin

Es ist knallhart, dieses Probieren in Corona-Zeiten.
Meine Spieler sind Helden, spielgeil und gleichzeitig vernünftig. Ja, das geht.
Nicht anfassen! Nicht küssen! Nicht ohrfeigen! Nicht streicheln!
Wird leise gesprochen, dürfen wir nackt bleiben, gesichtsnackt, mit Mimik und Schweiß.
Aber bei lautem Sprechen oder Singen werden sechs Meter Abstand verlangt  und sofort rauf mit den Plastikschilden!
Für viel Geld gibt es entspiegelte Schilde, aber das Geld haben wir nicht!
Also sehe ich im schlimmsten Fall kein Gesicht, sondern nur den Widerschein eines oder mehrerer Scheinwerfer!
Die Stimmen meiner Spieler schallen von ihrem Schild zurück, der Zuhörende hört eine durch den Kunststoff abgedumpfte Version.
Auf der Pro-Seite: wird jemand aggressiv, verwandelt sich die Maskenbewaffnung des Gegenübers in eine starke Theater-Haltung.
Unser Stück verlangt meistens Abstand, GottseiDank!
Wir alle wissen, dass wir ein gefährliches Spiel spielen und die Intimität der Proben tut ihr Eigenes, unseren Regelgehorsam zu gefährden.
Und nun, nach einer corona-unwissenden Probenphase bis zu drei Wochen vor der Premiere und einer zweiwöchigen corona-geprägten jetzt im Mai & Juni, soll unsere Premiere im September sein.
Aber in den Unterbrechungsmonaten verändere ich mich, denke neu, denke anders, meine Weltsicht verändert sich.
Was wird uns im September passieren? Welche Regeln gelten dann? Wie denke ich dann?
Wieviele Zuschauer dürfen wir einlassen? Genug, um unser finanzielles Überleben zu ermöglichen?
Die bremer shakespeare company ist ein teilsubventioniertes privates Theater und verhält sich in dieser Krise ungewöhnlich sozial. Ausgefallene Vorstellungen wurden bezahlt, Mein Honorar zu mehr als der Hälfte ausgezahlt.
In unseren Proben treffen Kompromissbereitschaft und anarchisches Spielbedürfnis aufeinander und wir nutzen jede Möglichkeit der Unterwanderung, was bleibt uns anderes übrig?
I wish.
Ach wäre doch alles anders!
Ach wäre der Mistkerl Trump nicht psychotisch.
Ach wäre Hautfarbe eine Nebensächligkeit.
Ach wäre die Welt einsichtiger.
Ach wäre ich vorsichtiger.
Corona ist eine Spaßbremse!
Und ein Killer!

Samstag, 23. Mai 2020

Das C-Wort XX - Bösewichte

Erinnert ihr euch an die Bösewichte eurer Jugend?
Die Hexe mit ihrem Appetit auf Kinderfleisch und der bedauernswerten Kurzsichtigkeit. Die Stiefmutter, besessen von der eigenen Schönheit, gezwungen auf allerlei lächerliche Verkleidungen zurückzugreifen. Die bösen Stiefschwestern, dümmlich, selbstsüchtig und eitel. Kneif deine Wangen, wenn Du kein Rouge hast! Auric Goldfinger mit der weißen Perserkatze und den Piranhas, der die Weltherrschaft plante. Gute Bösewichte sind was Großartiges. Nicht, wie fast alle Nazis in fast allen Filmen, nicht finster blickende, brüllende Pappmaché Figuren, sondern charmante, verführerische, undurchsichtige Gestalten mit Untiefen und überraschend, verstörend sympathischen Seiten.

ABER JETZT wird ernsthaft behauptet:
Anne Frank befand sich auch im Lockdown ( Sven Liebich) , der Wissentschaftler Drosten ist wie Mengele, die Gefährdung der Impfgegner gleicht der der Juden im III. Reich und die Corona-Einschränkungen dem Ermächtigungsgesetz von 1933, wir leben in einer faschistischen Diktatur, Bill Gates oder Rothschild oder die Bilderberger oder DIE Juden sind darauf aus uns zu knechten, 5G tötet tausende Vögel und verbreitet nebenbei den Corona Virus, Merkel ist ein Reptiloid - WtF? 
Während wir, im Vergleich zu anderen Ländern, unter anderem Brasilien und die USA, relativ unversehrt, ich betone "relativ", durch die nun (hoffentlich) abebbende Coronakrise waten, beschließen einige meiner Mitbürger, sich zu Opfern unerträglicher Unterdrückung zu erklären und dabei unsere gemeinsame schwierige Geschichte zu vergewaltigen. Wo sind die Gaskammern, die Massenerschießungen, die Verhaftungen, die Folter, die Mundtotmachung? Diese trendigen Opfer können die Verweigerung ihrer Meinungsfreiheit in vielerlei Kameras und Mikrophone brüllen und was passiert ihnen? In der DDR wären sie in ein Stasi-Gefängnis verfrachtet worden, unter den Nazis ins KZ. Hier und heute werden ihre Ausweis-Informationen aufgenommen. O weh!
Ich habe gravierende Schwierigkeiten mit der Ungerechtigkeit, die ein grundlegendes Prinzip unserer Gesellschaftsornung ist, aber ich ziehe doch, widerwillig, unsere hinkende, bucklige Demokratie all den anderen real existierenden Formen und Verkrüppelungen vor. Hier noch einmal ein Churchill Zitat: "Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen - abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind." 
Es ist eine beschissene Zeit. Bedrückend. Viele von uns sorgen sich um ihre Zukunft. Kinder vermissen ihre Spielkameraden, Jugendliche die ihnen zustehende Sorglosigkeit, Mütter sind überbelastet, die Gewalt in Familien nimmt zu, Kleinunternehmer bangen zu Recht um ihre Zukunft, Künstler, gute und weniger gute, stehen vor dem Nichts - ABER wir sind nicht völlig verlassen. 
Wir leben nicht in Favelas, sind nicht Bewohner eines Landes ohne medizinische Grundversorgung, unsere vielgeschmähte Frau Merkel ist in der Lage wissenschaftliche Daten zu verarbeiten, wir werden versorgt, wenn wir erkranken.

Ist da gar keine Erleichterung? Wir verzeichnen nur "8261" Tote zum jetzigen Zeitpunkt, nicht mehr, nicht 100 000, nicht 500 000, wie es der mißmutige Herr Castorf benannte. Nicht mehr tote Großväter, Großmütter, Dicke, Zuckerkranke, Raucher, Asthmatiker? Solche die selber schuld sind oder sowieso nicht mehr lang leben?
 Dankbarkeit. Das klingt demütig, und ist vielleicht angebracht.


Freitag, 15. Mai 2020

Das C-Wort XIX - Unnormal Normal oder Normal Unnormal

Tagesablauf: 

Der Koffer ist gepackt und enthält (Ein erstes Mal!) Desinfektionsmittel, meinen antiken DDR-Impfausweis und eine kleine Sammlung von Gesichtsmasken.

Um 5 Uhr klingelt der Wecker, dann schnell zum Bahnhof für den Zug um 6.40 Uhr nach Bremen via Hamburg. (Meine erste Zugfahrt in acht Wochen.). Der Zug ist merkwürdig leer, die Maske über drei Stunden erträglich.

(Um 11.00 Uhr bin ich im Theater, zum ersten Mal in acht Wochen). Ein gutaussehender Amtsarzt verkleidet sich in einen langen grünen Kittel und Mundschutz plus Plastikvisier und nimmt uns allen einen Corona-Abstrich ab. 10 cm in die Nase geht bei mir gar nicht, ein zweiter Versuch im Rachen klappt. Die Ergebnisse bekommen wir morgen. Wenn nur einer von uns positiv testet ... 14 Tage Quarantäne?

Dann verpasst mir der hübsche Arzt eine Pneumokokkenimpfung für den Fall des Falles. Nur ein kleiner Pieks, erst am Abend wird der Arm schmerzen.

Um 12.00 Uhr ist dann richtiger Probenbeginn. (Der ersten Probe in acht Wochen.) Die Spieler legen ihre Gesichtsschilde aus Plastik an. (Alice fiel in den Brunnen und durch den Spiegel.) Ihre Visiere spiegeln die Neonröhren des Arbeitslichtes, jede Kopfbewegung erzeugt ein kleines glitzerndes, funkelndes Feuerwerk über ihren Gesichtern. 

Um 14.00 Uhr folgt ein gemeinsam vereinzeltes Mittaggessen an von einander entfernten Tischen. Es schmeckt, wie immer, großartig. (Mit so vielen Leuten war seit acht Wochen nicht mehr in einem Raum - Maske auf, Maske ab, Hände desinfizieren.) Essen mit Maske geht nicht.

Um 15.00 Uhr folgt mein Einzug in die Theaterwohnung. Danach noch schnell der Einkauf des Nötigsten - Kaffee, Milch, blabla. (Die letzten acht Wochen habe ich jeden Tag gekocht, das werde ich jetzt in der fremden Küche erstmal nicht mehr können.)

Um 19.00 Uhr Abendprobe - was passiert mit dem Erarbeiteten unter den neuen, irren Bedingungen? Unser Stück spielt in der Hölle, also hätten die Figuren keinen Grund sich vor einem Virus zu fürchten. (Aber die Schauspieler haben einen.)

Hinter ihren Visieren klingen die Stimmen anders, wie aus zu kleinen Tonstudios oder wie aus einer Plastiktonne. Der Stirnreif drückt, die Schilde verändern die Sicht, manchmal sieht man das eigene Spiegelbild. (Gibt es entspiegelte Plastikfolie?) Es ist anstrengend. Kopfschmerzen. Instinktive Reaktionen ohne Sicherheitsgedanken sind erstmal nicht möglich. Jede Stunde lüften wir, um die Aerosolhäufungen wegzublasen. 

Die "Metaebene" unseres Stückes ist die neue deutsche Rechte, die sich gerade in die aus Verunsicherung und Denkfaulheit geborene Querfronten einparkt, Corona schützt uns nicht vor faschistoide Gedankenwelten.

Jetzt, um 24 Uhr, bin ich knülle.

 © Bild: cover-covid