Alle Unordnung des inneren und des äußeren Menschen
wird geordnet in der Gelassenheit,
in der man sich lässt und Gott überlässt.
Meister Eckart
Mich lasse ich in die Gelassenheit, bei Gott bin ich da eher mißtrauisch.
Die Lieblingsnichte ist ein hochintelligenter und liebenswürdiger Totalchaot. Ihr Zimmer sieht aus, wie ein Ort an dem kürzlich eine Granate eingeschlagen ist und vor nur 45 Jahren sah mein Zimmer ganz genauso aus. Wie erkäre ich ihr, dass Ordnung das Leben einfacher macht? Ordnung klingt auch so ekelhaft spießig. Deshalb nenne ich es mein organisiertes Chaos, was eigenlich nur zeitsparendes Management meines inneren Durcheinanders ist.
HIRN: die Bezeichnung geht über mhd. hirn(e), ahd. hirn(i) auf germ. hersnja – zurück und beruht auf einem Wort, das noch in den nordischen Sprachen in der Bedeutung „Schädel, Schädeldecke“ erhalten ist; die Ausgangsbedeutung ist demnach „das im Schädel Befindliche“; gleichen Ursprungs sind auch griech. kraníon„Schädeldecke“ und lat. cerebrum „Gehirn“, die ebenfalls von einem Grundwort mit der Bedeutung „Kopf, Schädel“ ausgehen (z. B. griech. kára „Kopf“); der in der Hochsprache gebräuchlichere Begriff Gehirn ist eigentlich ein Kollektivum zu Hirn.
Kraut und Rüben.*
In meinem Schädel, unter meiner Schädeldecke sieht es, vermute ich, aus wie im unaufgeräumten Zimmer einer pubertierenden 14-jährigen, die gerade ihre absolute Lieblingjeans gesucht und nicht gefunden hat, ich und die Lieblingsnichte winken.
Ich mag mein Hirn, aber es ist ein absonderliches Ding. Wenn Gehirn, siehe oben, eine Sammelbezeichnung von Hirn ist, habe ich vielleicht mehrere Hirne, die lose verbunden, aber in eigener Verantwortung arbeiten. Sie alle sind verwandt und befreundet, aber jedes von ihnen ist ablenkbar und besteht stur auf seiner Einzigartigkeit.
Abdriften, ich beginne mit einem Gedanken und ende an einem gänzlich anderen Ort. Wie bin ich dahin gelangt? Keine Ahnung. Sprünge. Hüpfer. Seitenstrassen. Assoziationen. Erinnerungen.
Ich hab das wohl von meinem Vater. Den fragte ich nach einem spezifischen historischen Fakt und nach dreissig Minuten wußte ich viel über Geschichte, einiges über Grammatik, kannte zwei Anekdoten und mindestens ein obskures deutsches Gedicht mehr. Leider ist mein Gedächtnis nicht so gut wie es seines war.
Wißt ihr, dass in den letzten 20 Jahren nach Untersuchungen von dänischen Wissenschaftlern unser Durchschnitts-IQ, nachdem er seit Messungsbeginn 1905 stetig stieg, jetzt seit 1975 kontinuierlich sinkt?
https://www.focus.de/wissen/mensch/intelligenz/durschnitts-iq-sinkt-die-menschheit-wird-immer-duemmer_id_9103645.html
Wie bei Hempels unterm Sofa. * *
Bei Proben ist das Eigenleben meiner Hirne hilfreich. Ein Spieler macht ein Angebot, eins meiner Hirne wirft fünf Bälle in die Luft und gelegentlich wird eine wunderbare Jonglage daraus und manchesmal fliegen mir nur fünf Bälle um die Ohren. Aua. Logik ist nützlich, sprunghaftes Denken ist lustvoll.
Wie in der Judenschule. * * *
Es sieht aus wie auf dem Schlachtfeld oder im Tollhaus. * * * *
Da liegt der Kamm neben der Butter. * * * * *
Meine Lieblingsnichte is in the house. * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *
* Kohlkraut und Kohlrüben wurden früher häufig gemeinsam angebaut, im Gegensatz zu anderen Feldfrüchten, die säuberlich getrennt wachsen sollen.
* * Diese Herkunft dieser neueren Redewendung ist nicht bekannt. Offenbar
stammt sie nicht von einer real existierenden Familie mit dem Namen
„Hempel“. Das Wort Hempel selbst leitet sich von Hampel(mann) ab. Schon
Martin Luther (1483-1546) nutzte „grober Hempel“ als Synonym für einen
unkultivierten und einfältigen Menschen. Im 20. Jahrhundert setzte sich
dann die Bezeichnung „Hempels Sofa“ durch, in manchen Gegenden sagt man
auch „bei Hempels unterm Bett".
* * * umgangssprachlich, veraltet; Seit dem Massenmord an Juden während der Zeit des Nationalsozialismus sind auf Juden bezogene Redewendungen nicht mehr gebräuchlich.
Meine Erklärung: Es ist laut, alle reden durcheinander.
* * * * & * * * * * selbsterklärend
Und auch noch: wie bei den Hottentotten: umgangssprachlich, veraltet; Die Hottentotten sind ein khoisanisches
Volk in Namibia (khoisanische Sprachfamilie: Buschmann, Hottentot,
Xhosa). Die Redewendung unterstützt rassistische Ressentiments und ist
heute kaum noch gebräuchlich.
Alle Definitionen von www.redensarten.de
Mittwoch, 29. August 2018
Sonntag, 26. August 2018
Null in der Schaubühne
Die Zahl Null ist die Anzahl der Elemente in einer leeren Ansammlung von Objekten, mathematisch gesprochen die Kardinalität der leeren Menge.
Wiki
© Thomas Aurin
Vielleicht war es das Nachbeben der Volksbühnenkatastrophe, vielleicht der so sehr andere Ort, die geosoziale Lage des Theaters, vielleicht waren es die teils neuen Spieler, vielleicht war er müde, oder hatte einen bösen Schnupfen. Wer weiß.
"Null" war ok, nicht ärgerlich, nicht öde, aber auch nicht nur-mit-dem-halben-Hintern-den-Sitz-berührend mitreißend. Herr Fritsch hat mich übel verwöhnt, mich in Sicherheit gewiegt, dass ich kichern, prusten, lachen werde, mich vergnüge, in die Spieler verliebe, mitspielen möchte. Heute war es nicht so. Aber ich werde den Teufel tun, es ihm zu verübeln. Er hat ein Recht darauf mal nur ein Ok zu produzieren. Alle wirklichen Kunst-Könner, die ich bisher erleben durfte, erschöpfen gelegentlich.
Charlie Chaplin hat gelegentlich üblen Kitsch verzapft, Brando hat im "Kleinen Teehaus" den unjapanischsten Japaner aller Zeiten gespielt, Brecht hat seinen pädagogischen Gelüsten im "Sezuan" keinerlei Fesseln angelegt, Shalkespeares "Zwei Herren aus Verona" haut mich nicht aus den Socken, Castorf kann mich manchmal so sehr gelangweilt, dass ich in gnädigen Tiefschlaf verfalle, und das ist mir auch bei Ljubimow und bei Strehler passiert. Ja, manchmal mißlingt's, und nur dadurch vergesse ich nicht, wie gut jemand eigentlich ist.
Du hast deinen Witz von beiden Seiten abgestutzt und nichts in der Mitte gelassen.
… Nun bist du eine Null ohne Ziffern.
Lear
Beim Lachen betreibt der Körper Hochleistungssport: Vom Gesicht bis zum
Bauch sind beim Lachen fast 300 verschiedene Muskeln beteiligt. ... Die Atmung geht um ein Vielfaches schneller und die Lunge nimmt rund
drei- bis viermal so viel Sauerstoff auf wie gewöhnlich. Dabei wird der
Brustkorb teilweise schmerzhaft gezerrt und das Zwerchfell hüpft. Die
schnellere Atmung regt dabei den Blutfluss an - das macht das Lachen so
gesund. Mediziner haben zudem festgestellt, dass durch das Lachen mehr
T-Zellen aktiviert werden und so das Immunsystem gestärkt wird. ... Nach herzzerreißendem Lachen kommt der Körper wieder zur Ruhe. Nach der
großen Muskelanspannung und der inneren Massage durch das vibrierende
Zwerchfell sind die Muskeln nun gut durchblutet und entspannt. Die
Entspannung geht sogar über das Körperliche hinaus, denn so ein
Lachanfall baut Stresshormone ab. ... Über einen Witz zu lachen, ist schon äußerst komplex: Der erzählte Witz
gelangt zunächst über das Ohr ins Hörzentrum, von da geht es weiter in
das Zentrum für Sprachverständnis, wo er analysiert wird. Jetzt wird er
von der linken in die rechte Hirnhälfte geschleust, dabei wird
abgeglichen, ob sich Emotion und Inhalt entsprechen. Stimmen Emotion und
Inhalt nicht überein, findet das Gehirn den Witz witzig und es
stimuliert den Körper zum Lachen. Für die vollbrachte Schwerstarbeit
belohnt sich das Hirn schließlich selbst mit der Ausschüttung von
Glückshormonen. Die können selbst Schmerzen dämpfen.
ABER, aber der Einfall mit den in den sehr unkleidsamen Sicherheitsgurten in Reihe hängenden Spielern, die, in Marionetten verwandelt, versuchen ihr Nicht-Null-Sein zu verteidigen, sich bemühen individuell zu bleiben im Kampf gegen die übermächtige Kraft der Gravitation, ist wunderschön.
Lear:
Von welcher solln Wir sagen, sie liebt uns am meisten?
... was sagst du, ... Sprich."
Cordelia: Nichts. Oder im Original: Nothing. No thing.
Cordelia: Nichts. Oder im Original: Nothing. No thing.
Und nur weil es so schön ist:
Opus Null
1
Ich bin der große Derdiedas
das rigorose Regiment
der Ozonstengel prima Qua
der anonyme Einprozent.
das rigorose Regiment
der Ozonstengel prima Qua
der anonyme Einprozent.
Das P. P. Tit und auch die Po
Posaune ohne Mund und Loch
das große Herkulesgeschirr
der linke Fuß vom rechten Koch.
Posaune ohne Mund und Loch
das große Herkulesgeschirr
der linke Fuß vom rechten Koch.
Ich bin der lange Lebenslang
der zwölfte Sinn im Eierstock
der insgesamte Augustin
im lichten Zelluloserock.
der zwölfte Sinn im Eierstock
der insgesamte Augustin
im lichten Zelluloserock.
2
Er zieht aus seinem schwarzen Sarg
um Sarg um Sarg um Sarg hervor.
Er weint mit seinem Vorderteil
und wickelt sich in Trauerflor.
um Sarg um Sarg um Sarg hervor.
Er weint mit seinem Vorderteil
und wickelt sich in Trauerflor.
Halb Zauberer halb Dirigent
taktiert er ohne Alpenstock
sein grünes Ziffernblatt am Hut
und fällt von seinem Kutscherbock.
taktiert er ohne Alpenstock
sein grünes Ziffernblatt am Hut
und fällt von seinem Kutscherbock.
Dabei stößt er den Ghettofisch
von der möblierten Staffelei.
Sein langer Würfelstrumpf zerreißt
zweimal entzwei dreimal entdrei.
von der möblierten Staffelei.
Sein langer Würfelstrumpf zerreißt
zweimal entzwei dreimal entdrei.
3
Er sitzt mit sich in einem Kreis.
Der Kreis sitzt mit dem eignen Leib.
Ein Sack mit einem Kamm der steht
dient ihm als Sofa und als Weib.
Der Kreis sitzt mit dem eignen Leib.
Ein Sack mit einem Kamm der steht
dient ihm als Sofa und als Weib.
Der eigne Leib der eigne Sack.
Der Vonvon und die linke Haut.
Und tick und tack und tipp und topp
der eigne Leib fällt aus der Braut.
Der Vonvon und die linke Haut.
Und tick und tack und tipp und topp
der eigne Leib fällt aus der Braut.
Er schwingt als Pfund aus seinem Stein
die eigne Braut im eignen Sack.
Der eigne Leib im eignen Kreis
fällt nackt als Sofa aus dem Frack.
die eigne Braut im eignen Sack.
Der eigne Leib im eignen Kreis
fällt nackt als Sofa aus dem Frack.
4
Mit seiner Dampfmaschine treibt
er Hut um Hut aus seinem Hut
und stellt sie auf in Ringelreihn
wie man es mit Soldaten tut.
er Hut um Hut aus seinem Hut
und stellt sie auf in Ringelreihn
wie man es mit Soldaten tut.
Dann grüßt er sie mit seinem Hut
der dreimal grüßt mit einem du.
Das traute sie vom Kakasie
ersetzt er durch das Kakadu.
der dreimal grüßt mit einem du.
Das traute sie vom Kakasie
ersetzt er durch das Kakadu.
Er sieht sie nicht und grüßt sie doch
er sie mit sich und läuft um sich.
Der Hüte inbegriffen sind
und deckt den Deckel ab vom Ich.
er sie mit sich und läuft um sich.
Der Hüte inbegriffen sind
und deckt den Deckel ab vom Ich.
Hans Arp
Donnerstag, 23. August 2018
Freundschaft
Freundschaft bezeichnet ein auf gegenseitiger Zuneigung beruhendes Verhältnis von Menschen zueinander, das sich durch Sympathie und Vertrauen auszeichnet. (Wiki, die alte Klugscheißerin)
Das hastige Herannahen meines 60. (ausgeschrieben: SECHZIGSTEN) Geburtstages bringt es mit sich, dass ich darüber nachdenke, mit wem ich diesen Tag verbringen möchte.
Zeige mir Deine Freunde und ich sage Dir wer Du bist.
Wenn das stimmt, muß ich ein ungewöhnlich toller Mensch sein, oder ein Glückspilz. Reste von Bescheidenheit zwingen mich, letzteres anzunehmen. Was wäre ich ohne sie, ohne meine Freunde? Einsam.
Kollege, Kumpel, Bekannter, guter Bekannter, Verbündeter, Freund, bester Freund, Vertrauter, Herzensfreund, Lebensgefährte. Der Kürze wegen hier in männlicher Form, in der Realität oft weiblich.
Ach, gäbe es doch präzisere Worte für die wichtige Unterscheidung, hauchzarte Differenz, herztiefe Genauigkeit, derer es bedarf, um solcherlei wichtige Verhältnisse zu benennen.
Da ist die Kinder-, Jugend-, Lebens-, Altersfreundin, mit der mein vierzehnjähriges Ich die Komplikationen der ersten Liebe und die Untiefen pubertärer Sexualität in stundenlangen Gesprächen durchschiffte und wenn wir nicht beieinander waren, haben wir telefoniert, mit Hilfe von altmodischen Bakelit-Apparaten mit Wahlscheibe. Sie hat zwanzig Jahre in einem anderen Land gelebt, Kinder bekommen, studiert, gearbeitet, gelebt und doch ist sie mir heute so nah, wie damals, 1974, im Operncafe, dass in der Nähe unserer Schule lag und wo wir Sozialismus, Anarchismus, Todesstrafe, Zungenküsse, die Komplikationen der 69er Position und unsere beidseitige Vorliebe für Schokoeis in jedwedem hochwichtigen Detail stundenlang und mit großer Ernsthaftigkeit diskutierten.
Oder die Herzensfreundin, die ich liebe, ohne Zweifel, rückhaltlos und die nicht aufhören kann zu rauchen, obwohl ihre Lunge lauthals "Halt" schreit. Aber sie kann über Landschaften in Ekstase verfallen und über Pflanzen und über Kunst. Sie ist ihr ganz eigener Planet und ich ihr Kosmonaut.
Oder der Freund, mit dem ich verheiratet war, und dem ich mein Leben anvertrauen würde. Er lebt sein eigenes, eigenartiges Leben und läßt mich meins leben.
Oder der, der mein Lebenslanggefährte ist, auch wenn wir nicht über Persönliches reden.
Oder die Freundin, die zu früh gestorben ist, verflucht sei Gott, den es nicht gibt, und die ich vermissen werde, bis ich einst denselben Weg gehe.
Oder die gute Bekannte, die noch auf die große Liebe hofft und das Leben mit allen Kräften einsaugt.
Und der gute Bekannte, der die allerbesten Witze kennt.
Und der Verbündete, auf den ich mich in gemeinsamen Arbeiten hundertprozentig verlassen kann, weil er eine grundanständige, hochbegabte Spielmaus ist.
Und der lebenslange Freund, den ich einmal im Jahr sehe und mich immer auf ihn freue, weil wir uns seit 46 Jahren kennen und immer noch mögen und weil er unter härtesten Bedingungen ein großartiger Photograph und Mensch geworden ist.
Und die Freundin, die mir ermöglicht hat, mich als kongeniale Schreiberin zu verwirklichen, obwohl sie mit drei Kindern wirklich anderes zu tun hat.
Oder die Freundin, die ich, scheinbar zufällig, meist in Krisensituationen treffe.
Und die, die deren Mentor ich bin und sie lehrt mich andere wichtige Dinge.
Und die, die wie eine Tochter ist, und die, die eine Tochter ist.
Und die, die mich verraten hat.
Und der, der mich verraten hat und sich selbst.
Die beiden werde ich nicht einladen, auch wenn, weil ich halt so sentimental bin, eine Ecke in mir, sie immer vermissen wird.
Manche meiner Freunde sind älter, manch jünger, mein Vertrauen, meine Vertrautheit, macht ihr Alter irrelevant.
Manche meiner Freunde kennen einander, andere nicht.
Ich bin die dankbare Nutznießerin ihrer großherzigen Freundschaftlichkeit.
Also 60 (Sechzig) - here I come. Und ich komme nicht allein.
Das hastige Herannahen meines 60. (ausgeschrieben: SECHZIGSTEN) Geburtstages bringt es mit sich, dass ich darüber nachdenke, mit wem ich diesen Tag verbringen möchte.
Zeige mir Deine Freunde und ich sage Dir wer Du bist.
Wenn das stimmt, muß ich ein ungewöhnlich toller Mensch sein, oder ein Glückspilz. Reste von Bescheidenheit zwingen mich, letzteres anzunehmen. Was wäre ich ohne sie, ohne meine Freunde? Einsam.
Kollege, Kumpel, Bekannter, guter Bekannter, Verbündeter, Freund, bester Freund, Vertrauter, Herzensfreund, Lebensgefährte. Der Kürze wegen hier in männlicher Form, in der Realität oft weiblich.
Ach, gäbe es doch präzisere Worte für die wichtige Unterscheidung, hauchzarte Differenz, herztiefe Genauigkeit, derer es bedarf, um solcherlei wichtige Verhältnisse zu benennen.
Da ist die Kinder-, Jugend-, Lebens-, Altersfreundin, mit der mein vierzehnjähriges Ich die Komplikationen der ersten Liebe und die Untiefen pubertärer Sexualität in stundenlangen Gesprächen durchschiffte und wenn wir nicht beieinander waren, haben wir telefoniert, mit Hilfe von altmodischen Bakelit-Apparaten mit Wahlscheibe. Sie hat zwanzig Jahre in einem anderen Land gelebt, Kinder bekommen, studiert, gearbeitet, gelebt und doch ist sie mir heute so nah, wie damals, 1974, im Operncafe, dass in der Nähe unserer Schule lag und wo wir Sozialismus, Anarchismus, Todesstrafe, Zungenküsse, die Komplikationen der 69er Position und unsere beidseitige Vorliebe für Schokoeis in jedwedem hochwichtigen Detail stundenlang und mit großer Ernsthaftigkeit diskutierten.
Oder die Herzensfreundin, die ich liebe, ohne Zweifel, rückhaltlos und die nicht aufhören kann zu rauchen, obwohl ihre Lunge lauthals "Halt" schreit. Aber sie kann über Landschaften in Ekstase verfallen und über Pflanzen und über Kunst. Sie ist ihr ganz eigener Planet und ich ihr Kosmonaut.
Oder der Freund, mit dem ich verheiratet war, und dem ich mein Leben anvertrauen würde. Er lebt sein eigenes, eigenartiges Leben und läßt mich meins leben.
Oder der, der mein Lebenslanggefährte ist, auch wenn wir nicht über Persönliches reden.
Oder die Freundin, die zu früh gestorben ist, verflucht sei Gott, den es nicht gibt, und die ich vermissen werde, bis ich einst denselben Weg gehe.
Oder die gute Bekannte, die noch auf die große Liebe hofft und das Leben mit allen Kräften einsaugt.
Und der gute Bekannte, der die allerbesten Witze kennt.
Und der Verbündete, auf den ich mich in gemeinsamen Arbeiten hundertprozentig verlassen kann, weil er eine grundanständige, hochbegabte Spielmaus ist.
Und der lebenslange Freund, den ich einmal im Jahr sehe und mich immer auf ihn freue, weil wir uns seit 46 Jahren kennen und immer noch mögen und weil er unter härtesten Bedingungen ein großartiger Photograph und Mensch geworden ist.
Und die Freundin, die mir ermöglicht hat, mich als kongeniale Schreiberin zu verwirklichen, obwohl sie mit drei Kindern wirklich anderes zu tun hat.
Oder die Freundin, die ich, scheinbar zufällig, meist in Krisensituationen treffe.
Und die, die deren Mentor ich bin und sie lehrt mich andere wichtige Dinge.
Und die, die wie eine Tochter ist, und die, die eine Tochter ist.
Und die, die mich verraten hat.
Und der, der mich verraten hat und sich selbst.
Die beiden werde ich nicht einladen, auch wenn, weil ich halt so sentimental bin, eine Ecke in mir, sie immer vermissen wird.
Manche meiner Freunde sind älter, manch jünger, mein Vertrauen, meine Vertrautheit, macht ihr Alter irrelevant.
Manche meiner Freunde kennen einander, andere nicht.
Ich bin die dankbare Nutznießerin ihrer großherzigen Freundschaftlichkeit.
Also 60 (Sechzig) - here I come. Und ich komme nicht allein.
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