Montag, 26. Dezember 2016

Marketa Lazarova

Was wußte ich bevor ich den Film sah? Der Regisseur heißt František Vláčil, ein Name, der mir, ich gebe es zu, nichts sagte. Der Film gilt nach einer bedeutenden nationalen Umfrage als bester tschechischer Film aller Zeiten und hat auf Rotten Tomatoes eine 100% Wertung, was heißt, 9 Kritiker von neun fanden ihn gut, bei der Publikumsumfrage kam er immerhin auf 90%. Gedreht wurde er 1965 in, man merke, 548 Tagen, und also drei Jahre bevor russische Panzer die Prager Revolte niederrollten.
Der Film ist drei Stunden lang, die erste halbe Stunde war ich bockig und dann habe ich einfach nur noch geguckt.
Was habe ich gesehen? 
Zuerst die schlechte Nachricht: eine Urform von Game of Thrones mit stark katholischer Färbung, der Mensch ist schlecht oder er wird zum Märtyrer, Frauen retten Männer durch selbstlose Hingabe, Dreck & Blut, Pfeile treffen Augäpfel und böse alte Männer treiben ihre Kinder in den Untergang. Gewalt oder Unterwerfung, und rein gar nix dazwischen.



Aber, und welch ein Aber, Beda Batka (Bedrich Batka) photographierte diesen schwarz-weißen Film, als gäbe es keine Regeln, als wäre sein Auge frei. 
Menschen drücken sich in den Bildrand, verlassen das Licht und suchen im Schatten schamvoll Unterkunft. Landschaften leben, Tiere greifen in Dialoge ein, komplizierte lange Kameraschwenks wandern von Gesichtern in die Weite und ganz nah in weitaufgerissene Augen. Wir haben das Jahr 1967, jeder Kameramann, meist unter dicken Decken schwitzend, um das Geräusch der riesigen, surrenden Kameras abzuschwächen, hatte einen Schärfezieher - und dieser hier war ein großer Künstler, der Mann unter der Decke allerdings auch. Er hat nicht viele Filme gedreht und lehrt heute an der Tisch School in New York Studenten sein Handwerk.
Einige großartige Schauspieler spielen mit, und mein Hirn suchte fieberhaft nach den Filmen, in denen ich sie gesehen hatte. Drei Haselnüsse für Aschenbrödel, Werner Holt, Salto Mortale habe ich dann gegoogelt.
Keine abgefilmte Diskussion wichtiger Themen, keine Bebilderung dramatischen Geschehens, keine Illustration tiefer Gefühle, all dies nicht, ein Filmfilm, Jede Einstellung ein Bild des Ganzen, jeder Schnitt ein Teil des notwendigen Rhythmus.



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