Klaus Gysi war dreimal verheiratet und diesen Ehen entsprangen sieben Kinder oder waren es acht? Wikipedia nennt nur zwei, Gregor und Gabriele. Wie unaufmerksam.
Klaus Gysi war Kommunist, oder Mitglied kommunistischer Organisationen, seitdem er mit 16 Jahren die Tötung eines streikenden Arbeiters durch die Berliner Polizei aus dem Fenster seiner elterlichen Wohnung beobachtet hatte. Eine Anekdote, die sich im Lauf der Jahre in eine Saulus/Paulus Erweckungsgeschichte verwandelte. Was sicher als tiefes Betroffenheitserlebnis begann, verbog sich, so wirkt es auf mich, zur Ausrede für jeden eingegangenen, eigentlich unerträglichen und unentschuldbaren Kompromiss.
1940, als Kommunist mit jüdischen Vorfahren nach Frankreich geflohen, kehrt er auf Befehl der Partei, mit seiner ersten Frau Irene nach Berlin zurück und überlebte, wie auch immer, die schwarzen Jahre.
Klaus Gysi hat ein schönes Gesicht mit sinnlichem Mund und intelligenten Augen. Und dann sehe ich ihn in Sendungen des Fernsehens der DDR leere, dumme Worthülsen plappern, die Haltung ist intelektuell, der Inhalt nicht, er ist hohl, falsch, unwahr.
Er war Leiter des Aufbau-Verlages nach Jankas Verhaftung, später Kulturminister - eine Karriere, zwar mit Absturzgefährdungen, aber eben doch eine Karriere, in der DDR, durch dick und immer dünner.
"Die Entwicklung des sozialistischen Menschen steht im Mittelpunkt unserer Arbeit." Solcher Mist in gutformulierten Varianten in Gesprächsrunden über viele Jahre. "Wie gut sich die Menschen entwickelt haben." Gysi ist Ulbrichts Liebling. "Wir arbeiten an einem Konzept für die Unterstützung der Entwicklung der Menschen." Gysi gerät, nach dem Sturz Ulbrichts in Schwierigkeiten. Unter Honecker wird er Botschafter in Italien, dann Staatssekretär für Kirchenfragen. Er hat die geladenen Kirchenvertreter scheinbar oft so zugetextet, dass sie vergaßen, ihre Anliegen vorzutragen.
Ein leiser, fast schmerzhaft spracharmer Film, Photos von Andreas Goldstein aus den 80ern und 90ern, manche unscharf, Ausschnitte aus Propaganda - aka Gesprächs-Sendungen des Fernsehens der DDR horrender Art wechseln sich ab, darunter ein wenig zu monoton und gelegentlich weinerlich Goldsteins Stimme...
Brasch, Gysi, Goldstein und und, eine Generation, mit bewunderungswürdigen Absichten angetreten, von den Zeitläuften gebeutelt und erschüttert, überlebt habend durch Aufgabe, all dessen, was sie ausmachte. „Ja, es war eine Illusion, aber ich möchte den Glauben nicht aufgeben.“ Was für ein schrecklicher Satz. Lieber die Lüge weiterglauben, als die Niederlage einzugestehen.
Über die Opfer die eine solche Lebenslüge forderte, spricht der Film nicht.
Ein sehr trauriger Film.
http://www.taz.de/!5584814/
Der Titel des Films weckt falsche Erwartungen. Da wird nicht das Funktionieren des Funktionärs in einer Diktatur erhellt und schon gar nicht die Auswirkungen. Schade.
AntwortenLöschenAber es ist ein guter melancholischer Film über den Schmerz des verlassenen Kindes in seiner Suche nach dem Vater.