Samstag, 27. Juni 2015

Asylanten - Flüchtlinge - Immigranten - Fremde


Asyl 
lat. asylum von griech. ἄσυλον zu ἄσυλος - unberaubt, sicher


Das Mittelmeer, umfaßt von drei Kontinenten. Seit Jahrtausenden befahren von Handelsschiffen & genauso lange schon Kampfplatz unzähliger Kriege, mißbraucht zur Kolonialisierung zweier Kontinente & Urlaubsziel des modernen europäischen Mittelstandes. 
Heute, Kluft zwischen "Erster" und "Dritter" Welt, Abgrund, Schützengraben. An manchen Stellen mehr als 5000 Meter tief, blau, sehr blau und untief. Untiefe, ein Januswort, es kann gar nicht tief aber auch tiefer als tief, unüberwindbar tief bedeuten. 
Es fahren auf diesem Meer, nebeneinander, sich ignorierend gelegentlich kollidierend, massige Kreuzfahrtburgen, elegante Segeljachten, riesige Tanker und Containerschiffe & auch hölzerne Ruderboote, rostzerfressene Blechwannen & löchrige Kutter. Die meisten Reisenden erreichen ihr Ziel, einige nicht.

Der Weg über das Mittelmeer ist nach einer Studie der Internationalen Organisation für Migration die weltweit gefährlichste Route für Flüchtlinge. Im Jahr 2014 ertranken mehr als 3.000 Menschen und seit dem Jahr 2000 mindestens 23.000 bei dem Versuch, in ein europäisches Land zu gelangen. WIKI

WASSERGERÄUSCH

von Marco Martinelli

...
2917
2917
Ein Name, sagen wir
Yusuf
Yusuf hört sich gut an
er kommt nichts weiter als
aus West-Sahara
Kein Datum dabei
Ausgelöscht
Macht mich rasend, wenn ich kein Datum hab 

Yusuf ist ein Jungspund
Ein Schwarzer

Was sollen die schon kapieren
Nichts kapieren die
Schwarzhaut
Und du kommst denen mit Demokratie 

Lächerlich

Die hocken noch auf den Bäumen
fressen sich noch gegenseitig, gut möglich 

Und man erzählt denen was von Demokratie Zeiterschwendung
Yusuf
Seit kaum 2 Monaten
bei den Fischern in der Lagune
Lagune von Naila


Tausende von Flüchtlingen aus dem Maghreb (Tunesien, Algerien, Marokko, Libyen, Mauretanien) sind in den letzten Jahren bei ihrem Versuch, jenes Meer zu überqueren, zumeist von erpresserischen Schleusern auf seeuntauglichen Booten zusammengepfercht, um an die rettenden Küsten Europas zu gelangen, elend ertrunken.


Quelle: Archivbild: imago / Independent Photo Agency

Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.
Matthäus 11.28

In Bremen auf der Bühne im harten Scheinwerferlicht, ein hinter reflektierender Sonnenbrille und strenger Phantasieuniform nur über Mikrophon kommunizierender Schauspieler, die Gesten karg, die Sprache präzise. Ein General, der die Wasserleichen ertrunkener Flüchtlinge bürokratisch sortieren und archivieren soll. Er ist zunehmend überfordert. Die Menge der Ertrunkenen, ihre unbekannten Biographien und Beweggründe, machen sie für ihn unbeherrschbar. Der General verzweifelt an der schieren Flut des Elends. Wir wollen diese Flüchtlinge nicht, aber sie sollen sich, Opfer unseres inhumanen Sicherheitsdenkens, doch sortieren, abheften, benennen lassen.

"Das westliche Paradies konstituiert sich aus der Hölle für die dritte Welt" Heiner Müller

Im Hintergrund, spärlich beleuchtet, drei Musiker, einer aus Togo, zwei von der Elfenbeinküste, ihren Weg nach Bremen kenne ich nicht, weiß nur, dass einer von ihnen sagte, er hätte den Weg über das Wasser nicht gewagt, sie machen Musik. Gute Musik. Sehr gute. Ganz fremd und ganz nah. Und sie haben Spaß beim Musizieren. Der General zählt die Toten, namenlose Fremde, Verlierer des globalen ökonomischen Wettkampfes. Ganze Kontinente voller "Opfer", bemitleidet oder verachtet, nicht gekannt. Die Musiker spielen. Töne, Rhythmen, die sich meinem viervierteltaktigen deutschen Gemüt verweigern und es einladen. Mein Fuß wippt, meine Schultern heben sich, ich tanze.
Ich weiß nichts über Afrika, nichts. Wenigstens das weiß ich jetzt.

 Kopf eines Ooni, eines Herrschers der Ife in Nigeria, eines der mächtigsten und reichsten Königreiche Afrikas im Mittelalter.

WasserGeräusch

von Marco Martinelli

Kooperation der bremer shakespeare company mit [africtions] - Festival für zeitgenössischen Tanz aus Afrika Bremen 6. bis 16. November 2014

Übersetzung: Elsbeth Gut Bozetti.
Regie: Marco Martinelli.
Musik/Perkussion: Kofi Mawuna Agbadohu, Jean-Baptiste Gama, Amandin Koue Manet.
Mit: Michael Meyer



DIE SIEBEN GRÖSSTEN HERKUNFTSLÄNDER VON FLÜCHTLINGEN

AFGHANISTAN: 2,5 MILLIONEN 
SYRIEN: 2,4 MILLIONEN

SOMALIA: 1,1 MILLIONEN

SUDAN: 649.300

DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO: 499.500
MYANMAR: 479.600 
IRAK: 401.400 


DIE FÜNF GRÖSSTEN AUFNAHMELÄNDER VON FLÜCHTLINGEN

PAKISTAN: 1,6 MILLIONEN 
IRAN: 857.400

LIBANON: 856.500 
JORDANIEN: 641.900 
TÜRKEI: 609.900


https://de.wikipedia.org/wiki/Schiffsungl%C3%BCck_im_Mittelmeer_am_19._April_2015



1 Kommentar:

  1. Im französischen Fernsehen lief gerade der Film "La Pirogue" aus 2012, der dieses schwierige Thema dramatisiert hat:

    https://en.wikipedia.org/wiki/The_Pirogue
    http://www.imdb.com/title/tt2369023/




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