Nicht alles ist geich. Und es ginge uns vielleicht besser, wenn wir das nicht so leicht vergäßen.
Nein, nicht alle Karl May Bücher werden nicht mehr verkauft, sondern nur die, die zu den jüngst erschienen Filmen geschrieben wurden. Karl May - ich habe nur Winnetou 1 bis 3 gelesen und habe "Blauvogel" von Anna Müller-Tannewitz immer mehr gemocht. Der eine träumte eurozentriert den Traum vom guten "Wilden", die andere überschrieb indigene Geschichte mit naiven urkommunistischen Wunschträumen. Goiko Mitič und Pierre Brice, meine kleine Schwester hat mich gezwungen, Osceola u.a. mehrmals im Kino Camera anzuschauen, der andere, westliche ist an mir vorbeigegangen. Aber Rolf Hoppe habe ich noch im Gedächtnis, der seinen in wilder Wut zerstampften Hut, sorgsam wieder in Form bringt. Und das Renate Blume mit Goiko und Dean Reed zusammen war, den zwei Exoten in der, bis auf vietnamesische Gastarbeiter und Studenten aus afrikanischen "Brüderstaaten", mit nicht ddrischen Mitbürgern nicht gerade gesegneten deutschen Republik. Den ersten indigenen Mitbürger, einen Kanadier, habe ich vor zwei Jahren kennengelernt und von ihm, ganz real, viel gelernt. Das eine mit dem anderen habe ich auch vorher nicht verwechselt. Der Antagonismus zwischen der Träumerei und der Realität des Kolonialismus. Die Körper tausender toter indigener Kinder in Kanada, die sich unter der "Aufsicht" religiöser Schulen befanden, sind ein grauenhaftes Testament der Verachtung und Vernichtung des angeblich "Fremden".
Shakespeare ist voller Gewalt und unangenehmer Überraschungen, genauso wie das Leben. Und keine Triggerwarnung schützt uns vor dieser Welt und dem Leben. Aber nun wünschen sich junge Menschen, dass sie vor dem Gefühl des Unwohlseins beim Lesen seiner Werke geschützt werden. "Der Sommernachtstraum" zeigt Szenen von Klassismus, Titus Andronicus" ist zu brutal, Vergewaltigung, Verstümmelung und dann ist der Bösewicht ist auch noch schwarz. Liebe Mitbürger, wie meine Mutter sagen würde, tough shit, große Literatur erzählt nur, was das Leben zu bieten hat, und das ist nicht immer schön. Früher oder schlimmsten Falls später werdet ihr merken, dass das das Leben keine Triggerwarnungen ausgibt. Euer Herz wird gebrochen werden, ihr werdet verraten werden, euch wird Leid angetan. Da müßt ihr durch.
ABER, ABER.
Die Autobiographie der Mary Prince ist an einigen Universitäten der USA nicht mehr Pflichtlektüre, weil sie die Sklaverei "zu brutal" schildert. Sie bescheibt ihr Leben. Das was ihr angetan wurde. Und hier hört mein Sinn für Humor auf. Sklaverei ist menschenverachtend und gewinngierig, kein Argument kann sie verteidigen. Unvorstellbar, dass ein Mensch einem anderen "gehören" soll, dass er ihn verkaufen, gar töten kann, und es ist sein Recht. Und darüber wollt ihr nichts hören, weil es zu hart, zu unangenehm ist? Weil ihr euch dabei unwohl fühlt? Wie wollt ihr eine Welt erschaffen, die besser ist als die jetzige, wenn ihr die Schrecklichkeiten dieser Welt nicht kennen wollt?