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Mittwoch, 29. Juni 2011

Nina Simone - Ein Wunder

Erst hören, dann lesen, bitte.
10 Minuten lang, aber was sich in diesen 10 Minuten abspielt!

http://www.youtube.com/watch?v=mH5ZE3N8cxU&feature=related


1931 in Tyron, Nord Carolina als Eunice Kathleen Waymon geboren. Das sechste von acht Kindern. Mit vier beschließt sie Konzertpianistin zu werden.
Der Vater, Besitzer einer Reinigung, die leider abbrannte, arbeitete als Gelegenheitsarbeiter, die Mutter, Predigerin in der örtlichen Methodistenkirche, als Dienstmädchen.
Es gab im Flur des Hauses ein Klavier und am Sonntag den Kirchenchor. Ihre Begabung war so auffällig, dass weisse Tyroner Bürger einen "Eunice Waymon Fond" einrichteten, um ihren Klavierunterricht bei Miss Muriel Mazzanovitsch zu finanzieren.

 
Mit 11 ein erstes öffentliches Konzert, "Whites only", die Eltern ausnahmsweise "zugelassen", werden aufgefordert sich nach hinten zu setzen, Eunice weigert sich zu spielen, bis die beiden in der ersten Reihe Platz nehmen dürfen.
Nach dem Schulabschluss studiert sie ein Jahr an der Julliard School in New York, und um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, spielt sie nachts in Bars. Ein Angebot in Atlantic City kommt mit der Auflage, dass sie auch singen müsse.
Sie nennt sich Nina - 'kleines Mädchen', der Kosename eines Freundes für sie - Simone - nach Simone Signoret. Mit einer Aufnahme von "I loves you Porgy" aus "Porgy und Bess" gelangt sie in die Top 40, das erste und einzige Mal übrigens.
In den sechziger und siebziger Jahren war eine äußerst laute, zornige und unermüdliche Stimme der schwarzen Bürgerrechtsbewegung.
Man nannte sie eine Diva, a bitch, anstrengend, launisch, zickig, genial, atemberaubend, bipolar, tablettensüchtig und "Die Hohepriesterin des Soul" und wahrscheinlich stimmt alles davon.

Simone lehnte den Titel "Jazz Sängerin" als rassistisch ab. "Für die meisten weißen Menschen, ist Jazz gleichbedeutend mit schwarz und gleichbedeutend mit Dreck und das ist nicht, was ich spiele, ich spiele schwarze klassische Musik. Deshalb mag ich den Begriff 'Jazz' nicht, und Duke Ellington hat ihn auch nicht gemocht - es ist ein Begriff der einfach benutzt wird, um schwarze Menschen zu identifizieren." 
"To most white people, jazz means black and jazz means dirt and that's not what I play, I play black classical music. That's why I don't like the term 'jazz,' and Duke Ellington didn't like it either - it's a term that's simply used to identify black people."
In a 1997 Details interview with Brantley Bardin



Im Laufe ihrer Karriere schreibt sie hunderte Lieder, nimmt sie mehr als 40 Alben auf und gibt tausende Konzerte, um sich in den Siebzigern, nach der Scheidung von ihrem zweiten Ehemann und Manager, bankrott und unter der Anklage der Steuerhinterziehung wiederzufinden. Sie verläßt die USA, lebt in Barbados, wo sie eine Affaire mit dem Präsidenten hat, wandert dann durch viele Länder, bis sie sich endgültig in Frankreich niederläßt. 2003 stirbt sie.

Sie hat "Here comes the sun" von George Harrison gecovert, falls ihr mal ein wenig weinen wollt.



http://www.youtube.com/watch?v=X2aQIyz8B7Q&playnext=1&list=PLE0FFCB7EB74ACD7D

http://www.youtube.com/watch?v=65rz61qOwhc&feature=related

http://www.youtube.com/watch?v=TI8F6DbB2cE&feature=related

http://www.youtube.com/watch?v=zvq9-sFC6a8&feature=related

Dienstag, 10. Mai 2011

Asaf Avidan & The Mojos

Seit Ewigkeiten wieder mal bei einem Live-Konzert. War das schön! Was für eine Stimme! Vier Oktaven und auch noch mit Witz, dein Körper tanzt von ganz allein. Wenn Asaf Avidan spricht, hat er eine angenehme, aber übliche Baritonstimme, wenn er singt allerdings, sucht das Auge manchmal die Frau, aus der die Töne kommen, die dieser Mann hervorbringt.
Eine hochprofessionelle Band mit wunderhübscher, sinnlicher Cellospielerin und einem Lead-Gitarristen der aussieht, wie man sich einen Mossad Assassin vorstellen mag. Wilde Wechsel von zart nach wild und immer lustvoll. Erinnert manchmal an Janis Joplin und manchmal an Marianne Faithful und auch an die Tigerlillies, aber doch ganz sie selbst, Fünf Israelis die Musik machen, die man glauben möchte.



Die Abrechnung - The Reckoning Song

No more tears, my heart is dry
I don't laugh and I don't cry
I don't think about you all the time
But when I do ? I wonder why

You have to go out of my door
And leave just like you did before
I know I said that I was sure
But rich men can't imagine poor.

One day baby, we'll be old
Oh baby, we'll be old
And think of all the stories that we could have told

Little me and little you
Kept doing all the things they do
They never really think it through
Like I can never think you're true

Here I go again ? the blame
The guilt, the pain, the hurt, the shame
The founding fathers of our plane
That's stuck in heavy clouds of rain.

One day baby, we'll be old
Oh baby, we'll be old
And think of all the stories that we could have told.

Eines Tages werden wir alt sein, Liebes
O Liebes, wir werden alt sein
Und an all die Geschichten denken, die wir hätten erzählen können.

http://www.youtube.com/watch?v=KAsA9HZfvvU&feature=related

http://www.taz.de/1/leben/musik/artikel/1/frauenstimme-maennerkoerper/

Donnerstag, 7. April 2011

Mascha Kaleko und Freunde

Melancholie eines Alleinstehenden
Wenn ich allein bin, ist das Zimmer tot.
Die Bilder sehn mich an wie fremde Wesen.
Da stehn die Bücher, die ich längst gelesen,
Drei welke Nelken und das Abendbrot.
Grau ist der Abend. Meine Wirtin tobt.
Ich werde irgendwo ins Kino gehen. -
Mit Ellen konnte ich mich gut verstehen.
Doch vorgen Sonntag hat sie sich verlobt.
...Das letzte Jahr ist so vorbeigeweht.
Mitunter faßt mich eine schale Leere.
Der Doktor sagt, daß dies neurotisch wäre.
Ob das wohl andern Leuten ähnlich geht
Ich träume manchmal, daß der Flieder blüht.
(Ich kann zuweilen ziemlich kitschig träumen.)
Erwacht man morgens dann in seinen Räumen,
Spürt man erst recht, wie es von draußen zieht.
Dann pflückt man statt der blauen Blümelein
Die ewig-weißen Blätter vom Kalender
Und packt die noch zu frühen Sommerbänder
Und seine Sehnsucht leise wieder ein.
Vorm Fenster friert der nackte Baum noch immer,
Und staubgeschwärzter Schnee taut auf den Beeten.
Der Ofen raucht. Und mein rnöbliertes Zimmer
Schreit schon seit Herbst nach helleren Tapeten.
Mein bester Freund ist nach Stettin gezogen.
Der Vogel Jonas blieb mir auch nicht treu.
Die Winterlaube hat der Sturm verbogen. -
Nun sitz ich da und warte auf den Mai...

                                                        Ist sie nicht schön?

Mein schönstes Gedicht 

Mein schönstes Gedicht?
Ich schrieb es nicht.
Aus tiefsten Tiefen stieg es.
Ich schwieg es.

Lied: Terry Callier Oh dear, what can the matter be

                                           Ich liebe seine Stimme.

Seiltänzerin ohne Netz
 
Mein Leben war ein Auf-dem-Seile-Schweben.
Doch war es um zwei Pfähle fest gespannt.
Nun aber ist das starke Seil gerissen:
Und meine Brücke ragt ins Niemandsland.
 
Und dennoch tanz ich und will gar nichts wissen,
Teils aus Gewohnheit, teils aus stolzem Zorn.
Die Menge starrt gebannt und hingerissen.
Doch gnade Gott mir, blicke ich nach vorn. 

Lied: Sufjan Stevens John Wayne Gacy Jr.

                                           Das Lied ist über einen Serienmörder! Wunderbar!

»Die Leistung der Frau in der Kultur«
 
(Auf eine Rundfrage)
 
Zu deutsch: »Die klägliche Leistung der Frau«.
Meine Herren, wir sind im Bilde.
Nun, Wagner hatte seine Cosima
Und Heine seine Mathilde.
Die Herren vom Fach haben allemal
Einen vorwiegend weiblichen Schatz.
Was uns Frauen fehlt, ist »Des Künstlers Frau«
Oder gleichwertiger Ersatz.
 
Mag sie auch keine Venus sein
Mit lieblichem Rosenmund,
So tippt sie die Manuskripte doch fein
Und kocht im Hintergrund.
Und gleicht sie auch nicht Rautendelein
Im wallenden Lockenhaar,
So macht sie doch täglich die Zimmer rein
Und kassiert das Honorar.
 
Wenn William Shakespeare fleißig schrieb
An seinen Königsdramen,
Ward er fast niemals heimgesucht
Vom »Bund Belesner Damen«.
Wenn Siegfried seine Lanze zog,
Don Carlos seinen Degen,
Erging nur selten an ihn der Ruf,
Den Säugling trockenzulegen.
 
Petrarcas Seele, weltentrückt,
Ging ans Sonette-Stutzen
Ganz unbeschwert von Pflichten, wie
Etwa Gemüseputzen.
Doch schlug es Mittag, kam auch er,
Um seinen Kohl zu essen,
Beziehungsweise das Äquivalent
In römischen Delikatessen.
 
Gern schriebe ich weiter
In dieser Manier,
Doch muß ich, wie stets,
Unterbrechen.
Mich ruft mein Gemahl.
Er wünscht, mit mir
Sein nächstes Konzert
Zu besprechen. 
 
Lied: John Lee Hooker und Carlos Santana Chill Out (Things gonna Change)

                                           Hmmmmmm!

Freitag, 4. Februar 2011

The Ballad of Frankie Lee & Judas Priest



Mein erstes Freilicht - Konzert, mein Schwager hatte mir die Karte besorgt, 1990, in Treptow auf einer verschlammten Wiese, Bob Dylan ist noch nicht da, eine Vorgruppe spielt, welche bloss, und ich kriege Platzangst. Was für eine schmähliche Niederlage, noch bevor der Held meiner jungen Jahre erscheint, habe ich das Gedränge verlassen, gehe mit bildlich eingeklemmtem Schwanz nach Hause und höre zum .... Male die Platte. Ich bin einfach nicht cool.

Well, Frankie Lee and Judas Priest,
They were the best of friends.
So when Frankie Lee needed money one day,
Judas quickly pulled out a roll of tens
And placed them on a footstool
Just above the plotted plain,
Sayin’, "Take your pick, Frankie boy,
My loss will be your gain."

Well, Frankie Lee, he sat right down
And put his fingers to his chin,
But with the cold eyes of Judas on him,
His head began to spin.
"Would ya please not stare at me like that," he said,
"It’s just my foolish pride,
But sometimes a man must be alone
And this is no place to hide."

Well, Judas, he just winked and said,
"All right, I’ll leave you here,
But you’d better hurry up and choose
Which of those bills you want,
Before they all disappear."
"I’m gonna start my pickin’ right now,
Just tell me where you’ll be."

Judas pointed down the road
And said, "Eternity!"
"Eternity? " said Frankie Lee,
With a voice as cold as ice.
"That’s right," said Judas Priest, "eternity,
Though you might call it ’paradise.’"

"I don’t call it anything,"
Said Frankie Lee with a smile.
"All right," said Judas Priest,
"I’ll see you after a while."

Well, Frankie Lee, he sat back down,
Feelin’ low and mean,
When just then a passing stranger
Burst upon the scene,
Saying, "Are you Frankie Lee, the gambler,
Whose father is deceased?
Well, if you are,
There’s a fellow callin’ you down the road
And they say his name is Priest."

"Oh, yes, he is my friend,"
Said Frankie Lee in fright,
"I do recall him very well,
In fact, he just left my sight."
"Yes, that’s the one," said the stranger,
As quiet as a mouse,
"Well, my message is, he’s down the road,
Stranded in a house."

Well, Frankie Lee, he panicked,
He dropped ev’rything and ran
Until he came up to the spot
Where Judas Priest did stand.
"What kind of house is this," he said,
"Where I have come to roam? "
"It’s not a house," said Judas Priest,
"It’s not a house . . . it’s a home."

Well, Frankie Lee, he trembled,
He soon lost all control
Over ev’rything which he had made
While the mission bells did toll.
He just stood there staring
At that big house as bright as any sun,
With four and twenty windows
And a woman’s face in ev’ry one.

Well, up the stairs ran Frankie Lee
With a soulful, bounding leap,
And, foaming at the mouth,
He began to make his midnight creep.
For sixteen nights and days he raved,
But on the seventeenth he burst
Into the arms of Judas Priest,
Which is where he died of thirst.

No one tried to say a thing
When they took him out in jest,
Except, of course, the little neighbor boy
Who carried him to rest.
And he just walked along, alone,
With his guilt so well concealed,
And muttered underneath his breath,
"Nothing is revealed."

Well, the moral of the story,
The moral of this song,
Is simply that one should never be
Where one does not belong.
So when you see your neighbor carryin’ somethin’,
Help him with his load,
And don’t go mistaking paradise
For that home across the road.

Bob Dylan

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Eine Liste


Nahezu jeder von uns hat schon einmal die Idee von der einsamen Insel durchgespielt: Wenn ich auf einer einsamen Insel gestrandet wäre, welche Bücher, Filme, Platten (aka CD's) würde ich mitnehmen? Nun ist es unwahrscheinlich, dass, kurz bevor das Schiff untergeht, das Flugzeug abstürzt oder die Piraten einen aussetzen, die Möglichkeit besteht, noch schnell eine solche Wunschliste abzugeben, außerdem stellt sich natürlich die Frage, ob die besagte Insel auch DVD Spieler oder Hifi - Anlagen bereitstellt und Strom, aber nichtsdestotrotz habe ich dieses Gedankenspiel allein und mit anderen schon gelegentlich gespielt. 
(Eine andere Variante basiert auf der letzten Szene der Verfilmung von  "Die Zeitmaschine" von H.G. Wells , der 1960er Verfilmung; der beste Freund und die Haushälterin des Zeitreisenden betreten sein Labor, nur um festzustellen, dass er zurück in die Zukunft 'gefahren' ist und es fehlen Bücher! Welche? Da beginnt das Gedankenexperiment. Nur hier stellt sich die Frage, welch Bücher würde man mitnehmen, um eine neue Zivilisation aufzubauen? Da wird es wirklich kompliziert, deshalb heute hier die harmlosere Variante: welche Bücher, Lieder, Filme würde man so sehr vermissen, dass es schmerzt, welche könnte man immer wieder lesen, hören, anschauen?

Deshalb hier, im Gefühl des nahenden Jahresendes, meine Lieblingslisten für den Fall der Fälle. Sollte ich mal verschwinden, wißt ihr, was ich mitgenommen habe! (Diese Listen gelten so lange, bis ich meine Meinung ändere, was gelegentlich geschieht.) Also, bis auf weiteres:

Bücher:
Die Bibel in der Luther oder King James Übersetzung: tausende Geschichten, unterschiedlichste Genres und wunderbare Sprache, auch wenn ich selbst auf einer einsamen Insel wahrscheinlich nicht zum Christen werde.
Das Oxford Compendium der Englischen Poesie und etwas equivalentes für deutsche Gedichte
Der Herr der Ringe 1 - 3 und das Simarillion, mit Anhang und Karten!
Krieg und Frieden (habe ich immer noch nicht gelesen und auf der Insel hätte ich doch viel Zeit, ich bräuchte allerdings auch Papier und Stift, um mir die ganzen russischen Namen, aufzuschreiben.)
Shakespeare's gesammelte Werke
Kleist's auch
Andersen's Märchen
Isaac Asimov Die Foundation Romane

Filme:
Bladerunner den Director's Cut / Ridley Scott
Ed Wood / Tim Burton
Pretty Woman (Ja, lacht ruhig!)
Buster Keaton, alles, außer "Something Happened On My Way To The Forum"
His Girl Friday (schrecklicher deutscher Titel: Sein Mädchen für besondere Fälle) / Howard Hawks
Der Aufstieg von Larissa Schepitko, nicht das andere deutsche Machwerk
The Producers von Mel Brooks, das Original bitte sehr

Musik:
Jelly Roll Morton "The Complete Library of Congress Recordings"
Blind Willie McTell "Statesboro Blues"
Bo Didley "Jungle Music"
Dave Van Ronk "Dave Van Ronk Sings"
The Beatles alles
Nina Simone alles
Dylan alles vor 1980
The Very Best Of Marvin Gaye
Its a Wonderful World Louis Armstrong
Das Requiem von Mozart
Und eine gute Siebziger Jahre Compilation

Das sind die Listen für heute. 

Samstag, 4. Dezember 2010

Kinderoper und acapella Gesang

Morgens mit meiner Nichte in der Komischen Oper zur "Schneekönigin" und abends im Cafe Schallote bei "Muttis Kindern", Theaterüberdosis!
Am Morgen viel Bühnenbild, zauberhafte Kinderchöre, teils schlecht verständlicher Gesang und KEINE SCHNEEKÖNIGIN! Um meine Nichte zu zitieren: "Du, weißt Du, ich war schon ein bißchen enttäuscht, das die gar keine Schneekönigin hatten." Ich kann dem nur zustimmen. Symbolträchtiges gleißendes Licht und sphärische Klänge ersetzen nicht die grandiose Bösewichtin des Abends. Wenn es keinen wirklich faszinierenden Feind gibt, sind doch die Heldentaten Gerdas' nur halb so bewundernswert, oder?
Auch wurde irgendeiner Form die Erkaltung Kais' durch die Spiegelscherbe mit plötzlichem fanatischen Interesse für Mathematik und möglicherweise, weil nicht gut hörbar, Astronomie gleichgesetzt, während die warme, gefühlvolle Phase durch ein Lied über eine blaue Rose (blaue Blume der Romantik, wink, wink) konstatiert wurde. Kai und Gerda sind übrigens in dieser Variante Freund und nicht Geschwister, versteht ihr?
Beide Kinder trugen, wohl damit sie als Kinder erkennbar waren, Kniestrümpfe im tiefsten Winter. (Es gibt genau zu diesem Punkt einen tollen Aufsatz von Roland Barthes in den "Mythen des Alltags" über 'Römer im Film'.) 
Schöne Bilder hier und da, Musik, die manchmal an veroperte West Side Story Melodien erinnerte und, außer von der Sängerin der Gerda und den oben schon erwähnten Chören, wenig Kommunikation mit den zuschauenden Kindern.
Die Vorstellung ist immer ausverkauft (! Es wird offensichtlich zuwenig Theater für Kinder produziert!) und ist ein Erfolg. Trotzdem waren wir, meine Nicht und ich, anschließend leicht betrübt.
Abends dann, ein Konzert einer dreiköpfigen acapella Kapelle "Muttis Kinder", bestehend aus Claudia Graue, Markus Melzwig und Christoph Nell. Die drei haben sich vor Jahren an der Rostocker Schauspielschule zusammengefunden und singen seitdem, und wie sie singen! Ich kenne die Gruppe schon einige Jahre und sie wird immer besser. In diesem Jahr haben sie den 1. Platz, das Goldene Diplom und den Publikumspreis für Comedy, sowie ein Goldenes Diplom und den "Award for outstanding Performance (Pop) bei Vokal.Total in Graz gewonnen. So eine Lust ihnen zuzuhören und zu schauen. Drei Schauspieler die es lieben, zu singen UND zu spielen. Nicht nur schöner Gesang, nicht nur Spaß, nicht nur, sondern, sowohl als auch. Kleine Meckerei am Rande, eine gewisse anarchische Gefährdung des Vortrages, schien mir früher, stärker zu sein. Das ist nur so ein Eindruck, und vielleicht ist das der Preis, den sie für die gewachsene Perfektion zahlen müssen. 
http://www.muttis-kinder.de/index.html

Mittwoch, 24. November 2010

Jesus Christ Superstar


"Jesus Christ Superstar" eine Rockoper von Tim Rice und Andrew Lloyd Webber: erstaunlich, wenn wir zum einemillionsten Male eine kitschige Version von 'Memory' hören, dass derselbe Mann das hier geschrieben hat, intelligente Rockmusik anstatt der späteren süßlichen Popballaden, voll von überraschenden musikalischen Wendungen, teils zum sofortigen Mitsingen und manches hochkompliziert. Und witzig. Pilatus bassiger als bassig, das militante Pop 'Hoseanna' erinnernd an Gesänge der Heilsarmee, und die Verquickung von Melodien in der Nacht vor der Kreuzigung. 

Und dann, natürlich, die Sicht auf Judas, meinen Lieblingshelden. Geschrieben 1970/77, also mitten im Vietnamkrieg, konzentriert sich die Geschichte stark auf die Auseinandersetzung zwischen Judas Ischariot und Jesus Christus, zwischen dem, der sofortigen gewaltsamen Aufstand gegen die Besatzer verlangt und dem, der passiven erleidenden Widerstand predigt.

(Es gibt da auch ein schönes Bändchen von Walter Jens über den Versuch Judas heilig sprechen zu lassen, da er getan hat, was getan werden mußte, um Jesus zu dem zu machen, was er werden 'mußte'. Es heißt: "Der Fall Judas". Kein Verrat, keine Kreuzigung, keine Himmelfahrt, kein Neues Testament! Wären dann alle Christen heute alle Juden? Es gibt übrigens auch ein 'Judas Evangelium' einen koptischen Text, heftig umstritten unter Theologen, ganz interessant.)

Joh. 7.12 „Solange ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast. Und ich habe sie behütet und keiner von ihnen ging verloren, außer dem Sohn des Verderbens, damit sich die Schrift erfüllt.“ Halt, damit sich die Schrift, sprich Prophezeiung erfüllt. Es war also ein Pflicht und kein Verrat im simplen, geldgierigen oder auf Vorteil bedachten Sinne. ER sagt es selbst, oder?