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Mittwoch, 15. Mai 2013

Flieder, Flieder, Flieder




FLIEDER, FLIEDER

In Jean Genets "Unter Aufsicht" beschreibt der Mörder Grünauge seine 
Bredouille mit etwa diesen Worten: "Flieder zwischen den Zähnen 
tragend, wurde ich verfolgt von Leuten, die diesen Flieder begehrten."
Fliederduft ist sündig, schwer, süß, erotisierend, belebend. Wenn man
länger unter einem Fliederbusch stehenbleibt, wird man ein wenig 
trunken.    



UNTER DEM FLIEDER
Claude Oscar Monet 1873

WEISSER FLIEDER

Naß war der Tag - die schwarzen Schnecken krochen,
Doch als die Nacht schlich durch die Gärten her,
Da war der weiße Flieder aufgebrochen,
Und über alle Mauern hing er schwer.

Und über alle Mauern tropften leise
Von bleichen Trauben Perlen groß und klar,
Und war ein Duften rings, durch das die Weise
Der Nachtigal wie Gold geflochten war.  



Freiherr Börries von Münchhausen
Die Balladen und ritterlichen Lieder [des Freiherrn Börries von Münchhausen], 
Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart / Berlin, [73-77 Tausend], o. J., S. 168  



FLIEDER
Henri Matisse 1914


Wenn der weiße Flieder wieder blüht,
sing' ich dir mein schönstes Liebeslied.
Immer, immer wieder 

knie ich vor dir nieder,
trink mit dir den Duft vom weißen Flieder.
Wenn der weiße Flieder wieder blüht,
küß' ich deine roten Lippen müd'.
Wie im Land der Märchen 

werden wir ein Pärchen
wenn der weiße Flieder wieder blüht.
Frühling, Frühling, Frühling, wer liebt dich nie wie ich.
Frühling, Frühling, Frühling, voll Glück erwart' ich dich!
Ach schein in mein Stübchen recht bald nur herein,
mein Schatz hat schon Sehnsucht nach dir!
Er sagt: Ich brauch' Sonne um glücklich zu sein,
dann wünsche dir alles von mir.
Komm Frühling, komm, der du uns zwei vereinst,
schein' und erfüll' unser Sehnen!
Wenn der weiße Flieder wieder blüht ...


Franz Doelle


 WEISSER FLIEDER
Edouard Manet 1883


LIEBESZAUBER. Man nimmt eine Kerze, vorzugsweise in rosa oder rot, 

 lässt sie brennen, bis sich Wachs verflüssigt. In dieses flüssige Wachs gibt man einen Tropfen reines Fliederöl und lässt es verdampfen. 
Noch während es duftet wird ein kleines Blatt Papier mit dem Namen der 
oder des Geliebten in die Flamme gehalten und verbrennt . 
www.perlen-träume.de/kraeutergarten/flieder.htm


Dienstag, 5. März 2013

Schwarze Schwäne in Detmold


Ach, manchmal wünschte ich, dass ich photographieren könnte!

Detmold, heute im Früh-März am Ufer des Schloßgrabens des Schlosses derer zu Lippe-Detmold, am ersten Frühlingstag des Jahres 2013. Sonne und zögerliches erstes Grün und, wie es sich gehört, viele, viele Enten und dann kommen zwei schwarze Schwäne dahergeglitten, als wenn das gar nicht ungewöhnlich wäre. Und sie hatten auch noch tiefrote Schnäbel - Paloma Picasso Rot.


Die schwarzen Schwäne, werden Trauerschwäne genannt und kommen ursprünglich aus Australien und sie sind die langhälsigsten aller Schwäne. Leider sind meine Bilder nicht fähig die Exotik ihres Auftauchens in der westfälischen Provinz zu illustrieren.






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Das Photo ist von Wiki runtergeladen, dieser Schwan ist schon ausgewachsen und durchgeschwärzt.

Auch eine Leihnahme von Wiki

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Lippische Landes-Zeitung vom 26.04.2010
Neue schwarze Schwäne erobern den Schlossgraben
Sven Koch
Detmold. Für das Frühjahr hatte Dr. Traute Prinzessin zur Lippe den Detmoldern versprochen, dass wieder schwarze Schwäne auf dem Schlossgraben schwimmen sollen.
Heute nun erfüllte sie ihre Zusage... Kaum in die Freiheit entlassen, drehte das junge Schwanenpärchen die erste Runde auf dem Gewässer – und die kanadischen Graugänse grüßten kurz vom gegenüberliegenden Ufer.
"Wir hoffen", so Dr. Traute Prinzessin zur Lippe, "dass sie sich gut miteinander verstehen werden." Nach ihren Worten musste zunächst ein wenig Zeit vergehen, damit sich die Gänse aneinander gewöhnen können. Denn: Der Ganter hatte eine neue Gans erhalten. Der Witwer war davor sehr eng mit der schwarzen Schwänin auf dem Schlossgraben befreundet gewesen, deren Partner ebenfalls das Zeitliche gesegnet hatte.
Die neuen schwarzen Schwäne  – sie kommen normalerweise in Australien vor – sind voriges Jahr in einer Aufzucht geschlüpft. Noch haben sie ein wenig weißes Gefieder, weil schwarze Jungschwäne das Licht der Welt zunächst im weißen Federkleid erblicken. Mit zwei bis drei Jahren werden sie dann geschlechtsreif und somit schwarz.


Donnerstag, 21. Februar 2013

Zitterpappeln


Die Espe, Aspe oder Zitter-Pappel (Populus tremula) ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Pappeln (Populus), sagt Wiki.


 Ansel Adams - Espen ©Ansel Adams Publishing Rights Trust 

Sommernacht im Hochwald


Im Hochwald sonngesegnet
hat's lange nicht geregnet.


Doch schaffen sich die Bäume
dort ihre Regenträume.


Die Espen und die Erlen -
sie prickeln und sie perlen.


Das ist ein Sprühn und Klopfen
als wie von tausend Tropfen.


Die Lärchen und die Birken -
sie fühlen flugs es wirken.


Die Fichten und die Föhren -
sie lassen sich betören!


Der Wind weht kühl und leise.
Die Sterne stehn im Kreise.


Die Espen und die Erlen:
sie schaudern tausend Perlen...


Christian Morgenstern aus Auf vielen Wegen, 1897



Espen Nördliches New Mexico 1958 ©The Ansel Adams Publishing Rights Trust

"Zittern wie Espenlaub"
Das Laub der Espe oder Zitterpappel ist an langen Stielchen befestigt, so dass es beim leichtesten Luftzug in Bewegung gerät. Der Vergleich mit menschlichem Zittern ist seit dem Mittelalter (so in Meier Helmbrecht) schriftlich belegt. Diese biologische Eigenart hat zu verschiedenen sekundären Deutungen im Bereich der Legende angeregt. So soll die Espe etwa zittern, weil sie das Holz zum Kreuz Christi geliefert hat, oder auch deshalb, weil Judas sich an einer Espe erhängte (redensarten.de)

http://www.focus.de/wissen/natur/evolution-zittern-wie-espenlaub_aid_141226.html 


Espen in der Morgendämmerung ©Ansel Adams Publishing Rights Trust 


Espenbaum, dein Laub blickt weiß ins Dunkel.
Meiner Mutter Haar ward nimmer weiß.

Löwenzahn, so grün ist die Ukraine.
Meine blonde Mutter kam nicht heim.

Regenwolke, säumst du an den Brunnen?
Meine leise Mutter weint für alle.

Runder Stern, du schlingst die goldne Schleife.
Meiner Mutter Herz ward wund von Blei.

Eichne Tür, wer hob dich aus den Angeln?
Meine sanfte Mutter kann nicht kommen.

Paul Celan aus „Mohn und Gedächtnis“, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, 1952 


Meer von Espen Dolores River Canyon, Colorado

© The Ansel Adams Publishing Rights Trust

Montag, 12. November 2012

Gans und gar - Massenmord an unschuldigen Gänsen



  Der Sankt Martins Tag ist vorüber, unzählige Gänse haben ihr Leben verloren, 
  sind gemeinsam mit Klößen und Rotkraut erst auf Tellern und dann in deutschen 
  Mägen verschwunden und haben doch immer nur ihr Bestes gegeben. Haben 
  in Nero's Rom vor dem Feuer gewarnt, in goldener Form die ernste Königstochter 
  zum Lachen gebracht, über viele Jahrhunderte Federn gelassen 
  für Schreiber und Schläfer, den Heiligen Martin zur Verantwortung gerufen, 
  als er sich dem Begehren der Bürger von Tours, dass er Bischof werden solle, 
  durch Flucht in einen Gänsestall zu entziehen versuchte und zum Dank mästen, 
  stopfen, rupfen, braten wir sie. 

© Elmar Ersch

  Leider schmecken Gänsebraten, Gänsebrust und, schändlicherweise, auch Stopfleber 
  so wundervoll. Also danke ich den Gänsen landauf, landab hier in unser aller 
  Namen, Vegetarier, Veganer und Rohkostesser mögen es mir verzeihen, für den 
  Genuss, den sie uns bereitet haben und noch bereiten werden.

  Einladung zur Martinsgans
Simon Dachs Zeitvertreiber. 1700

Wann der heilge Sankt Martin
Will der Bischofsehr entfliehn,
Sitzt er in dem Gänsestall,
Niemand findt ihn überall,
Bis der Gänse groß Geschrei
Seine Sucher ruft herbei.
Nun dieweil das Gickgackslied
Diesen heilgen Mann verriet,
Dafür tut am Martinstag
Man den Gänsen diese Plag,
Daß ein strenges Todesrecht
Gehn muß über ihr Geschlecht.
Drum wir billig halten auch
Diesen alten Martinsbrauch,
Laden fein zu diesem Fest
Unsre allerliebste Gäst
Auf die Martinsgänslein ein
Bei Musik und kühlem Wein.
Achim von Arnim: Des Knaben Wunderhorn 
II. Band - Kapitel 192

Carl Spitzweg Einsiedler rupft eine Gans

  Das Wort Gans gehört –wie etwa auch grunzen oder bauz – zu den 
  wenigen klangnachahmenden, lautmalenden Wörtern unserer Sprache. 
  Der altgermanische Vogelname beruht auf dem indogermanischen 
  „ghans-"(= [Wild]gans), das wiederum zu der den Gähnlaut 
  nachahmenden indogermanischen Wurzel „ghan-" gehört. 
  Die Gans ist demnach nach ihrem typischen heiseren Ausfauchen 
  mit aufgesperrtem Schnabel benannt.  
  Duden Stichwort: Lautmalerei

  Laßt sodann ruhig die Gans in L*** g und G** a gagagen!
  Die beißt keinen, es quält nur ihr Geschnatter das Ohr.
  Friedrich Schiller aus Den Xenien

Paul Gauguin 1888 Bretonische Frau und Gans am Wasser

Die Brüder Grimm - Kinder- und Hausmärchen
Ausgabe von 1819

64. Die goldene Gans.

Es war ein Mann, der hatte drei Söhne, davon hieß der jüngste der Dummling, und wurde verachtet und verspottet und bei jeder Gelegenheit zurückgesetzt. Es geschah, daß der älteste in den Wald gehen wollte, Holz hauen, und eh er ging, gab ihm noch seine Mutter einen schönen, feinen Eierkuchen und eine] Flasche Wein mit, damit er nicht Hunger und Durst litt. Als er in den Wald kam, begegnete ihm ein altes graues Männlein, das bot ihm einen guten Tag und sprach: „gib mir doch ein Stück von deinem Kuchen aus der Tasche, und laß mich einen Schluck von deinem Wein trinken, ich bin so hungrig und durstig.“ Der kluge Sohn aber antwortete: „geb ich dir meinen Kuchen und meinen Wein, so hab ich selber nichts, pack dich deiner Wege!“ und ging fort. Als er nun anfing einen Baum zu behauen, dauerte es nicht lange, so hieb er fehl und die Axt fuhr ihm in den Arm, daß er mußte heimgehen und sich verbinden lassen. Das war aber von dem grauen Männchen gekommen.
Darauf ging der zweite Sohn in den Wald und die Mutter gab ihm, wie dem ältesten, einen Eierkuchen und eine Flasche Wein. Dem begegnete gleichfalls das alte graue Männchen und hielt um ein Stückchen Kuchen und einen Trunk Wein an. Aber der zweite Sohn sprach auch ganz verständig: „was ich dir gebe, das geht mir selber ab, pack dich deiner Wege!“ und ging fort. Das Männchen ließ die Strafe nicht ausbleiben und als er ein paar Hiebe am Baum gethan, hieb er sich ins Bein, daß er mußte nach Haus getragen werden.
Da sagte der Dummling auch: „Vater, ich will hinausgehen und Holz hauen.“ Antwortete der Vater: „deine Brüder haben sich Schaden gethan, laß du’s gar bleiben, du verstehst nichts davon.“ Der Dummling aber bat, daß ers erlauben möchte, da sagte er endlich: „geh nur hin, durch Schaden wirst du klug werden.“ Die Mutter aber gab ihm einen Kuchen, der war mit ] Wasser in der Asche gebacken und eine Flasche saueres Bier. Als er in den Wald kam, begegnete ihm gleichfalls das alte, graue Männchen und grüßte ihn und sprach: „gib mir ein Stück von deinem Kuchen und einen Trunk aus deiner Flasche, ich bin so hungrig und durstig.“ Antwortete der Dummling: „ich habe aber nur Aschenkuchen und saures Bier, wenn dir das recht ist, so wollen wir uns setzen und essen.“ Da setzten sie sich, und als der Dummling seinen Aschenkuchen herausholte, so wars ein feiner Eierkuchen, und das saure Bier war ein guter Wein. Nun aßen und tranken sie, und darnach sprach das Männlein: „weil du ein gutes Herz hast und das Deine gern mittheilst, so will ich dir Glück bescheeren. Dort steht ein alter Baum, den hau ab, so wirst du in den Wurzeln etwas finden.“ Und darauf nahm es Abschied.
Der Dummling ging hin und hieb den Baum um, und wie er fiel, saß in den Wurzeln eine Gans, die hatte Federn von reinem Gold. Er hob sie heraus, nahm sie mit sich und ging in ein Wirthshaus, da wollte er übernachten. Der Wirth hatte aber drei Töchter, die sahen die Gans, waren neugierig, was das für ein wunderlicher Vogel wäre und hätten gar gern eine von seinen goldenen Federn gehabt. Endlich dachte die älteste: „ich soll und muß eine Feder haben!“ wartete bis der Dummling hinausgegangen war und faßte die Gans beim Flügel, aber Finger und Hand blieben ihr daran festhängen. Bald darnach kam die zweite und hatte keinen andern Gedanken, als sich eine Feder zu holen, ging heran, kaum aber hatte sie ihre Schwester angerührt, so blieb sie an ihr festhängen. Endlich kam auch die dritte und wollte eine Feder, da schrieen die andern: „bleib weg! ums Himmelswillen, bleib weg!“ aber sie begriff nicht, warum und dachte: sind die dabei, so kann ich auch dabei seyn, sprang herzu, aber wie sie ihre Schwester angerührt hatte, so blieb sie an ihr fest hängen. So mußten sie die Nacht bei der Gans zubringen.
Am andern Morgen nahm der Dummling die Gans in den Arm, ging fort und bekümmerte sich nicht um die drei Mädchen, die daran hingen. Die mußten immer hinter ihm drein laufen, links und rechts, wie’s ihm in die Beine kam. Mitten auf dem Felde begegnete ihnen der Pfarrer und als er den Aufzug sah, sprach er: „ei so schämt euch, ihr garstigen Mädchen, was lauft ihr dem jungen Bursch durchs Feld nach, schickt sich das?“ Damit faßte er die jüngste an die Hand und wollte sie zurückziehen, wie er sie aber anrührte, blieb er gleichfalls hängen und mußte selber hinten drein laufen. Nicht lange, so kam der Küster und sah den Herrn Pfarrer drei Mädchen auf dem Fuß folgen, da verwunderte er sich und rief: „ei! Herr Pfarrer! wo hinaus so geschwind? heut ist noch eine Kindtaufe!“ lief auf ihn zu und faßte ihn am Ermel und blieb auch fest hängen. Wie die fünf so hinter einander her trabten, kamen zwei Bauern mit ihren Hacken vom Feld, da rief der Pfarrer ihnen zu, sie sollten sie doch los machen. Kaum aber hatten sie den Küster angerührt, so blieben sie hängen und waren ihrer nun siebene, die dem Dummling mit der Gans nachliefen.
] Er kam darauf in eine Stadt, da herrschte ein König, der hatte eine Tochter, die war so ernsthaft, daß sie niemand zum Lachen bringen konnte. Darum hatte er ein Gesetz gegeben, wer sie könnte zu lachen machen, der sollte sie heirathen. Der Dummling, als er das hörte, ging mit seiner Gans und ihrem Anhang vor die Königstochter, und wie diese die sieben Menschen immer hinter einander herlaufen sah, fing sie überlaut an zu lachen, und wollte gar nicht wieder aufhören. Da verlangte sie der Dummling zur Braut, aber der König machte allerlei Einwendungen und sagte, er müßte ihm erst einen Mann bringen, der einen Keller voll Wein austrinken könnte. Der Dummling dachte an das graue Männchen, das könnte ihm wohl helfen, ging hinaus in den Wald, und auf der Stelle, wo er den Baum abgehauen hatte, sah er einen Mann sitzen, der machte ein gar betrübtes Gesicht. Der Dummling fragte: was er sich so sehr zu Herzen nähme? „Ei! antwortete er, ich bin so durstig, und kann nicht genug zu trinken kriegen, ein Faß Wein hab ich zwar ausgeleert, aber was ist ein Tropfen auf einem heißen Stein?“ „Da kann ich dir helfen, sagte der Dummling, komm nur mit mir, du sollst satt haben.“ Er führte ihn darauf in des Königs Keller und der Mann machte sich über die großen Fässer, trank und trank, daß ihm die Hüften weh thaten, und ehe ein Tag herum war, hatte er den ganzen Keller ausgetrunken. Der Dummling verlangte wieder seine Braut; der König aber ärgerte sich, daß ein schlechter Bursch, den jedermann einen Dummling nannte, seine Tochter davon tragen sollte, und machte neue Bedingungen: er müsse ihm erst einen Mann schaffen, der einen Berg voll Brot aufessen könnte. Der Dummling ging wieder in den Wald, da saß auf des Baumes Platz ein Mann, der schnürte sich den Leib mit einem Riemen zusammen, machte ein grämliches Gesicht und sagte: „ich habe einen ganzen Backofen voll Raspelbrot gegessen, aber was hilft das bei meinem großen Hunger, ich spür nichts im Leib und muß mich nur zuschnüren, wenn ich nicht Hungers sterben soll.“ Wie der Dummling das hörte, war er froh und sprach: „steig auf und geh mit mir, du sollst dich satt essen.“ Er führte ihn an den Hof des Königs, der hatte alles Mehl aus dem ganzen Reich zusammenfahren und einen ungeheuern Berg davon backen lassen; der Mann aber aus dem Wald stellte sich davor, fing an zu essen, und in einem Tag und einer Nacht, war der ganze Berg verschwunden. Der Dummling forderte wieder seine Braut; der König aber suchte noch einmal Ausflucht, und verlangte ein Schiff, das zu Land wie zu Wasser fahren könnte; schaffe er aber das, dann solle er gleich die Königstochter haben. Der Dummling ging noch einmal in den Wald, da saß das alte graue Männchen, dem er seinen Kuchen gegeben, und sagte: „ich hab für dich getrunken und gegessen, ich will dir auch das Schiff geben; das alles thu’ ich, weil du barmherzig gegen mich gewesen bist.“ Da gab er ihm das Schiff, das zu Land und zu Wasser fuhr, und als der König das sah, mußte er ihm seine Tochter geben. Da ward die Hochzeit gefeiert, und der Dummling erbte das Reich, und lebte lange Zeit vergnügt mit seiner Gemahlin.

Samstag, 3. November 2012

November - Allerlei



Albrecht Dürer Weinender Cherubim


Dies Irae -
Tage des Zorns
 
Als ich das Dis Irae in der Sixtinischen Kapelle hörte:

Nein, Gott, nicht so! Lenzfrohes Knospenspringen,
Olivenhain, der Taube Silberbrust
Zeigt klarer deiner Liebe Sein und Macht
Als Flammenschreck und Donnerkeulenschwingen.

Die roten Reben dein Gedenken bringen;
Ein Vogel, der des Abends westwärts fliegt,
Sagt mir von Ihm, den niemals Rast gewiegt;
Von dir, ich weiß es, alle Vögel singen.

Nein, komm nicht so! Komm in des Herbsttags Stille,
Wenn rot und braun entflammt die Blätter sind
Und über Wäldern echot Schnittersang.

Komm, wenn des runden Mondes Glanz und Fülle
Auf goldne Ährenbündel nieder rinnt,
Und ernte deine Frucht: wir harrten lang.

Oscar Wilde


Sonnet On Hearing The Dies Irae Sung In The Sistine Chapel  

Nay, Lord, not thus! white lilies in the spring,
Sad olive-groves, or silver-breasted dove,
Teach me more clearly of Thy life and love
Than terrors of red flame and thundering.

The hillside vines dear memories of Thee bring:
A bird at evening flying to its nest
Tells me of One who had no place of rest:
I think it is of Thee the sparrows sing.

Come rather on some autumn afternoon,
When red and brown are burnished on the leaves,
And the fields echo to the gleaner's song,

Come when the splendid fulness of the moon
Looks down upon the rows of golden sheaves,
And reap Thy harvest: we have waited long.

Dies irae (lateinisch „Tag des Zorns“, häufig auch in der mittellateinischen Form Dies ire
ist der Anfang eines mittelalterlichen Hymnus vom Jüngsten Gericht, der bis 1970 in der römischen Liturgie als Sequenz der Totenmesse gesungen wurde.

...Welch ein Graus wird sein und Zagen,
Wenn der Richter kommt, mit Fragen 
Streng zu prüfen alle Klagen!... 


Die Herbstzeitlose


Herbstzeitlose - Giftpflanze des Jahres 2010
 
Der deutsche Herbst-Zeitlose leitet sich davon ab, dass die Pflanze im Herbst bis in den Oktober hinein und damit außerhalb der Blütezeit anderer Pflanzen blüht.
 Andere deutsche Trivialnamen für die Herbst-Zeitlose sind Giftkrokus, Butterwecken, Giftblume, Hahnenklöten, Henne, Hennegift, Herbstblume, Herbstlilie, Herbstvergessene, Hundsblume, Hundshode(n), Hundsknofel, Käsestäuber, Kokokköl, Kuckucksweck, Kühe, Kuhditzen, Kuheuter, Läuseblume, Leichenblume, Michelsblume, Michelwurz, Mönchskappen, Nacktarsch, Nackte Hur, Nackte Jungfer, Ochsen, Ochsenpinsel, Spindelblume, Spinnblume, Teufelsbrot, Teufelswurz, Wiesenlilie, Wiesensafran, Wildsafran, Wilde Zwiebel, Winterhaube, Winterhauch und Zeitlose. Schweizerdeutsch: Blutts Mäitli (Schweizerdeutsch für Nacktes Mädchen), Säulöichrut, Tüfelswurzle


Melpomene/Band 1/022


22. Bey dem Grabe zweier Kinder, die Gift gegessen hatten.


1. Als in der schönsten Blumenzeit
Zwei Kinder sich erquickten,
Und sich in unschuldvoller Freud
Die schönsten Blumen pflückten;
Da fanden sie im Wiesengrund
Der Herbstzeitlose Samen,
Wo sie, entzückt bei diesem Fund,
In höchster Wonne schwamen.

2. Sie öffneten den Samenkelch
Worin sie Körnchen fanden
Von blühend weisser Farb; und welch
Entzücken sie empfanden!
Das müßen Zuckerkörnchen seyn,
So sprachen sie, und nahmen,
Betrogen von dem falschen Schein,
Für Zucker diesen Samen.

3. Zum Unglück war kein Mensch dabei
Sie weislich zu belehren:
Daß dieser Samen giftig sey
Wie viele schöne Beeren;
Auch waren sie zum Schulbesuch
Zu jung, und nicht verpflichtet,
Sonst hätte sie sogleich ein Buch
Von Giften unterrichtet.

4. Sie assen nun mit Lüsternheit
Den giftgefüllten Samen,
Wovon sie schon in kurzer Zeit
Die größte Qual bekamen;
Sie eilten zu den Eltern heim,
Und klagten über Schmerzen,
Und trugen schon den Todeskeim
In ihren bangen Herzen.

5. Die Schmerzen nahmen überhand
Im aufgebäumten Magen,
Daß jedes wie ein Wurm sich wand,
In grenzenlosen Plagen.
Man rief sogleich den Arzt herbei:
Was doch den Kindern fehle,
Und was es für ein Übel sey,
Das sie so grausam quäle.

6. Der Arzt erschien, und sagte: daß
Sie Gift bekommen haben,
Gab ihnen ohne Unterlaß
Die allerbeßten Gaben;
Allein die Hülfe kam zu spat,
Dem Gift zu widerstehen,
Und ach! sie mußten ohne Gnad
Dem Tod ins Auge sehen.

7. Denn bald erschien des Todes Farb
Auf ihren Angesichtern,
Es brach ihr armes Herz, und starb
In Zuckungen und Gichtern.
Da lagen sie im Todesarm
Die starren Kinderleichen,
Und ihrer Eltern Gram und Harm
Ist keiner zu vergleichen.

8. Sie werfen auf die Leichen sich,
Befeuchten sie mit Thränen
Und ihr Geheul ist fürchterlich
Und lößt sich auf in Stöhnen;
Sie möchten bei der Kinder Tod
Auch sich zu Grabe stürtzen,
Und ach! ihr grosser Jammer droht
Ihr Leben abzukürtzen.

9. Und sicher wird es beim Gericht
Den Eltern beigemessen,
Wenn sie bei ihrem Unterricht
Die weise Lehr vergessen:
Die Kinder möchten ja doch nie
Was Unbekanntes essen,
Es sey ja öfter schon für sie
Der Tod darin gesessen.

10. Und o ihr Kinder! lasset euch
Durch diesen Fall belehren,
Und euch das Naschen doch sogleich
Von euren Eltern wehren,
Und esset ja doch nichts, als wenn
Die Eltern es erlauben,
Es könnte, wärs auch noch so schön,
Euch doch das Leben rauben.

11. Nun ruhet sanft im Erdenschoos,
Ihr unschuldvollen Kinder!
Denn glücklicher ist euer Loos
Als das verstockter Sünder.
Zwar hat des Todes Hand gepflückt
Euch schon in zarter Blüthe,
Hingegen ewig euch beglückt
Des Allerhöchsten Güte.

Michael von Jung
 

Freitag, 26. Oktober 2012

Äpfel - Die Fortsetzung



Sollten Sie vorhaben, einen Apfelkuchen von Grund auf selber zu machen, müssen Sie erst das Universum erfinden.

Carl Sagan


"Der Baum des Lebens" Hannah Cohoon. 
"City of Peace Monday July 3rd 1854" from The Andrews Collection at Hancock Shaker Village

Du kannst zehnmal tausend Früchte greifen,
in der Hand liebkosen,
sanft pflücken,
und darfst sie nicht fallenlassen...

Robert Frost: Nach dem Apfelpflücken

Juan de Zurbarán Stilleben mit Äpfeln und Orangenblüte ca. 1840

  APFELBEIGNETS WIE MEINE MUTTER SIE MACHT
  
  Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und
  erkennt Gut und Böse. (Genesis)

  2-3      Äpfel
  schälen, entkernen,
  in Scheiben schneiden
  
  Backteig:
  1        Tasse Milch
  1      Tassen Mehl
  2        Eier
  1 TL    Zucker
  1 TL    Rum
            Prise Salz

  rühren, bis er glatt ist,
  die Apfelscheiben eintauchen und
  in heißes, schwimmendes Fett geben,
  servieren mit der Sabayon Sauce

  Sabayon Sauce (Zabaglione)

  4         Eigelb
  ¾        Tasse Zucker
  ¾        Tasse Apfelschnaps und Apfelsaft mischen

  in einem Topf über heißem Wasser
  schlagen, bis es dick wird
  vom Herd nehmen,
  weiterschlagen, bis es abgekühlt ist.

  Man kann anstatt der Sauce auch nur Zimt und Zucker über die Beignets
  streuen.
  Die Sauce wiederum ist auch wunderbar für andere Süßspeisen geeignet.
  Einfach die Alkoholsorte wechseln.


Andy Warhols Kinderbuch


Donnerstag, 25. Oktober 2012

Äpfel


  ÄPFEL

Heute abend eine kleine Ausstellung in der Linienstrasse : Zimmerherbst.
Herbst im Zimmer, Blätter, Äpfel, solch ein Duft! Dinge zum Anfassen, zum Riechen, Schauen! Schön.
Äpfel riechen süß und warm, finde ich. 
Eine Berliner Altbauwohnung, auch die durchgetretenen Dielen waren mal Teil eines Baumes. Draussen der erste wirklich kühle Abend - feuchtig, windig - naßkalt. Eine Freundin sagte, die Blätter klatschen von den Bäumen. 
Vor Jahren hätte ich heute den Ofen geheizt und, vielleicht Bratapfel gemacht. Das war auch so ein Duft. 
Und macht noch jemand selbst Apfelmus für Apfelreis? Solches, wo noch Stücke drin sind, drüber kommt Zucker und Zimt und viel gebräunte Butter.

     MILCHREIS
     
     300 g Milchreis
     1–1,5 l Vollmilch
     wenig Zitronenabrieb
     2 Pck Vanillezucker oder eine Vanillestange
     3 EL Zucker
     1 EL Butter
     1 Prise Salz

Am besten sind Boskopäpfel fürs Mus! Oder wie meine Deutschlehrerin sagte: Boskoäpfel, mit stummem p. Sie nannte Geschirr auch gerne Servi, mit langem i und stummem s.


DER ÜBER UNS

Hans Steffen stieg bei Dämmerung (und kaum
konnt er vor Näschigkeit die Dämmerung erwarten)
in seines Edelmannes Garten
und plünderte den besten Apfelbaum.

Johann und Hanne konnten kaum
vor Liebesglut die Dämmerung erwarten
und schlichen sich in ebendiesen Garten
von ungefähr an ebendiesen Apfelbaum.
Hans Steffen, der im Winkel oben saß
und fleißig brach und aß,
ward mäuschenstill vor Wartung böser Dinge,
daß seine Näscherei ihm diesmal schlecht gelinge.

Doch bald vernahm er unten Dinge,
worüber er der Furcht vergaß
und immer sachter weiteraß.
Johann warf Hannen in das Gras.
"O pfui!" rief Hanne, "welcher Spaß!
Nicht doch, Johann! - Ei was?
O schäme dich! - Ein andermal - o laß -
O schäme dich! Hier ist es naß."

Naß oder nicht; was schadet das?
Es ist ja reines Gras.
Wie dies Gespräche weiterlief,
das weiß ich nicht. Wer braucht's zu wissen?

Sie stunden wieder auf, und Hanne seufzte tief:
"So, schöner Herr, heißt das bloß küssen?
Das Männerherz! Kein einzger hat Gewissen.
Sie könnten es uns so versüßen.
Wie grausam aber müssen
wir armen Mädchen öfters dafür büßen!
Wenn nun auch mir ein Unglück widerfährt! -
Ein Kind - ich zittre. - Wer ernährt
mir denn das Kind? Kannst Du es mir ernähren?"
"Ich?, sprach Johann, "die Zeit mag's lehren.
Doch wird's auch nicht von mir ernährt:
Der über uns wird schon ernähren;
dem über uns vertrau."

'Dem über uns.' Dies hörte Steffen.
'Was', dachte er, 'will das Pack mich äffen?
Der über Ihnen? Ei, wie schlau!'
"Nein, schrie er, "laßt euch andere Hoffnung laben!
Der über euch ist nicht so toll.
Wenn ich ein Bankbein nähren soll,
so will ich es auch selbst gedrechselt haben."

Wer hier erschrak und aus dem Garten rann,
das waren Hanne und Johann.
Doch gaben bei dem Edelmann
sie auch den Apfeldieb wohl an?
Ich glaube nicht, daß sie's getan. 


Gotthold Ephraim Lessing


...Darauf ging sie in eine ganz verborgene einsame Kammer, wo niemand hinkam, und   machte da einen giftigen giftigen Apfel. Äußerlich sah er schön aus, weiß mit roten Backen, dass jeder, der ihn erblickte, Lust danach bekam, aber wer ein Stückchen davon aß, der musste sterben. Als der Apfel fertig war, färbte sie sich das Gesicht und verkleidete sich in eine Bauersfrau, und so ging sie über die sieben Berge zu den sieben Zwergen.
Sie klopfte an, Schneewittchen streckte den Kopf zum Fenster heraus und sprach "ich darf keinen Menschen einlassen, die sieben Zwerge haben mirs verboten." "Mir auch recht", antwortete die Bäuerin, "meine Äpfel will ich schon los werden. Da, einen will ich dir schenken." "Nein", sprach Schneewittchen, "ich darf nichts annehmen." "Fürchtest du dich vor Gift?" sprach die Alte. Siehst du, da schneide ich den Apfel in zwei Teile; den roten iss du, den weißen will ich essen." Der Apfel war aber so künstlich gemacht, dass der rote Backen allein vergiftet war. Schneewittchen lusterte den schönen Apfel an, und als es sah, dass die Bäuerin davon aß, so konnte es nicht länger widerstehen, streckte die Hand hinaus und nahm die giftige Hälfte. Kaum aber hatte es einen Bissen davon im Mund, so fiel es tot zur Erde nieder...

"SCHNEEWITTCHEN" * Märchen der Gebrüder Grimm

* Wiki sagt:
In der ersten Ausgabe von 1812 erwacht Schneewittchen, als ihr ein Diener des Prinzen einen Schlag in den Rücken versetzt, aus Ärger, dass er das tote Mädchen den ganzen Tag herumtragen muss.

Das gefällt mir.