Samstag, 2. April 2022

GEHT ES DIR GUT? an der Volksbühne

 Fabian Hinrichs und René Pollesch sind "von alldem müd und wahnsinnig".

Geht es Dir gut? Um die Frage klar zu beantworten, nein, es geht mir nicht gut. Aber heute Abend geht es mir etwas besser, weil sich ein ein langer, dünner Mann anderthalb Stunden lang die Seele nach mir aus dem Leib gerufen hat. "Komm zurück!" 

Toller Trick, dieses "DU", mit dem er mich meint, mich und die anderen Zuschauer und vielleicht auch den Gott, an den ich nicht glaube.

Er hat gerufen, nicht geschrien, nicht gebrüllt, gerufen, die Seele aus dem Leib, nach mir. In Hoffnung auf Antwort?

Er hat mit bulgarischen und afrikanischen Chören gesungen und recht schlecht getanzt, damit ich noch mehr begreifen konnte, wie gut die Tänzer von Flying Steps waren. Und er hat mit einem Taxi coole Bremsmanöver veranstaltet und eine Mutter, die ein zweijähriges Kind mitgebracht hatte, höflich gebeten, zu gehen, weil hier doch nicht KIKA sei. Und er hat, als ein Zuschauer, um zum Pinkeln zu gehen, die Tür knallen ließ, lächelnd, leicht betrübt erwähnt, dass dies "die zweitleiseste Stelle" des Abends gewesen sei. Und in der ersten Hälfte trug er dabei das blödeste denkbare Kostüm, eine asymetrisch geschnittene Leinenparka mit schiefem Fellkragen.

Es ging um Corona, Masken, Putin, die Ukraine, Elon Musk, das Klima, und nichts davon wurde ausgesprochen. 1,5 Meter Abstand, 1,5 tausend Kilometer bis Kiyv, 1,5 Millionen Lichtjahre.

"Wir müssen jetzt über mehr reden, als über Dich und mich."

Und es gab eine wunderschöne silberne Rakete. 

"Geht's Dir gut?" von René Pollesch und Fabian Hinrichs 
an der Berliner Volksbühne © Thomas Aurin

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