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Samstag, 26. November 2016

Unsre Heimat - Ein gutes schlechtes Lied

Ein Lied der Thälmann-Pioniere und ich mochte es trotzdem. Propagandascheiß mit der hypnotischen Kraft eines Volksliedes. Ehrlich gesagt, habe ich die letzten drei Zeilen scheinbar präventiv ausgeblendet.
Das Horst-Wessel-Lied oder Auf auf zum Kampf, zwei zueinander diametral stehende Texte zur gleichen Melodie haben eine ähnliche Wirkung auf mich. Singt sich gut, bleibt hängen, ein Ohrwurm.
Gräßlich, dass Musik im wahrsten Sinne des Wortes politisch inkorrekt, entgegen jedweder Überzeugung, Wirkung hervorrufen kann. 
 


Buckow in der Märkischen Schweiz, ist das was meinem Begriff von Heimat am nähesten kommt. Buckow und, auf immer und ewig unsere verquere deutsche Sprache.

Unsre Heimat, das sind nicht nur die Städte und Dörfer,
unsre Heimat sind auch all die Bäume im Wald.
Unsre Heimat ist das Gras auf der Wiese,
das Korn auf dem Feld und die Vögel in der Luft
und die Tiere der Erde
und die Fische im Fluß sind die Heimat.
Und wir lieben die Heimat, die schöne
und wir schützen sie,
weil sie dem Volke gehört,
weil sie unserem Volke gehört.

https://www.youtube.com/watch?v=x3BXXSzA2oQ

Unsere Heimat, auch Unsre Heimat ist ein Lied der Pionierorganisation Ernst Thälmann. Der Liedtext stammt von Herbert Keller und die Komposition von Hans Naumilkat. Das Lied entstand 1951. Angelika Weiz schrieb und sang 1989 eine kritische Erweiterung des Textes. Das Lied erschien auf der Langspielplatte Heimat, die jedoch aufgrund des Textes zurückgezogen wurde. Wiki

Was ist denn von alledem geblieben, 
Wo die schöne Heimat, die wir lieben,
Was soll denn geschehen, 
Wenn uns die Träume vergehen, in dem Land der Paläste, 
Wo wir jedes Jahr ein Stück von dem, was uns heilig war, verderben sehen,
Und was sollen wir unseren Kindern sagen,
Wenn sie uns nach ihrer Heimat fragen,
Ein jedes Volk schützt seine Welt,
Die ihm gehört, bis sie in Scherben fällt. 

 https://www.youtube.com/watch?v=9WJAgQq5dDI

Vitamin B - Beziehungen in der DDR - ein interessanter Artikel:
http://www.berliner-zeitung.de/die-saengerin-angelika-weiz-war-die-beste-freundin-von-tamara-danz-ostbraeute-16501168

Sonntag, 13. November 2016

Jean Jacques Lemêtre und 3000 Instrumente


© A. Lacombe

Er ist der selbstbewußte Sohn einer Zigeunerin und eines neufundländischen Seemanns, immer unterwegs zu Land und Meer, und doch seit nunmehr über 30 Jahren seßhaft als Hausmusiker des Théâtre du Soleil. 
Ein schöner Mann mit wunderbarem weißen Haar, voll und hüftlang, dass er meistens ganz oben auf seinem Kopf in einem Dutt zusammenfaßt. 
Er macht Musik seit immer und auf allem. 
In Nebenräumen der Cartoucherie, dem Haus der Truppe von Arianne Mnouchkine, lagern, leicht eingestaubt und doch sorgsam aufbewahrt, seine Instrumente. Er fand und findet sie auf Reisen nach Bali und Ecuador und Indien und Japan und China und Sibirien, und wenn es ein Land gibt, in dem er noch nicht wahr, um zu hören und zu lauschen und zu lernen, dann wird er es demnächst besuchen. 
In Muscheln hat er Röhren gebohrt und nun dröhnen sie wie die Hörner großer Schiffe, kleine Rutenbündel erzeugen, wenn gedreht das Geräusch von knisterndem Feuer, Schlaginstrumente in Froschform reagieren auf leichte Schläge mit Quaken. Große Trommeln, kleine, kleinere und mittelgroße, Gongs, Becken, unterschiedlichste Glockenspiele, Mundharfen, Hörner, Flöten aller Art, Tuten, Trompeten, Hörner, längliche, runde, fette und winzige Zupfinstrumente mit 2 oder 5 oder 6 Saiten aus Seide oder Haar oder Glasfaser, Streichinstrumente mit Resonanzkörpern aus Kürbissen, winzige Kinderinstrumente und Dinge, die obwohl für andere Zwecke erdacht, einfach interessante Töne hergeben, und seine selbstgebauten Instrumente aus Knochen und Hörnern und dicken hölzernen Klangkörpern, bespannt mit dreierlei verschiedenen Saitenkombinationen für indische, arabische und chinesische Klänge.
Er spielt sie alle.  Er spielt mit ihnen.
Seine Finger sind nicht sonderlich elegant, die Nägel sauber, weiß, stark und länger als üblich. Er nimmt sie aus selbstgebauten Regalen und Pappschachteln und Holzkästen und sie erwachen. Aus diesen unzähligen eigenartigen Gegenständen ertönt Musik. 
Einen Großteil der Vorstellung an dem Abend habe ich ihm beim Begleiten zugeschaut. 
Er atmet mit den Spielern, den guten und den schwachen, manchmal ist er fast unhörbar und doch gibt er dem Abend, den ich nicht sehr mochte, den Zusammenhalt. Wäre er nicht gewesen, wäre das Ganze in unzählige einsame Splitter auseinandergefallen. 
Er raucht, er ißt gern und hat einen herrlich fiesen Sinn für Humor.
Niemand hat seine Sammlung archiviert. Er ist die Gesamtheit seiner Sammlung. Er hat keinen Nachfolger. Was könnte da eines Tages verloren gehen.
 
 “Jean Jacques erfindet oder vielmehr „findet“ die Musik in dem Moment, in dem sie erklingt. Er atmet mit den Schauspielern. Er folgt dem ständig wechselnden Pulsschlag jeder Figur. Er überträgt die Schwingungen der Gefühle in den Raum – er macht die Spuren sichtbar, die jeder Akteur um sich zieht und mit sich trägt wie die Linien eines magnetischen Feldes. Es scheint, als flössen Impulse von der Bühne direkt in seine Hände und werden weiter geleitet auf das Leder, Holz oder Metall der Instrumente. Von diesen wiederum steigen Bilder und Rhythmen auf, die weder realistisch noch abstrakt sind, sondern den Raum erschaffen, in dem die Erzählung sich vollenden kann.“
Mitglied der Truppe von A. Mnouchkine
Mein blaues Klavier

Ich habe zu Hause ein blaues Klavier
Und kenne doch keine Note.
Es steht im Dunkel der Kellertür,
Seitdem die Welt verrohte.

Es spielten Sternenhände vier –
Die Mondfrau sang im Boote.
– Nun tanzen die Ratten im Geklirr.
Zerbrochen ist die Klaviatur.
Ich beweine die blaue Tote.

Ach liebe Engel öffnet mir
– Ich aß vom bitteren Brote –
Mir lebend schon die Himmelstür,
Auch wider dem Verbote.

Else Lasker-Schüler

© A. Lacombe

Volksweise

Mich rührt so sehr
böhmischen Volkes Weise,
schleicht sie ins Herz sich leise,
macht sie es schwer.

Wenn ein Kind sacht
singt beim Kartoffeljäten,
klingt dir sein Lied im späten
Traum noch der Nacht.

Magst du auch sein
weit über Land gefahren,
fällt es dir doch nach Jahren
stets wieder ein.


Rainer Maria Rilke

Sonntag, 16. Oktober 2016

Bob Dylan - Nobelpreisträger

Die DDR geht zugrunde und Bob Dylan gibt ein Konzert. 

Akte mit der Bezeichnung: Robert Zimmerman, No. HA XX 17578 
 „Unter heutiger Sicht hat er bei den gegenwärtig sich im jugendlichen Alter befindlichen Jahrgängen keine außergewöhnliche Resonanz", eher unter „älteren Jugendlichen und Menschen mittleren Alters ... Es ist davon auszugehen, dass Bob Dylan bei seinem Auftreten sich gegenüber dem Publikum und dem Veranstalter diszipliniert verhalten wird und bei seinem Auftritt keine negativen Emotionen zu erwarten sind."
Die Freie Deutsche Jugend (FDJ) als Veranstalter hatte keine Mühe, in kurzer Zeit 81.000 Karten für das Konzert zu verkaufen.


Ich, allein, in einer Menschenmenge auf einer feuchten dunklen Wiese in Treptow, die Vorband spielt, es wird dunkel, Platzangst ergreift mich, noch bevor der mythische Dylan, der von mir verehrte, die Bühne betritt, gehe ich, flüchte ich. In meiner Wohung in Lichtenberg lausche ich einer Vinyl-Aufnahme seiner Stimme auf meinem Plattenspieler

Für die Jüngeren unter euch, ein Plattenspieler tastet übergroße schwarze CDs mit Hilfe einer Nadel einer Rille folgend ab, und die zu hörende Musik hat Neben-, Tiefen-, Schattengeräusche, die die Älteren unter uns bei digitaler Musik manchmal vermissen.

Jahre später in Japan, als Gast eines Filmfestivals werde ich panisches Opfer eines der dort üblichen Karaokeabende, die Gastgeber singen mit vibrierendem Sopran Schubertlieder in gebrochenem Deutsch. Wir verbeugen uns voreinander bis zum Abwinken. Ich werde mittels übergroßer Höflichkeit gezwungen, mich zu revanchieren, und grummle, um drei Uhr früh, unter dem Einfluß einer großen Menge Sake, "Sag mir wo die Blumen sind" und war sicher, ich sänge die deutsche Version eines Dylan Liedes, ein Irrtum. Pete Seeger schrieb den Ohrwurm und Dylan (und Marlene Dietrich) haben ihn uns eingeprägt. 

Ich bin was Musik betrifft ein idiotischer Freak, maßlos, eklektisch bis geschmacklos und leidenschaftlich, aber irgendwann zwischen dem 14. und 20. Lebensjahr fand es meine Grundprägung statt, The Beatles, Bob Dylan, Ian Anderson, Manfred Krug, Marvin Gaye und Barockmusik. Seitdem ist, dem Himmel sei Dank, Vielfältiges dazugekommen. Aber wenn mich jemand mitternächtlich weckte und mit vorgehaltener Pistole erinnerte Liedtexte von mir verlangte, bekäme er die Zeilen, denen ich in pubertären Einsamkeiten hundertemale gelauscht habe. Texte, die mich meinten, nur mich. 

Ich hatte einen Freund, der kein Englisch sprach, aber alle Beatles-Lieder lautmalerisch auswendig hersagen konnte.

Und stellt euch eine Gruppe junger Leute vor, in einem Land aus dem man nicht rauskam: Wenn wir Rentner sind, werden wir wie Kerouac durch die USA trampen. "When I'm Sixtyfour" werde ich "Like a Rolling Stone" sein. 

Wir waren acht. Arrogant, hoffnungsvoll und voll von Zukunft. Einer säuft, einer ist in der Klapper oder tot, eine arbeitet als Lehrerin in Neukoelln, in Usbekistan und anderswo, eine ist Chirurgin in Hamburg, einer lebt in Los Angeles und hat sich sein gutes Leben hart erarbeitet, einer war IM und ist jetzt Urologe in Hamburg, einer liebt die deutsche Literatur von Rheinsberg aus.

Später konnte ich genauer hinhören. Verheddert in Traurigkeit.


Tangled Up In Blue


Early one mornin’ the sun was shinin’
I was layin’ in bed
Wond’rin’ if she’d changed at all
If her hair was still red
Her folks they said our lives together
Sure was gonna be rough
They never did like Mama’s homemade dress
Papa’s bankbook wasn’t big enough


And I was standin’ on the side of the road
Rain fallin’ on my shoes
Heading out for the East Coast
Lord knows I’ve paid some dues 

gettin’ through
Tangled up in blue


She was married when we first met
Soon to be divorced
I helped her out of a jam, I guess
But I used a little too much force
We drove that car as far as we could
Abandoned it out West
Split up on a dark sad night
Both agreeing it was best


She turned around to look at me
As I was walkin’ away
I heard her say over my shoulder
“We’ll meet again someday

on the avenue”
Tangled up in blue


I had a job in the great north woods
Working as a cook for a spell
But I never did like it all that much
And one day the ax just fell
So I drifted down to New Orleans
Where I happened to be employed
Workin’ for a while on a fishin’ boat
Right outside of Delacroix


But all the while I was alone
The past was close behind
I seen a lot of women
But she never escaped my mind, 

and I just grew
Tangled up in blue


She was workin’ in a topless place
And I stopped in for a beer
I just kept lookin’ at the side of her face
In the spotlight so clear
And later on as the crowd thinned out
I’s just about to do the same
She was standing there in back of my chair
Said to me, “Don’t I know your name?”


I muttered somethin’ underneath my breath
She studied the lines on my face
I must admit I felt a little uneasy
When she bent down to tie the laces 

of my shoe
Tangled up in blue


She lit a burner on the stove
And offered me a pipe
“I thought you’d never say hello,” she said
“You look like the silent type”
Then she opened up a book of poems
And handed it to me
Written by an Italian poet
From the thirteenth century


And every one of them words rang true
And glowed like burnin’ coal
Pourin’ off of every page
Like it was written in my soul 

from me to you
Tangled up in blue


I lived with them on Montague Street
In a basement down the stairs
There was music in the cafés at night
And revolution in the air
Then he started into dealing with slaves
And something inside of him died
She had to sell everything she owned
And froze up inside


And when finally the bottom fell out
I became withdrawn
The only thing I knew how to do
Was to keep on keepin’ on 

like a bird that flew
Tangled up in blue


So now I’m goin’ back again
I got to get to her somehow
All the people we used to know
They’re an illusion to me now
Some are mathematicians
Some are carpenters’ wives
Don’t know how it all got started
I don’t know what they’re doin’ with their lives


But me, I’m still on the road
Headin’ for another joint
We always did feel the same
We just saw it from a different point 

of view
Tangled up in blue
Written by: Bob Dylan

Freitag, 30. September 2016

Jacques Brel - Le Moribond - Seasons In The Sun - Adieu Emile

Jacques Brel - Le Moribond

LE MORIBOND - DER DEM TODE NAHE 

Die deutsche Übersetzung von Klaus Hoffmann ist nicht gut, aber immerhin um Einiges besser, als die sehr erfolgreiche Englische von Terry Jacks, die das kleine, feine, böse Lied in ein weinerliches Abschiedsständchen verrührte. Gut und mit genügend wilder Verweiflung gesungen, hat es mich heute Abend zum Weinen gebracht. Ich will sehr alt werden. Wenn mein Hirn mitspielt.

Ne Me Quitte Pas - Verlass Mich Nicht

Ein Abend mit Chansons von Jacques Brel
Schauspielhaus-Foyerbühne
Musik: Steffan Claußner & Tom Bitterlich
Gesang: Grégoire Gros & Susanne Stein

DER STERBENDE

Adieu Emilè, ich liebte Dich
Adieu Emilè, ich liebte dich, Du weißt
wir saßen beide bei dem gleichen Wein
wir saßen bei denselben Mädchen
wir sangen mit der gleichen Pein.

Adieu Emile, ich sterbe nun
es ist schwer wenn man im Frühling stirbt, Du weißt
ich geh'mit Frieden in der Seele
weil du so rein wie weißes Brot
weiß ich mein Weib hat keine Not.

Ich will Gesang will Spiel und Tanz
will daß man sich wie toll vergnügt
Ich will Gesang will Spiel und Tanz
wenn man mich unter'n Rasen pflügt.


Adieu Curie, ich liebte Dich
Adieu Curie ich liebte Dich Du weißt
wir waren nicht vom gleichen Holz
wir hatten nicht den selben Weg
wir suchten nur den gleichen Ort

Adieu Curie, ich sterbe nun
es ist schwer wenn man im Frühling stirbt, Du weißt
ich geh'mit Frieden in der Seele
ich weiß man Weib hat keine Not
ihr war't vertraut vor meinem Tod.

Ich will Gesang will Spiel und Tanz
will daß man sich wie toll vergnügt
Ich will Gesang will Spiel und Tanz
wenn man mich unter'n Rasen pflügt.

Adieu Antoine, ich lieb' dich nicht
Adieu Antoine, ich lieb' dich nicht, Du weißt
es bringt mich zum Sterben heut
weil du lebst weiter und nicht schlecht mein Freund 
weil dich mein Tod doch sicher freut

Adieu Antoine ich sterbe nun
es ist schwer wenn man im Frühling stirbt, Du weißt
ich geh'mit Frieden in der Seele
weil du ihr Hausfreund warst du Chanot
weiß ich mein Weib hat keine Not 

Ich will Gesang will Spiel und Tanz
will daß man sich wie toll vergnügt
Ich will Gesang will Spiel und Tanz
wenn man mich unter'n Rasen pflügt.

Adieu mein Weib ich liebte dich
Adieu mein Weib ich liebt dich, Du weißt
ich nehm den Zug zum lieben Gott
den Zug der noch vor deinem geht
man nimmt grad' den der eben kommt.

Adieu mein Weib ich sterbe nun
es ist schwer wenn man im Frühling stirbt du weißt
ich drück'die Augen fester zu
dann weiß ich, du liest Messen
für meiner Seele Ruh

Ich will Gesang will Spiel und Tanz
will daß man sich wie toll vergnügt
Ich will Gesang will Spiel und Tanz
wenn man mich unter'n Rasen pflügt.

La di lai da la

Mittwoch, 21. September 2016

Auch Eleanor Rigby wurde nicht gerettet.

Bis auf "The Long and Winding Road" vielleicht das traurigste der Beatles-Lieder, nur hier wird der Melodie nicht erlaubt, die müde Resignation zu unterstützen, nein, sie klingt munter, abgehackt, uneins mit sich selbst.
Eine Putzfrau auf einer Hochzeit nachdem die Gäste längst gegangen sind, ein nächtens seine Strümpfe stopfender Pfarrer. Die beiden werden einander schließlich treffen, aber zu spät. 
Was hab ich für ein Glück - jemanden schert es, ob es mir gut geht.
  
 
ELEANOR RIGBY


Ah look at all the lonely people
Ah look at all the lonely people

Ach schau dir all die einsamen Leute an
Ach schau dir all die einsamen Leute an

Eleanor Rigby, picks up the rice
In the church where a wedding has been
Lives in a dream
Waits at the window, wearing the face
That she keeps in a jar by the door
Who is it for?

Eleanor Rigby, hebt den Reis auf
In der Kirche wo eine Hochzeit stattgefunden hat
Lebt in einem Traum
Wartet am Fenster, mit dem Gesicht
Dass sie in einem Glas an der Tür aufbewahrt
Für wen?

All the lonely people
Where do they all come from?
All the lonely people
Where do they all belong?
 
All die einsamen Leute
Wo kommen die alle her?
All die einsamen Leute
Wohin gehören die alle?

Father McKenzie, writing the words
Of a sermon that no one will hear
No one comes near
Look at him working, darning his socks
In the night when there's nobody there
What does he care?
 
Vater McKenzie, schreibt die Wörter
Einer Predigt, die niemand hören wird
Keiner kommt 
Schau wie er arbeitet, stopft seine Socken
In der Nacht wenn da niemand da ist
Warum kümmert es ihn?
 
All the lonely people
Where do they all come from?
All the lonely people
Where do they all belong?

All die einsamen Leute
Wo kommen die alle her?
All die einsamen Leute
Wohin gehören die alle?

Ah look at all the lonely people
Ah look at all the lonely people

Ach schau dir all die einsamen Leute an
Ach schau dir all die einsamen Leute an

Eleanor Rigby, died in the church
And was buried along with her name
Nobody came
Father McKenzie, wiping the dirt
From his hands as he walks from the grave
No one was saved.
 
Eleanor Rigby, starb in der Kirche
Und wurde mitsamt ihres Namens begraben
Niemand kam
Vater McKenzie, wischt den Dreck
Von seinen Händen während er vom Grab weggeht
Niemand wurde gerettet.
 
All the lonely people
Where do they all come from?
All the lonely people
Where do they all belong?
 
All die einsamen Leute
Wo kommen die alle her?
All die einsamen Leute
Wo gehören die alle hin?

Lennon/McCartney 1966 LP "Revolver"
Wobei McCartney wohl die Hauptarbeit geleistet hat.

"Den Namen Rigby habe ich von einem Laden in Bristol. Ich lief eines Tages in Bristol herum und sah einen Laden namens Rigby. Ich glaube, Eleanor geht auf die Schauspielerin Eleanor Bron zurück, mit der wir im Spielfilm Help! zusammen gearbeitet hatten. Ich suchte einen Namen, der natürlich klang. Eleanor Rigby klang natürlich."
Paul McCartney, Playboy, 1984






 
Oder anders gesagt,
von Rainer Maria Rilke aus dem Buch der Bilder:

Die Einsamkeit ist wie ein Regen.
Sie steigt vom Meer den Abenden entgegen;
von Ebenen, die fern sind und entlegen,
geht sie zum Himmel, der sie immer hat.
Und erst vom Himmel fällt sie auf die Stadt.

Regnet hernieder in den Zwitterstunden,
wenn sich nach Morgen wenden alle Gassen
und wenn die Leiber, welche nichts gefunden,
enttäuscht und traurig von einander lassen;
und wenn die Menschen, die einander hassen,
in einem Bett zusammen schlafen müssen:
dann geht die Einsamkeit mit den Flüssen ...

Sonntag, 30. August 2015

Wenn das alles ist? - Thomas Mann & Peggy Lee



Jerry Leiber & Mike Stoller, waren eines der größten Songschreiberteams der 50er und 60er Jahre. "Stand by me", "Jailhouse Rock", "Love Potion Nr.9", "On Broadway", "Spanish Harlem", um nur einige zu nennen. Big Mama Thornton, The Drifters, Elvis, Sammy David jr., Ben E. King und Peggy Lee haben ihre Lieder gesungen, auch dies wieder nur eine kleine Auswahl.
Und heute bin ich auf eins ihrer Lieder gestoßen, das ich nicht kannte. "Is that all there is?" oder " Ist das alles?", ein Peggy Lee Hit, aber von John Parish & PJ Harvey gecovert. 

Die Melodie ist trügerisch simpel und der Text basiert auf einer Erzählung von Thomas Mann "Enttäuschung". Mit einem kurz formulierten, aber entscheidenden Unterschied. Thomas Mann endet mit: "Von einem Leben, in dem es keinen Horizont mehr gibt?...  Ich träume davon, und ich erwarte den Tod. Ach, ich kenne ihn bereits so genau, den Tod, diese letzte Enttäuschung! Das ist der Tod, werde ich im letzten Augenblicke zu mir sprechen; nun erlebe ich ihn!"  Im Lied dagegen: "Ist das alles? Wenn das alles ist, meine Freunde, dann laßt uns weitertanzen, laßt uns den Schnaps holen und ein Fest feiern, wenn das alles ist."

Eher meine Variante. 

(Ganz unten findet ihr die Thomas Mann Erzählung, Dank an Gutenberg.de!)


Peggy Lee

PJ Harvey

Der nacherzählte Liedtext geht in etwa so:


Ich erinnere mich, dass unser Haus brannte, als ich ein kleines Mädchen war und an den Gesichtsausdruck meines Vaters, als er mich in seine Arme nahm und durch das brennende Haus auf die Straße rannte. Ich stand zitternd im Schlafanzug und sah die ganze Welt in Flammen. Und als es vorbei war, sagte ich mir: "Ist das alles, was Feuer ist?"

Dann folgt der gesungene Refrain: 

Ist das alles? Ist das alles? 
Wenn das alles ist, meine Freunde, 
dann laßt uns weitertanzen, 
laßt uns den Schnaps holen 
und ein Fest feiern, 
wenn das alles ist.

Und als ich zwölf war, ging mein Vater mit mir in den Zirkus, die größte Show der Welt. Da waren Clowns und Elephanten und Tanzbären. Und eine schöne Dame in rosa Strümpfen flog hoch über unseren Köpfen. Und als ich so saß und dem wundervollen Schauspiel zusah, hatte ich das Gefühl, dass etwas fehlte. Ich weiß nicht was, aber als es vorbei war, sagte ich mir: "Ist das alles, was Zirkus ist?"

Ist das alles? Ist das alles? 
Wenn das alles ist, meine Freunde, 
dann laßt uns weitertanzen, 
laßt uns den Schnaps holen 
und ein Fest feiern, 
wenn das alles ist.

 Dann verliebte ich mich, Hals über Kopf verliebte ich mich in den wunderbarsten Jungen der Welt. Wir machten lange Spaziergänge am Fluß oder schauten uns stundenlang tief in die Augen. Wir waren so sehr verliebt. Dann ging er eines Tages fort und ich dachte, ich würde sterben. Tat ich aber nicht. Und als ich nicht starb, sagte ich zu mir: "Ist das alles, was Liebe ist?"

Ist das alles? Ist das alles? 
Wenn das alles ist, meine Freunde, 
dann laßt uns weitertanzen, 
laßt uns den Schnaps holen 
und ein Fest feiern, 
wenn das alles ist.

Ich weiß, was ihr wahrscheinlich sagt, wenn es das ist, was sie fühlt, warum beendet sie es dann nicht ein für alle Mal? Oh, nein, nicht ich. Ich will diese letzte Enttäuschung nicht zu bald erleben. Weil ich weiß genau, wie ich jetzt vor euch stehe, werde ich, wenn der letzte Moment kommt und ich meinen Letzten Atem atmen werde, zu mir sagen:


Ist das alles? Ist das alles? 
Wenn das alles ist, meine Freunde, 
dann laßt uns weitertanzen, 
laßt uns den Schnaps holen 
und ein Fest feiern, 
wenn das alles ist.



IS THAT ALL THERE IS?
 
SPOKEN:
 I remember when I was a very little girl, our house caught on fire.
I'll never forget the look on my father's face as he gathered me up
in his arms and raced through the burning building out to the pavement.
I stood there shivering in my pajamas and watched the whole world go up in flames.
And when it was all over I said to myself, "Is that all there is to a fire"

SUNG:
Is that all there is, is that all there is
If that's all there is my friends, then let's keep dancing
Let's break out the booze and have a ball
If that's all there is

SPOKEN:
And when I was 12 years old, my father took me to a circus, the greatest show on earth.
There were clowns and elephants and dancing bears.
And a beautiful lady in pink tights flew high above our heads.
And so I sat there watching the marvelous spectacle.
I had the feeling that something was missing.
I don't know what, but when it was over,
I said to myself, "is that all there is to a circus?

SUNG:
Is that all there is, is that all there is
If that's all there is my friends, then let's keep dancing
Let's break out the booze and have a ball
If that's all there is

SPOKEN:
Then I fell in love, head over heels in love, with the most wonderful boy in the world.
We would take long walks by the river or just sit for hours gazing into each other's eyes.
We were so very much in love.
Then one day he went away and I thought I'd die, but I didn't,
and when I didn't I said to myself, "is that all there is to love?"

SUNG:
Is that all there is, is that all there is
If that's all there is my friends, then let's keep dancing

SPOKEN:
I know what you must be saying to yourselves,
if that's the way she feels about it why doesn't she just end it all?
Oh, no, not me. I'm in no hurry for that final disappointment,
for I know just as well as I'm standing here talking to you,
when that final moment comes and I'm breathing my lst breath, I'll be saying to myself

SUNG:
Is that all there is, is that all there is
If that's all there is my friends, then let's keep dancing
Let's break out the booze and have a ball
If that's all there is

THOMAS MANN
ENTTÄUSCHUNG.


Ich gestehe, dass mich die Reden dieses sonderbaren Herrn ganz und gar verwirrten, und ich fürchte, dass ich auch jetzt noch nicht imstande sein werde, sie auf eine Weise zu wiederholen, dass sie andere in ähnlicher Weise berührten, wie an jenem Abend mich selbst. Vielleicht beruhte ihre Wirkung nur auf der befremdlichen Offenheit, mit der ein ganz Unbekannter sie mir äußerte ...  Der Herbstvormittag, an dem mir jener Unbekannte auf der Piazza San Marco zum ersten Male auffiel, liegt nun etwa zwei Monate zurück. Auf dem weiten Platze bewegten sich nur wenige Menschen umher, aber vor dem bunten Wunderbau, dessen üppige und märchenhafte Umrisse und goldene Zierrate sich in entzückender Klarheit von einem zarten, lichtblauen Himmel abhoben, flatterten in leichtem Seewind die Fahnen; grade vor dem Hauptportal hatte sich um ein junges Mädchen, das Mais streute, ein ungeheurer Rudel von Tauben versammelt, während immer mehr noch von allen Seiten herbeischossen ... Ein Anblick von unvergleichlich lichter und festlicher Schönheit.  Da begegnete ich ihm, und ich habe ihn, während ich schreibe, mit außerordentlicher Deutlichkeit vor Augen. Er war kaum mittelgroß und ging schnell und gebückt, während er seinen Stock mit beiden Händen auf dem Rücken hielt. Er trug einen schwarzen, steifen Hut, hellen Sommerüberzieher und dunkelgestreifte Beinkleider. Aus irgendeinem Grunde hielt ich ihn für einen Engländer. Er konnte dreißig Jahre alt sein, vielleicht auch fünfzig. Sein Gesicht, mit etwas dicker Nase und müdeblickenden, grauen Augen, war glattrasiert, und um seinen Mund spielte beständig ein unerklärliches und ein wenig blödes Lächeln. Nur von Zeit zu Zeit blickte er, indem er die Augenbrauen hob, forschend um sich her, sah dann wieder vor sich zu Boden, sprach ein paar Worte mit sich selbst, schüttelte den Kopf und lächelte. So ging er beharrlich den Platz auf und nieder.  Von nun an beobachtete ich ihn täglich, denn er schien sich mit nichts anderem zu beschäftigen, als bei gutem wie bei schlechtem Wetter, vormittags wie nachmittags, dreißig- und fünfzigmal die Piazza auf und ab zu schreiten, immer allein und immer mit dem gleichen seltsamen Gebaren.  An dem Abend, den ich im Sinne habe, hatte eine Militärkapelle konzertiert. Ich saß an einem der kleinen Tische, die das Café Florian weit auf den Platz hinausstellt, und als nach Schluss des Konzertes die Menge, die bis dahin in dichten Strömen hin und wieder gewogt war, sich zu zerstreuen begann, nahm der Unbekannte, auf abwesende Art lächelnd wie stets, an einem neben mir freigewordenen Tische Platz.  Die Zeit verging, rings umher ward es stiller und stiller, und schon standen weit und breit alle Tische leer. Kaum dass hier und da noch ein Mensch vorüberschlenderte; ein majestätischer Friede lagerte über dem Platz, der Himmel hatte sich mit Sternen bedeckt, und über der prachtvoll theatralischen Façade von San Marco stand der halbe Mond.  Ich las, indem ich meinem Nachbar den Rücken zuwandte, in meiner Zeitung und war eben im Begriff, ihn allein zu lassen, als ich mich genötigt sah, mich halb nach ihm umzuwenden; denn während ich bislang nicht einmal das Geräusch einer Bewegung von ihm vernommen hatte, begann er plötzlich zu sprechen.  -- Sie sind zum ersten Mal in Venedig, mein Herr? fragte er in schlechtem Französisch; und als ich mich bemühte, ihm in englischer Sprache zu antworten, fuhr er in dialektfreiem Deutsch zu sprechen fort mit einer leisen und heiseren Stimme, die er oft durch ein Hüsteln aufzufrischen suchte.  -- Sie sehen das alles zum ersten Male? Es erreicht Ihre Erwartungen? -- Übertrifft es sie vielleicht sogar? -- Ah! Sie haben es sich nicht schöner gedacht? -- Das ist wahr? -- Sie sagen das nicht nur, um glücklich und beneidenswert zu erscheinen? -- Ah! -- Er lehnte sich zurück und betrachtete mich mit schnellem Blinzeln und einem ganz unerklärlichen Gesichtsausdruck.  Die Pause, die eintrat, währte lange, und ohne zu wissen, wie dieses seltsame Gespräch fortzusetzen sei, war ich aufs neue im Begriff, mich zu erheben, als er sich hastig vorbeugte.  -- Wissen Sie, mein Herr, was das ist: Enttäuschung? fragte er leise und eindringlich, indem er sich mit beiden Händen auf seinen Stock lehnte. -- Nicht im Kleinen und Einzelnen ein Misslingen, ein Fehlschlagen, sondern die große, die allgemeine Enttäuschung, die Enttäuschung, die alles, das ganze Leben einem bereitet? Sicherlich, Sie kennen sie nicht. Ich aber bin von Jugend auf mit ihr umhergegangen, und sie hat mich einsam, unglücklich und ein wenig wunderlich gemacht, ich leugne es nicht.  Wie könnten Sie mich bereits verstehen, mein Herr? Vielleicht aber werden Sie es, wenn ich Sie bitten darf, mir zwei Minuten lang zuzuhören. Denn wenn es gesagt werden kann, so ist es schnell gesagt ...  Lassen Sie mich erwähnen, dass ich in einer ganz kleinen Stadt aufgewachsen bin in einem Pastorhause, in dessen überreinlichen Räumen ein altmodisch pathetischer Gelehrtenoptimismus herrschte, und in dem man eine eigentümliche Atmosphäre von Kanzelrhetorik einatmete -- von diesen großen Wörtern für Gut und Böse, Schön und Hässlich, die ich so bitterlich hasse, weil sie vielleicht, sie allein an meinem Leiden die Schuld tragen.  Das Leben bestand für mich schlechterdings aus großen Wörtern, denn ich kannte nichts davon als die ungeheuren und wesenlosen Ahnungen, die diese Wörter in mir hervorriefen. Ich erwartete von den Menschen das göttlich Gute und das haarsträubend Teuflische; ich erwartete vom Leben das entzückend Schöne und das Grässliche, und eine Begierde nach alledem erfüllte mich, eine tiefe, angstvolle Sehnsucht nach der weiten Wirklichkeit, nach dem Erlebnis, gleichviel welcher Art, nach dem berauschend herrlichen Glück und dem unsäglich, unnahbar furchtbaren Leiden.  Ich erinnere mich, mein Herr, mit einer traurigen Deutlichkeit der ersten Enttäuschung meines Lebens, und ich bitte Sie, zu bemerken, dass sie keineswegs in dem Fehlschlagen einer schönen Hoffnung bestand, sondern in dem Eintritt eines Unglücks. Ich war beinahe noch ein Kind, als ein nächtlicher Brand in meinem väterlichen Hause entstand. Das Feuer hatte heimlich und tückisch um sich gegriffen, bis an meine Kammertür brannte das ganze kleine Stockwerk, und auch die Treppe war nicht weit entfernt, in Flammen aufzugehen. Ich war der erste, der es bemerkte, und ich weiß, dass ich durch das Haus stürzte, indem ich einmal über das andere den Ruf hervorstieß: »Nun brennt es! Nun brennt es!« Ich entsinne mich dieses Wortes mit großer Genauigkeit, und ich weiß auch, welches Gefühl ihm zu Grunde lag, obgleich es mir damals kaum zum Bewusstsein gekommen sein mag. Dies ist, so empfand ich, eine Feuersbrunst; nun erlebe ich sie! Schlimmer ist es nicht? Das ist das Ganze?...  Gott weiß, dass es keine Kleinigkeit war. Das ganze Haus brannte nieder, wir alle retteten uns mit Mühe aus äußerster Gefahr, und ich selbst trug ganz beträchtliche Verletzungen davon. Auch wäre es unrichtig, zu sagen, dass meine Phantasie den Ereignissen vorgegriffen und mir einen Brand des Elternhauses entsetzlicher ausgemalt hätte. Aber ein vages Ahnen, eine gestaltlose Vorstellung von etwas noch weit Grässlicherem hatte in mir gelebt, und im Vergleich damit erschien die Wirklichkeit mir matt. Die Feuersbrunst war mein erstes großes Erlebnis: eine furchtbare Hoffnung wurde damit enttäuscht.  Fürchten Sie nicht, dass ich fortfahren werde, Ihnen meine Enttäuschungen im einzelnen zu berichten. Ich begnüge mich damit, zu sagen, dass ich mit unglückseligem Eifer meine großartigen Erwartungen vom Leben durch tausend Bücher nährte: durch die Werke der Dichter. Ach, ich habe gelernt, sie zu hassen, diese Dichter, die ihre großen Wörter an alle Wände schreiben und sie mit einer in den Vesuv getauchten Feder am liebsten an die Himmelsdecke malen möchten -- während doch ich nicht umhin kann, jedes große Wort als eine Lüge oder als einen Hohn zu empfinden!  Verzückte Poeten haben mir vorgesungen, die Sprache sei arm, ach, sie sei arm -- oh nein, mein Herr! Die Sprache, dünkt mich, ist reich, ist überschwänglich reich im Vergleich mit der Dürftigkeit und Begrenztheit des Lebens. Der Schmerz hat seine Grenzen: der körperliche in der Ohnmacht, der seelische im Stumpfsinn, -- es ist mit dem Glück nicht anders! Das menschliche Mitteilungsbedürfnis aber hat sich Laute erfunden, die über diese Grenzen hinweglügen.  Liegt es an mir? Läuft nur mir die Wirkung gewisser Wörter auf eine Weise das Rückenmark hinunter, dass sie mir Ahnungen von Erlebnissen erwecken, die es gar nicht gibt?  Ich bin in das berühmte Leben hinausgetreten, voll von dieser Begierde nach einem, einem Erlebnis, das meinen großen Ahnungen entspräche. Gott helfe mir, es ist mir nicht zu teil geworden! Ich bin umhergeschweift, um die gepriesensten Gegenden der Erde zu besuchen, um vor die Kunstwerke hinzutreten, um die die Menschheit mit den größten Wörtern tanzt; ich habe davor gestanden und mir gesagt: Es ist schön. Und doch: Schöner ist es nicht? Das ist das Ganze?  Ich habe keinen Sinn für Tatsächlichkeiten; das sagt vielleicht alles. Irgendwo in der Welt stand ich einmal im Gebirge an einer tiefen, schmalen Schlucht. Die Felsenwände waren nackt und senkrecht, und drunten brauste das Wasser über die Blöcke vorbei. Ich blickte hinab und dachte: Wie, wenn ich stürzte? Aber ich hatte Erfahrung genug, mir zu antworten: Wenn es geschähe, so würde ich im Falle zu mir sprechen: Nun stürzt du hinab, nun ist es Tatsache! Was ist das nun eigentlich? --  Wollen Sie mir glauben, dass ich genug erlebt habe, um ein wenig mitreden zu können? Vor Jahren liebte ich ein Mädchen, ein zartes und holdes Geschöpf, das ich an meiner Hand und unter meinem Schutze gern dahingeführt hätte; sie aber liebte mich nicht, das war kein Wunder, und ein anderer durfte sie schützen ... Gibt es ein Erlebnis, das leidvoller wäre? Gibt es etwas Peinigenderes als diese herbe Drangsal, die mit Wollust grausam vermengt ist? Ich habe manche Nacht mit offenen Augen gelegen, und trauriger, quälender als alles übrige war stets der Gedanke: Dies ist der große Schmerz! Nun erlebe ich ihn! -- Was ist das nun eigentlich? --  Ist es nötig, dass ich Ihnen auch von meinem Glücke spreche? Denn auch das Glück habe ich erlebt, auch das Glück hat mich enttäuscht ... Es ist nicht nötig; denn dies alles sind plumpe Beispiele, die Ihnen nicht klar machen werden, dass es das Leben im ganzen und allgemeinen ist, das Leben in seinem mittelmäßigen, uninteressanten und matten Verlaufe, das mich enttäuscht hat, enttäuscht, enttäuscht.  »Was ist,« schreibt der junge Werther einmal, »der Mensch, der gepriesene Halbgott? Ermangeln ihm nicht eben da die Kräfte, wo er sie am nötigsten braucht? Und wenn er in Freude sich aufschwingt oder in Leiden versinkt, wird er nicht in beiden eben da aufgehalten, eben da zu dem stumpfen, kalten Bewusstsein wieder zurückgebracht, da er sich in der Fülle des Unendlichen zu verlieren sehnte?«  Ich gedenke oft des Tages, an dem ich das Meer zum ersten Male erblickte. Das Meer ist groß, das Meer ist weit, mein Blick schweifte vom Strande hinaus und hoffte, befreit zu sein: dort hinten aber war der Horizont. Warum habe ich einen Horizont? Ich habe vom Leben das Unendliche erwartet.  Vielleicht ist er enger, mein Horizont, als der anderer Menschen? Ich habe gesagt, mir fehle der Sinn für Tatsächlichkeiten, -- habe ich vielleicht zu viel Sinn dafür? Kann ich zu bald nicht mehr? Bin ich zu schnell fertig? Kenne ich Glück und Schmerz nur in den niedrigsten Graden, nur in verdünntem Zustande?  Ich glaube es nicht; und ich glaube den Menschen nicht, ich glaube den wenigsten, die angesichts des Lebens in die großen Wörter der Dichter einstimmen -- es ist Feigheit und Lüge! Haben Sie übrigens bemerkt, mein Herr, dass es Menschen gibt, die so eitel sind und so gierig nach der Hochachtung und dem heimlichen Neide der anderen, dass sie vorgeben, nur die großen Wörter des Glücks erlebt zu haben, nicht aber die des Leidens?  Es ist dunkel, und Sie hören mir kaum noch zu; darum will ich es mir heute noch einmal gestehen, dass auch ich, ich selbst es einst versucht habe, mit diesen Menschen zu lügen, um mich vor mir und den anderen als glücklich hinzustellen. Aber es ist manches Jahr her, dass diese Eitelkeit zusammenbrach, und ich bin einsam, unglücklich und ein wenig wunderlich geworden, ich leugne es nicht.  Es ist meine Lieblingsbeschäftigung, bei Nacht den Sternenhimmel zu betrachten, denn ist das nicht die beste Art, von der Erde und vom Leben abzusehen? Und vielleicht ist es verzeihlich, dass ich es mir dabei angelegen sein lasse, mir meine Ahnungen wenigstens zu wahren? Von einem befreiten Leben zu träumen, in dem die Wirklichkeit in meinen großen Ahnungen ohne den quälenden Rest der Enttäuschung aufgeht? Von einem Leben, in dem es keinen Horizont mehr gibt?...  Ich träume davon, und ich erwarte den Tod. Ach, ich kenne ihn bereits so genau, den Tod, diese letzte Enttäuschung! Das ist der Tod, werde ich im letzten Augenblicke zu mir sprechen; nun erlebe ich ihn! -- _Was ist das nun eigentlich?_ --  Aber es ist kalt geworden auf dem Platze, mein Herr; ich bin imstande, das zu empfinden, hehe! Ich empfehle mich Ihnen aufs allerbeste. Adieu ...

Donnerstag, 23. Juli 2015

K.I.Z. - Hurra, die Welt geht unter! - Ich erinnere mich.


Und wir singen im Atomschutzbunker:
Hurra, diese Welt geht unter!
Hurra, diese Welt geht unter!
Auf den Trümmern das Paradies


Eine orientalisch angehauchte Intro, es folgt eine postapokalyptische Hippie-Utopie in ungelenken, aber amüsanten Reimen. Der Text ein bisschen rührend ob seiner Naivität, aber Zynismus ist öder. Tja, naja, aber diese Stimme, die den Refrain singt.


Ich habe mir eine Hip Hop Platte gekauft, eine Platte mit deutschem Hip Hop, meine erste und wahrscheinlich einzige. Deutscher Hip Hop? Alle beteiligten Musiker könnten meine Kinder oder Enkel sein und sie sind alle sehr weiß. Aber die Melodien sind "catchy", sie fangen mein Ohr ein.

K.I.Z. ist eine deutsche Hip-Hop-Formation aus Berlin. Sie besteht aus den Rappern Tarek, Maxim, Nico und ihrem Diskjockey DJ Craft.... Der vermeintlichen Abkürzung K.I.Z. werden von der Band selbst oft unterschiedlichste Bedeutungen zugewiesen. Am häufigsten ist die Bezeichnung Kannibalen in Zivil. Weitere bekannte Namen sind Künstler in Zwangsjacken, Kriegsverbrecher im Zuchthaus, Karotten Ingwer und Zwiebel oder Kreuzritter in Zentralasien; unter anderem wird in den Liedern Rosenbusch feat. Rhymin Simon und Selbstjustiz von Klosterschüler im Zölibat gesprochen. Auf ihrer Myspace-Seite nennen sie sich zurzeit Kapitalismus ist Zauberhaft, sagt Wiki.

Henning May, der Sänger des Refrains, hat eine Stimme, die nicht zum Kindergesicht und schlenkrigen Jungskörper zu passen scheint. Ist es nur die Zufallswirkung verquerer Stimmbandkonstellation oder kennt der sehr junge Junge Qual? Im Video sieht es aus, als ob seine Stimme eigenständig aus ihm heraus singt.

Hurra, die Welt geht unter
https://www.youtube.com/watch?v=XTPGpBBwt1w

Und ich sitz schon wieder Barfuß am Klavier 

Ich träume Liebeslieder und sing dabei von Dir 
Und du und ich wir waren wunderlich 
Nicht für mich 
für die die es störte 
wenn man uns Nachts hörte

Barfuß am Klavier
https://www.youtube.com/watch?v=tERRFWuYG48

Man ist nie wieder so großartig und großartig einsam, wie man es mit Anfang Zwanzig ist. Ich wußte alles, fühlte alles. Eine tolle Zeit, ich mag sie nicht wieder haben, aber gebe Acht, dass ich sie nicht vergesse, weil diese goldene Selbstgewissheit, nur bei starkem Wind und nur für Sekunden, den Blick auf die darunter bebende Panik freigibt.
So beginne ich, voll unerhörter Erwartungen, phantastisch-mäandernder Pläne, mit unerschöpflicher Energie, maßloser Selbstverliebtheit und der Verachtung jedweden Kompromisses. Natürlich folgen die zu erwartenden Kopfnüsse, Nackenschläge und Magentreffer, auch die aus dem toten Winkel, die ohne Ankündigung kommen und mich beinah in die Knie zwingen. Was macht’s, aufstehen, weiter laufen. 

Und wenn ich dich dann frage, was du werden willst
Dann sagst du immer nur "Ich weiß nicht. Hauptsache nicht Mitte 30"
Hauptsache nicht Mitte 30


https://www.youtube.com/watch?v=35XR9H8bGqQ