Samstag, 26. September 2015
Flüchtlinge - Walter Benjamin starb heute vor 75 Jahren
Ein Flüchtling, ein verfolgter Mann, dem die nationalsozialistische Regierung Deutschlands jede Möglichkeit genommen hatte, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, allein in einem spanischen Dorf, er hat die Pyrenäen von Frankreich aus in einem ihn überfordernden Fußmarsch überwunden, nun will Spanien ihn nicht nach Amerika gehen lassen, in das ferne rettende Land. Freunde haben ihm ein Visum erkämpft, doch er wird Amerika nie erreichen. Eine Überdosis Morphium beendet sein Leben. Erst im Massengrab verbuddelt, dann umgebettet, niemand weiß wohin.
Wir alle würden versuchen, der Vernichtung zu entfliehen, ob aus Hunger, in Hoffnung auf ein besseres Leben oder aus Angst vor Verfolgung - jeder von uns.
In dieser ausweglosen Situation habe ich keine andere Möglichkeit, als sie zu beenden. Mein Leben wird ein Ende finden in einem kleinen Dorf in den Pyrenäen, wo mich niemand kennt. ich bitte Sie, meine Gedanken meinem Freund Adorno zu übermitteln und ihm die Situation zu erklären, in der ich mich gesehen habe. Es bleibt mir nicht genügend Zeit, all die Briefe zu schreiben, die ich gerne geschrieben hätte.
Abschiedsbrief W.B. von Henny Gurland aus dem Gedächtnis rekonstruiert
Zum Freitod des Flüchtlings W. B.
Ich höre, daß du die Hand gegen dich erhoben hast
Dem Schlächter zuvorkommend.
Acht Jahre verbannt, den Aufstieg des Feindes beobachtend
Zuletzt an eine unüberschreitbare Grenze getrieben
Hast du, heißt es, eine überschreitbare überschritten.
Reiche stürzen. Die Bandenführer
Schreiten daher wie Staatsmänner. Die Völker
Sieht man nicht mehr unter den Rüstungen.
So liegt die Zukunft in Finsternis, und die guten Kräfte
Sind schwach. All das sahst du
Als du den quälbaren Leib zerstörtest.
Bertolt Brecht
Benjamins Weg in die Freiheit, sein Weg in den Tod. http://www.zeit.de/2010/37/Walter-Benjamin-Weg
W. B.
Einmal dämmert Abend wieder,
Nacht fällt nieder von den Sternen,
Liegen wir gestreckte Glieder
In den Nähen, in den Fernen.
Aus den Dunkelheiten tönen
Sanfte kleine Melodien.
Lauschen wir uns zu entwöhnen,
Lockern endlich wir die Reihen.
Ferne Stimmen, naher Kummer -:
Jene Stimmen jener Toten,
Die wir vorgeschickt als Boten
Uns zu leiten in den Schlummer.
Hannah Arendt
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