Sonntag, 13. November 2022

DONATELLO

Donatello, Donato di Niccolò di Betto Bardi ca. 1386–1466, einer der wagemutigsten Avantgardisten der Renaissance hat eine Ausstellung in der Gemäldegalerie am Matthäikirchplatz. Ein Gebäude, das innen sehr praktikabel für seinen Zweck ist, aber von außen, mit dem riesigen leeren, steinbelegten Vorplatz und den abrupt positionierten Treppen, richtig mächtig häßlich aussieht und für Menschen mit Gehschwierigkeiten auch schwer zu erreichen ist.

https://de.wikipedia.org/wiki/Marienbildnis

Aber drinnen. 

Donatello. Endlich einmal sieht das Jesukindlein aus wie ein Baby und nicht wie ein verkümmerter Erwachsener. ( Es ist wirklich erstaunlich auf wie vielen Marienbildnissen, das geliebte Wunderkind nahezu abstoßend aussieht.) Aber bei Donatello hat das Kleine die herrlichen Fettfalten kleiner Babies, in die ich immer am liebsten reinbeißen möchte, die Finger und Zehen sind wunderbar knubbelig und die rundlichen Gesichter drücken nur das aus, was Baby-Gesichter halt zeigen. Und ich sehe realistische Interaktionen zwischen Mutter und Kind, mal schmiegt sich das Kind an, mal will es offensichtlich etwas, was die Mama nicht will, mal nuckelt es am Daumen. Und sie reagiert in glaubhafter Art. Wer war wohl die Frau mit der herrlich geraden Nase, offensichtlich Donatellos Lieblingsmodell?


Zwei Figuren, Johannes, der Täufer als junger Mann und die zweite, der gleiche Mann, verhärmt und erschöpft nach seinem anstrengenden Arbeitsaufenthalt in der Wüste. 

Lukas 3.1: Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Steige eben! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden; und was krumm ist, soll gerade werden, und was uneben ist, soll ebener Weg werden, und alles Fleisch wird das Heil Gottes sehen. Da sprach Johannes zu der Menge, die hinausging, um sich von ihm taufen zu lassen: Ihr Otterngezücht, wer hat euch gewiss gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet? Seht zu, bringt rechtschaffene Früchte der Buße; und nehmt euch nicht vor zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken. Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt; jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. Und die Menge fragte ihn und sprach: Was sollen wir nun tun? Er antwortete aber und sprach zu ihnen: Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat; und wer Speise hat, tue ebenso. Es kamen aber auch Zöllner, um sich taufen zu lassen, und sprachen zu ihm: Meister, was sollen denn wir tun? Er sprach zu ihnen: Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist! Da fragten ihn auch Soldaten und sprachen: Was sollen denn wir tun? Und er sprach zu ihnen: Tut niemandem Gewalt noch Unrecht und lasst euch genügen an eurem Sold.

Ein radikaler Gerechter im Fellgewand mit absoluter Gewissheit des rechten Weges, Verkünder des Kommenden und Verurteiler des Gegenwärtigen, Schrecken und Hoffnung. Greta oder Trump? Gut, Trump würde nie zugeben, dass ein anderer, grösserer ihm folgen wird. Mannoman, Trump löst bei mir wirklich üble Gewaltphantasien aus. Was ich nicht mag, aber auch nicht verhindern kann. 

Warum habe ich das Gefühl, das die aktuelle Politik, sich immer öfter auf Muster der Zeit vor der Aufklärung beruft? 

Und Donatellos Reliefs mit ihrer geringen Tiefe, aber dem überwältigenden Eindruck von 3D, auf dem höchst individuell unterscheidbare Menschen, sich drängeln, lugen, sich prügeln, sich verdrücken, von einander Abstand halten, in schon irgendwie religiöse basierten Szenen, die aber auch Reliefdarstellungen heutiger, moderner Strassenphotographie sein könnten.

Und die Büsten von Honoratioren mit Falten und Tränensäcken.

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