Sonntag, 21. November 2021

GUDRUN RITTER - GÖTZ-GEORGE-PREIS

 

Ich liebe Gudrun Ritter. 

Sie ist eine zarte, kleine Frau mit wissenden Augen und einem gefährlich sinnlichen Mund, ihre Stimme kann rau und schrill und flirrend und trocken und gurrend und hart und zärtlich und und und ... Sie ist immer, immer direkt im Ton, nie tönend, nie salbadernd, nie vage, sondern genau ins Ziel.

Eine gefährliche Elfe, eine klarsehende Träumerin, eine Unschuld mit Wissen und Sexappeal, ein Mysterium, selbst wenn sie scheinbar einfach wirkt. 

Und wie macht sie das, dass es jedesmal wirkt, als sei es frisch, gerade passiert, neu gedacht? 

Torquato Tasso, Zwei Krawatten, Miss Sara Sampson, Stella, Die Rundköpfe und die Spitzköpfe, Sugardollies, die Aufzählung könnte Seiten füllen. 

Ich gucke ihr so gern zu, so gern. 

Und ihr unerreichtes "Was?" in Proben, superlaut und gänzlich plötzlich, wenn sie die Souffleuse nicht verstand. Das nahm der Probe die Heiligkeit und gab ihr Leben.

In einer Produktion, in der der Regisseur gelegentlich zu terroristischen Methoden gegen einzelne Spieler, öfter gegen mich, griff, rettete mich ihr gut gesetztes Rülpsen, nach hinten, unhörbar fürs Publikum, aber mir die Angst nehmend, in einer anderen, nicht ganz gelungenen Inszenierung hat sie mich an einer schwer erträglichen Stelle lustvoll, heftig in die Wade gekniffen. Dafür bin ich ihr ewig dankbar.

Heute wurde sie mit dem Götz-George-Preis der gleichnamigen Stiftung in einer liebevoll vorbereiteten und durchdachten Veranstaltung, ausgezeichnet. Der Abend war 2G plus und trotzdem habe ich Angsthase meist mit Maske dagesessen, so viele Leute.

Und plötzlich saß da eine kleine Runde von DT Veteranen, Tine Schorn, Bernd Stempel, Dagmar Manzel - uff, so viele Erinnerungen. Ich hab an diesem Haus 15 Jahre verbracht, gute Jahre, mit harschen Phasen. Es waren meine prägende Jahre und ich habe dort Menschen getroffen, die mir die wirklich wichtigen Dinge für mein Theaterleben beigebracht haben, obwohl sie sich nie als "Lehrer" verstanden habe. Und dafür liebe ich sie. Manche, wie Tine und Gudrun sind putzmunter und aktiv, andere sind krank oder von uns fortgegangen, alle waren Spielmäuse.

Besser als Gudrun es heute Abend gesagt hat, kann ich es nicht formulieren: "Wenn ich könnte, ich würde nochmal von vorn anfangen."

3 Kommentare:

  1. Ach, wie schön! Ja klar, es gibt durchaus mehrere Schauspielerinnen und Schauspieler, denen ich beglückende Theatererlebnisse verdanke. Aber bei Gudrun Ritter war da immer noch was sehr Besonderes, das ich nur schwer beschreiben kann. Da war die schauspielerische Virtuosität, die ich bewundernd sehen und hören konnte, und da war auch immer noch so ein seltsam flirrendes Untendrunter, so feine Unterströmungen in ihren Figuren, die mich direkt anfassten und weiter beschäftigten.

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  2. Liebe Johanna Schall, so tolle und richtige Worte! Danke! Habe Gudrun Ritter als Kind, Jugendlicher, Studierender und dann Kollege immer bewundert. Die Worte meines Vaters über sie waren immer so voller Bewunderung und Liebe....das fand ich auch immer sehr bewegend.....

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