Freitag, 27. März 2020

Das C-Wort IX - Körpernähe

Ich habe seit 12 Tagen keinen Menschen angefasst. Außer mich selbst. Wie sehr eigenartig. 
Ich bin nicht so der typische Küsschenverteiler und jederman Umarmer, aber als heute eine besonders liebe Freundin mir impulsiv den Arm um die Schulter legen wollte, wie sie es oft tut, eine Berührung, die ich normalerweise sehr gern spüre, bin ich zurückgeschreckt. Irrwitz.
Wir waren beide bestürzt. 
Gummihandschuhe lassen meine Hände massiv schwitzen, die Gesichtsmaske von nomimikri läßt meine Brille beschlagen und kühler wird es durch sie auch nicht. Hitzewallungen. Oh Gott, ich habe Fieber, ich werde krank. Handschuhe weg, Maske ab und ich kühle runter. Entwarnung.
Nach Hause kommen, Hände waschen, die Einkäufe auspacken, Hände waschen, ein wirklich steriles Leben ist nicht möglich. Und war, bis jetzt, auch nicht erwünscht.
Ich mag Lippenstift. Knallrot. Oder dunkles Pink. Aber mit so einer Maske ist er nicht zu sehen. Mein kleiner Protest gegen die üble Zeit, versteckt hinter buntem Stoff.
Bitte, bitte, keine Ausgangssperre.
Ja, ja ich weiß, dass ich einer Risikogruppe angehöre. Über 60 und Raucher seitdem ich 17 war. Ich will niemanden infizieren und auch selbst nicht infiziert werden. Aber ich will auch nicht aufhören, zu leben. Was kann, soll ich tun?
Meschugge. So nennen das meine Leute, die auch irgendwie nicht meine Leute sind.
Aber. Immer dieses aber. Morgen lerne ich Brotbacken via Skype.

https://www.smarticular.net/hefe-vermehren-backhefe-haltbar-machen/ 

1 Kommentar:

  1. Bin ich für die aktuelle Kontaktsperre zur Verlangsamung der Ausbreitung des Corana-Virus? – Ja. Vor allem, wenn dadurch weitergehendere Maßnahmen wie Ausgangssperren verhindert werdenkönnen. Wenn ich dann aber von der rheinland-pfälzischen Bildungsministerin und aktuellen Präsidentin der Kultusministerkonferenz Stefanie Hubig höre, wie sie sich über die zu langsame Digitalisierung des Schulunterrichts in der Vergangenheit beklagt und der Hoffnung Ausdruck gibt, daß die aktuelle Corona-Krise einen neuen Digitalisierungsschub bilden könnte, dann weiß ich, daß mit Hilfe des Virus die Weichen für eine neue Gesellschaftsform gelegt werden. An Supermarktkassen werden die Kunden aufgefordert, aus Interesse an der Gesundheit der Kassiererinnen nicht mit Bargeld zu bezahlen. Klingt ganz vernünftig, aber es belegt auch die geheime Sympathie, die zwischen dem Corona-Virus und der Durchdigitalisierung der Lebenswelt besteht. Ganz zu schweigen von den Apps, die unsere Bewegungsmuster verfolgen und so Coronaverdachtsfälle orten. Ein Hoch auf Südkorea, das so den Virus unter Kontrolle hält, aber letztlich nur eine digitale Version an die Stelle desselben setzt. Im Interesse der Gesundheit natürlich.

    Ich habe von Lehrern gehört, die ihre(n) Schüler(n) nicht über home-office mit e-learning in die Quarantäne (ver-)folgen, sondern ihnen die ‚Hausaufgabe‘ mitgeben, sich nützliche Aufgaben im Haushalt zu suchen und zu übernehmen, und das dann zu protokollieren. Diese Protokolle sollen die Eltern unterzeichnen. Solche Lehrer, die sich dem Digitalisierungstrend verweigern, sind die wahren Helden des Pädagogenalltags.

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