Donnerstag, 16. August 2018

New York - Splitter 6

Der letzte volle Tag, morgen geht's nach Hause mit dem red eye flight, dem auf dem man vor Übermüdung rote Augen bekommt.

The Tenement Museum in der Orchard Street - eine Strasse mit Mietskasernen für Immigranten, im 18. Jahrhundert waren es arme Engländer, Iren und Schotten, einhundert Jahre später arme Deutsche, da wurde die Lower Eastside Little Deutschland genannt, dann kamen die Juden aus Osteuropa auf der Flucht vor Armut und Progromen. Die Wohnungen bestehen aus drei niedrigen Räumen, Küche, Schlafzimmer und Wohnzimmer mit Schlafnutzung. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts waren sie noch ohne Gas oder Strom, die Toiletten Plumpsklos im Hof, daneben der Wasserhahn für 20 Familien. Was für Mut und Verzweiflung, was für verzweifelter Mut war nötig, dass jemand aus irgendeinem Kaff stammend, dass doch seine Heimat war, aufbricht in ein Land, von dem er nichts weiß, dessen Sprache er nicht spricht und wo er doch hofft, ein wenig besser leben zu können. Wirtschaftsflüchtlinge oder -touristen, wie es jetzt so forsch und dreist heißt, allesamt.

Und es wurde ihnen auch hier nicht leicht gemacht. Ich wußte nicht, dass 1935 in den USA die Einwanderungsgesetze geändert wurden auf der Grundlage der Ergebnisse rassistischer eugenischer Forschung. Einwanderer aus nordischen Ländern wurden bevorzugt, Südländer, Asiaten etc. strengstens aussortiert. 1935. Eine aus Angst entstandene Idee und sie wirkt an so verschiedenen Orten gleichzeitig. 
https://de.wikipedia.org/wiki/Eugenik

Heute habe ich die Gumpertz Familie aus Preussen und die Baldizzis aus Sizilien ein wenig kennengelernt. Herr Gumpertz verschwand, als seine Frau das dritte Kind geboren hatte, Frau Gumpertz nähte dann Kleider für ihre Nachbarn und bekam ein wenig Hilfe von der jüdischen Wohlfahrt. Die Baldizzis überstanden die Depression, weil Frau Baldizzi in einem Sweatshop arbeitete. Wiki beschreibt einen in Sweatshop, als Ausbeutungsbetrieb, eine abwertende Bezeichnung für Fabriken bzw. Manufakturen, üblicherweise in einem Entwicklungsland, in denen Menschen zu Niedriglöhnen arbeiten.  

Hätte ich das überstanden? Ich weiß es nicht. Ich war behütet. I was lucky.

Am Abend auf dem Washington Square Park, einem Treffpunkt der Jugend, weil er neben der New York University liegt, sehen wir Freilichtkino, "Black Panther", das Publikum besteht aus schwarzen, weißen, braunen, gelben Erwachsenen und Kindern und deren Hunden.
Ich bin weiß, alle Helden meiner Kinojugend waren weiß, was muß es für eine Freude für meine Nicht-Weißen Mitmenschen sein, endlich mal einen Film zu sehen, in dem alle Helden ihnen gleichen und nicht mir.

Ich gebe wenig auf das White-Privilege Gequatsche, ein allgemeines, gutgemeintes
schlechtes Gewissen interessiert mich nicht, es ist so beliebig wie es nutzlos ist, aber ich begreife die zornigmachende Entfremdung, das Gefühl, des Ausgeschlossenseins. 



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