Donnerstag, 23. August 2018

Freundschaft

Freundschaft bezeichnet ein auf gegenseitiger Zuneigung beruhendes Verhältnis von Menschen zueinander, das sich durch Sympathie und Vertrauen auszeichnet. (Wiki, die alte Klugscheißerin)


Das hastige Herannahen meines 60. (ausgeschrieben: SECHZIGSTEN) Geburtstages bringt es mit sich, dass ich darüber nachdenke, mit wem ich diesen Tag verbringen möchte.
Zeige mir Deine Freunde und ich sage Dir wer Du bist.  
Wenn das stimmt, muß ich ein ungewöhnlich toller Mensch sein, oder ein Glückspilz. Reste von Bescheidenheit zwingen mich, letzteres anzunehmen. Was wäre ich ohne sie, ohne meine Freunde? Einsam.
Kollege, Kumpel, Bekannter, guter Bekannter, Verbündeter, Freund, bester Freund, Vertrauter, Herzensfreund, Lebensgefährte. Der Kürze wegen hier in männlicher Form, in der Realität oft weiblich.
Ach, gäbe es doch präzisere Worte für die wichtige Unterscheidung, hauchzarte Differenz, herztiefe Genauigkeit, derer es bedarf, um solcherlei wichtige Verhältnisse zu benennen. 

Da ist die Kinder-, Jugend-, Lebens-, Altersfreundin, mit der mein vierzehnjähriges Ich die Komplikationen der ersten Liebe und die Untiefen pubertärer Sexualität in stundenlangen Gesprächen durchschiffte und wenn wir nicht beieinander waren, haben wir telefoniert, mit Hilfe von altmodischen Bakelit-Apparaten mit Wahlscheibe. Sie hat zwanzig Jahre in einem anderen Land gelebt, Kinder bekommen, studiert, gearbeitet, gelebt und doch ist sie mir heute so nah, wie damals, 1974, im Operncafe, dass in der Nähe unserer Schule lag und wo wir Sozialismus, Anarchismus, Todesstrafe, Zungenküsse, die Komplikationen der 69er Position und unsere beidseitige Vorliebe für Schokoeis in jedwedem hochwichtigen Detail stundenlang und mit großer Ernsthaftigkeit diskutierten.
Oder die Herzensfreundin, die ich liebe, ohne Zweifel, rückhaltlos und die nicht aufhören kann zu rauchen, obwohl ihre Lunge lauthals "Halt" schreit. Aber sie kann über Landschaften in Ekstase verfallen und über Pflanzen und über Kunst. Sie ist ihr ganz eigener Planet und ich ihr Kosmonaut.  
Oder der Freund, mit dem ich verheiratet war, und dem ich mein Leben anvertrauen würde. Er lebt sein eigenes, eigenartiges Leben und läßt mich meins leben.
Oder der, der mein Lebenslanggefährte ist, auch wenn wir nicht über Persönliches reden.
Oder die Freundin, die zu früh gestorben ist, verflucht sei Gott, den es nicht gibt, und die ich vermissen werde, bis ich einst denselben Weg gehe.
Oder die gute Bekannte, die noch auf die große Liebe hofft und das Leben mit allen Kräften einsaugt.
Und der gute Bekannte, der die allerbesten Witze kennt.
Und der Verbündete, auf den ich mich in gemeinsamen Arbeiten hundertprozentig verlassen kann, weil er eine grundanständige, hochbegabte Spielmaus ist. 
Und der lebenslange Freund, den ich einmal im Jahr sehe und mich immer auf ihn freue, weil wir uns seit 46 Jahren kennen und immer noch mögen und weil er unter härtesten Bedingungen ein großartiger Photograph und Mensch geworden ist.
Und die Freundin, die mir ermöglicht hat, mich als kongeniale Schreiberin zu verwirklichen, obwohl sie mit drei Kindern wirklich anderes zu tun hat.
Oder die Freundin, die ich, scheinbar zufällig, meist in Krisensituationen treffe.
Und die, die deren Mentor ich bin und sie lehrt mich andere wichtige Dinge.
Und die, die wie eine Tochter ist, und die, die eine Tochter ist.
Und die, die mich verraten hat.
Und der, der mich verraten hat und sich selbst.
Die beiden werde ich nicht einladen, auch wenn, weil ich halt so sentimental bin, eine Ecke in mir, sie immer vermissen wird.
Manche meiner Freunde sind älter, manch jünger, mein Vertrauen, meine Vertrautheit, macht ihr Alter irrelevant.
Manche meiner Freunde kennen einander, andere nicht.
Ich bin die dankbare Nutznießerin ihrer großherzigen Freundschaftlichkeit.
Also 60 (Sechzig) - here I come. Und ich komme nicht allein.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen