Mittwoch, 6. Juni 2018

Edward St Aubyn - Patrick Melrose

Keine Ahnung wie ich damals auf die Bücher gestoßen bin, wahrscheinlich durch eine Zeitungsnotiz, aber ich habe alle fünf verschlungen, obwohl ich Prosa sonst nicht mehr so viel lese, wie früher.
Ich kenne die deutsche Übersetzung nicht, der Mann schreibt sehr trocken, böse, knapp, schnell und feinst ziseliert und so britisch. Er erlaubt sich über alles Witze zu machen, weil es sonst nicht zu ertragen wäre. Und auch wenn sein Spielort der englische Hochadel ist, habe ich von anderen nicht-adligen ähnliche atemstockenmachende Geschichten über Mißbrauch, Drogenflucht, Schweigen und Wut gehört. 

Never Mind, Bad News, Some Hope, Mother's Milk, At Last - die Titel der Bücher.

Neulich wieder ein kleiner Artikel über die Verfilmung der Romane als fünfteilige Serie fürs Fernsehen, mit, und jetzt kommt der Clou, denn den hatte ich beim Lesen vorm inneren Auge, Benedict Cumberbatch. 

Läuft auf Sky und mit einem Skyticket kann man damit auf dem Computer für acht Euro zwei Monate lang Serien gucken bis zum Erblinden.

Vier Folgen hab ich jetzt gesehen. Hui! Eine Reise. Die Episoden unterscheiden sich sehr voneinander, wie eine Art Sinfonie. Schnell & laut, lyrisch & schmerzhaft, mit harten Wechseln, anschwellend.

Wie Cumberbatch im ersten Teil den Junkie bis an die Grenze des Grotesken treibt ist grandios. Das habe ich, wenn auch gröber, so nur von Leonardo Dicaprio im "Wolf of Wall Street" gesehen. 
https://www.youtube.com/watch?v=T6ZVI6Ljg2M
Das ist wahnsinnig komisch und trotzdem starrt man mit Schrecken, während sich der Titelheld erniedrigt und selbstverletzt bis zur Unerträglichkeit.
Im zweiten Teil, dem vielleicht bedrückendsten, die Geschichte des einstigen Kindes. Wo findet man so einen begabten Jungen, der mir in langen Großeinstellungen komplizierte und tragische Abläufe nur mit den Augen erzählt? Hugo Weaving, alias Mister Smith in der Matrix, ist ein angsteinflössender Bösewicht und Vater, Jennifer Jason-Leigh eine dauertrunkene, nur scheinbar anwesende Mutter.
Auf einer Dinnerparty im dritten Teil, Prinzess Margaret, aka Harriet Walter, als eingebildete, ignorante Kuh, die sich Kraft ihrer blaueen Blutsuppe alles erlauben kann. Herrlich.

Bald kommt Teil fünf!

B. Cumberbatch, der deutsche Regisseur Edward Berger und E. St. Aubyn auf einem Sofa sitzend. © The Times


Zitat von St. Aubyn aus dem Times Interview:
I’ve spent 25 years being asked if I’m Patrick Melrose,” he told the magazine. “So it’s a great deal of relief to be able to say, ‘No, Benedict Cumberbatch is.’

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