Donnerstag, 30. November 2017

Women in trouble - Frauen in Schwierigkeiten

Ich hab mich so doll gelangweilt.
Ich hab mich so doll gelangweilt.
Ich hab mich so doll gelangweilt. 

Wie bestellt und nicht abgeholt lungern diese in Puppenstubenbühnenbilder herum, als hätte ein Kind seine gestörte Elternbeziehung nachgebaut.

So sehr sie Castorf und Pollesch schätze, stünden beide auch sprachlich für ein „Nach-außen-Theater, eine Explosion, ein Baff! ins Publikum. Was ich mache, gleicht einer Implosion, der Zuschauer wird in die Bühne reingesogen. Eine Art positiver Autismus. Mich interessiert die Trance, in der man sich durch den Rosenkranz betet.“  
Eva Biringer Die Welt
https://www.welt.de/kultur/article163258705/Mich-interessiert-die-Trance-beim-Rosenkranz.html

Ich hab mich so doll gelangweilt.
Ich hab mich so doll gelangweilt.
Ich hab mich so doll gelangweilt. 

Ihre Figuren tragen Masken aus Wachs, benehmen sich im Bühnenraum wie ferngesteuert und bewegen nur automatenhaft die Lippen. Sie sprechen nicht, die Stimmen kommen vom Band. Es sind keine Schauspieler, die in eine Rolle schlüpfen, sondern Avatare in einer künstlichen Plastikwelt, die den Blick des Publikums zurückspielen.
Xaver von Cranach Spex
http://www.spex.de/susanne-kennedy-stueck-ohne-spieler/ 

Ich hab mich so doll gelangweilt.
Ich hab mich so doll gelangweilt.
Ich hab mich so doll gelangweilt. 

Woman in trouble - Die Vermessung der Volksbühne - Video
https://www.youtube.com/watch?v=vgmVdSVJmhY 

Nach einer Stunde und zwanzig Minuten bin ich gänzlich erschöpft aus dem Theater heraus.
Alles an diesem Abend war eins mit sich. Wo beim "Fegefeuer von Ingolstadt" Fleißers Zorn noch Gegenwucht in die Konstruktion schob, waren hier auch die Worte nurmehr Konversationshülsen. 
In meiner Gegend in Mitte, gibt es solch merkwürdige Designläden, halbleer, eine anstrengende Leuchte, unbequeme Sitzgelegenheiten, vielleicht eine Sofadecke in greige, zwei Kissen aus Kunstpelz, auch das Personal ist hochgradig perfekt. Mir ist, als hätte ich heute Abend in einem solchen Geschäft meine Zeit verbracht, obwohl diese Bezeichnung wahrscheinlich viel zu prollig für solch ein Gesamtkunstwerk ist. Junge Menschen mit latexverhüllten Gesichtern playbacken steif und eigenartig unterspannt die über Lautsprecher eingespielten Dialogfetzen, versetzt mit Erklärungstexten und Bibelzitaten. 
Gleichbleibende Geschwindigkeit bei der sich konstant drehenden Bühne, den sich langsam bewegenden Personen, der unterliegenden Musikfläche (mit leichten Variationen), den Videos von Meteoren, Zellen, Wasserbewegung.

Es geht um Krebs, Tod, Geburt, Verlust, vermute ich. In luxuriöser Draufschau. Selbst als eine der "Angelinas" sich blutige Teile aus der Votze zog, Verzeihung, aber ein ätzendes Wort muß sein, sah das eher nach "Künstlerin strickt mit Hilfe ihrer Vagina" aus, als dass sich irgendeine Vorstellung von Blut, Verletzung oder Schmerz einstellte.




Nach ihrem Kunst-Auftritt Ende 2013, bei dem sie einen Schal mit Wolle aus ihrer Vagina strickte, erhielt Casey Jenkins eine Flut beleidigender Kommentare. Nun schlägt sie zurück und strickt all die Hasskommentare auf Poster. Natürlich wieder mit Vagina-Wolle.

Ich hab mich so doll gelangweilt.
Ich hab mich so doll gelangweilt.
Ich hab mich so doll gelangweilt. 

Nein, hier wird nicht Vereisung des Schmerzes, nicht artifizielle Fremdmachung der universellen Angst vorm Tod zelebriert. Solches habe ich gerade in 4000 Jahre alten Gräbern in Ägypten gesehen. Hier entschuldigt sich der Wohlstand, denn "uns" geht es auch nicht gut. Stimmt. Mein Beileid.

Ich hab mich so doll gelangweilt.
Ich hab mich so doll gelangweilt.
Ich hab mich so doll gelangweilt. 

1 Kommentar:

  1. Eine Freundin schrieb:
    Engobe heißt bei Dachziegeln die Schicht, die unempfindlich macht.
    Ich habe gestern eine engobierte Inszenierung gesehen. Lackierung, Maskierung - nicht nur der Schauspieler.
    Warum nur dieses Fernhalten von Schmerz.

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