Mittwoch, 18. Oktober 2017

Caligula & die Psychiatriepatientin

"Diese Welt ist so, wie sie gemacht ist, nicht zu ertragen."

Heute Nachmittag in Clärchens Ballhaus, der Spiegelsaal, absichtsvoll unrestauriert, gemütlich, geschichtsbeladen.





Am Abend im neuen BE - CALIGULA - Camus verzweifeltes Erstlingsdrama auf die Bühne gesetzt von Antú Romero Nunes mit Constanze Becker in der Titelrolle und anderen hochbegabten Spielern. Böse Clowns, die sich ihrer Wirkung nur allzu sicher sind. Es wird intensiv ironisiert. Aufwendig. Mit gigantischer Windmaschine, ästhetischem Regen, viel Nebel und einem nahezu unbespielten Bühnenbild von überdimensionalen Orgelpfeifen in der zweiten Stückhälfte. Und jede Menge Spritzblut gab es auch.
Ich mag diese Effekte, wenn sie klug eingesetzt werden. Ich bewundere Constanze Becker, die immer die Übersicht behält, ihre Mittel im Griff hat, spielend denkt und nix gucken läßt. Felix Rech ist so erstaunlich präsent, wie er es immer ist. Aljoscha Stadelmann chargiert selbstbewußt und Oliver Kraushaar zeigt maskuline Stärke. Und die von mir verehrte Annika Meyer, versucht dem Ganzen einen Hauch von existentieller Not hinzuzufügen.
Vor Jahren im Maxim-Gorki-Theater saß ich auf der Stuhlkante bei Nunes' Räubern. Heute saß ich ganz bequem und leicht ermüdet. Ironie bietet keine ernsthafte Konfrontation. 
Heute? Worum geht es? Warum das Ganze? Wen kümmert es? Ich weiß es nicht.


Auf dem Heimweg die Begegnung mit einer kleinen schwarzhäutigen Frau auf Droge mit dem Armband der psychiatrischen Tagesklinik. Sie changierte zwischen Kommunikation und aggressiven Ausbrüchen. Ich habe die Polizei gerufen. Die kamen nach zwanzig Minuten und verhielten sich hilflos. Sie wurde mit Handschellen gefesselt und ihre verzweifelten Schreie in Französisch hallen in meinen Ohren. Was hat sie erlebt, überlebt? Ein Krankenwagen hat sie weggefahren. Ich hoffe, dass ihr geholfen werden kann. Sie hatte keine Kraft für Ironie.



Wiki definiert Ironie so: Ironie (altgriechisch εἰρωνεία eirōneía, wörtlich „Verstellung, Vortäuschung“) bezeichnet zunächst eine rhetorische Figur (auch als rhetorische Ironie oder instrumentelle Ironie bezeichnet). Dabei behauptet der Sprecher etwas, das seiner wahren Einstellung oder Überzeugung nicht entspricht, diese jedoch für ein bestimmtes Publikum ganz oder teilweise durchscheinen lässt. Sie kann dazu dienen, sich von den zitierten Haltungen zu distanzieren oder sie in polemischer Absicht gegen angesprochene Personen zu wenden.

3 Kommentare:

  1. "Darum brauche ich den Mond oder das Glück oder die Unsterblichkeit, etwas, was unsinnig sein mag, was aber nicht von dieser Welt ist."

    Glück und Unsterblichkeit liegen in niemandes Macht... der Mond ist da.

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