Sonntag, 11. September 2016

Berlin in einer Spätsommernacht - Es gibt nur ein ökonomisches System in der Welt, und das ist der Kapitalismus.

Es gibt nur ein ökonomisches System in der Welt, und das ist der Kapitalismus.
Margarete Thatcher

Berlin ist nicht wie Italien. Nicht strahlend lichtüberflutet, wohlig warm, durchwirkt von sommergeschwängerter Luft. Nicht. Keineswegs.
Kaum steigt die Temperatur über 18 Grad spielen wir Berliner leicht übertrieben, es sei Sommer, zu wenig Kleidung, zu gute Laune, Cafestühle überfluten alle Bürgersteige, die Endlichkeit der warmen Tage erzeugt Übereifer. Jetzt trinken wir Kaltgetränke, jetzt mögen wir ungekochte Vorspeisen. Minze und Basilikum haben Hoch-Zeit. Berlin hat Sommer, wie Kinder Schokolade haben, zu viel auf einmal, zu kurz und danach hat man Bauchschmerzen. Sommer, ein rares SuperSonderAngebot, ein Bonus für brave Berliner.

Die Touristen sind eine ganz eigene Armee mit anderen Regeln.

Wir wissen, dies ist auf Zeit und ist bald, sehr bald vorbei. Grau und kühl ist der Normalzustand. Dreckig bleibts. Egal. Es ist herrlich.

 Im Hinterhof, da wo ich wohne, 
wenig Platz, Kneipe, DJ-Musik, Efeu, viele Leute und ein Kino. 

 Kleidsames Grünzeug

Mein Abend begann schrecklich. Keine Details. 
Eine präzise Redewendung benennt den Zustand pathologischer, bedauernswerter Eitelkeit auf den Punkt: jemand hat seinen Kopf so tief im eigenen Arsch, dass er seine Wiirkung auf andere nicht mehr bemerken kann, denn dort, im Arsch, ist es dunkel, sehr dunkel. Having ones head up ones arse.
Zur Erholung ein Spaziergang, an der Spree. Gegenüber des Bodemuseums wird getanzt, eng getanzt, die Generationen, ein seltener Vorgang, mischen sich.
Würden doch diese Sommernächte ewig dauern. Aber könnten wir sie dann noch so geniessen?

Democracy is the worst form of government, except for all the others.
Winston Churchill 

Nachtkino. "High Rise" im Central. Am unsanierten zweiten Hinterhof, auf dem gefeiert wird, ein schönes Kino, klein & leicht versifft. Gutes Programm und die ganze Woche durch Spätvorstellungen.

HIGH RISE
Ein Film von Ben Wheatley.
Tom Hiddelston wieder einmal, wie schon in der Hochpolierten-Le Carré Verfilmung  "The Nightmanager", in hautengen, zu gut gutsitzenden Anzügen. Nur trägt er sie hier, im zweiten Teil, blutfleckig, mit hochgekrempelten Hosenbeinen. Die Zeit, der Stil ist irgendwie in den Siebzigern, die Autos verraten es uns, die graue abgeknickte Betonstruktur des Titel-Hochhauses, das für ein idealistisches soziales Experiment, das aus dem Ruder läuft, steht.

 Hiddleston, hier ohne Anzug

Tom Hiddleston, heute einer der aussichtsreicheren Kandidaten für den nächsten Bond-Job, spielt diese Rolle, als hätte er eine eingebaute, stufenlose Regelung für Grade der Kultiviertheit. Anfangs fügt sich seine lange, dünne Figur wie ein weiteres vertikales Baumerkmal in die Geometrie des Hochhauses. (Zeit online)
Ein anstrengender Film. Unerbittlich und doch auch kindlich. Wütende Kapitalismuskritik, toll photographiert, zu absichtsvoll, und unbedingt zu lang. Ich habe verstanden, lang bevor der Film zum Ende kommt.

Die englische Elite hat einen Plan, einen wohlgemeinten. Es soll alles besser werden für die britischen Bürger. Dazu braucht es lediglich ein neues gesellschaftliches Ordnungssystem. Also wagt man mit dem Einverständnis aller ein soziales Experiment, eine Utopie der Selbstversorgung. Und dann geht alles schief. Nicht erfüllte Versprechen werden zu Enttäuschung, Enttäuschung zu Wut, Wut zu Revolution, Revolution zu Anarchie. Am Ende bleibt den Überlebenden nur die Asche dieses Traums, um etwas Neues zu beginnen. Spiegel online
Klassenkampf. Was für ein erstaunlich archaisches Wort, würde man fast denken. 

http://www.spiegel.de/kultur/kino/high-rise-mit-tom-hiddleston-sex-gewalt-und-eine-dose-hundefutter-a-1099966.html 

„High-Rise“ ist sehr erwachsenes Kino, fernab der unzähligen Feelgoodmovies, die derzeit für die Generation 50+ produziert werden. Inspirierend unangenehm und sogar – im Hinblick auf die viel diskutierte Identitätskrise der Mittelschicht – sehr aktuell. Keineswegs nur was für Leute, die in jenen Siebzigern selber jung waren. Tagesspiegel

There is only one economic system in the world, and that is capitalism. The difference lies in whether the capital is in the hands of the State or whether the greater part of it is in the hands of people outside of State control. Where there is State capitalism there will never be political freedom. Where there is private capitalism there may not be political freedom, but there cannot be political freedom without it. 
Margaret Thatcher House of Commons Speech Source:Hansard HC [921/16-48]

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