Donnerstag, 25. August 2016

Meseberg, Lindow, Neuglobsow, Rheinsberg, Gransee - Das Ruppiner Land

Ein plötzlicher, glorioser Spätsommerausbruch und wir fahren ins Brandenburgische 

Gelbe Reisetasche packen, Navi an, eine Stunde fahren und ich bin, wiedermal in einer bekannt-unbekannten Welt, im Nordwesten Brandenburgs, dem Ruppiner Land: weite Felder, Wiesen, leicht hügelig, viele Wälder, noch mehr Seen, Geschenken der letzten Eiszeit, dazwischen kleinste und etwas größere Dörfer und sobald man von der 96 runterfährt, Alleen. In jedem Dorf eine Kirche, deren hier und da noch sichtbare Feldsteinvergangenheit durch barocke Umbauten verwirrt worden ist. Ich liebe die vereinzelten "verbretterten" Türme.

Meseberg, ein ganz kleines Dorf zur Gemeinde Gransee gehörig; ein paar wenige Häuschen, ein Dorfwirt, ein Schloß - Gästehaus der Regierung, aber erstaunlich unmartialisch geschützt - und ein kleines feines Hotel. Das Schloß hat strenge, klare Linien, viel offene Fläche drumrum und hier und da einen barock beschnittenen Baum. Als wir im Hotel ankamen war Frau Merkel aus dem Schloß gerade abgereist. Es war sehr ruhig, bis auf drei fleißige Leute, die unentwegt und mit manischer Präzision den Rasen um das Schloß mähten, denn am Freitag kommt das Verteidigungsministerium!
Ein Weinberg, Apfelbäume mit Ästen, die unter der Last roter Äpfel angestrengt schwer gen Erde hängen und es hat auch einen See, der Huwenowsee, man kann ihn in anderthalb Stunden auf einem laubüberschatteten Pfad umrunden und in ihm baden. Er ist trüb und kühl und ganz weich.


Angela Merkel bei der Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg. (Quelle: dpa)
 
"Schloss Meseberg war ein kostbarer Besitz. Wie ein Zauberschloss liegt es auch heute noch da."
Theodor Fontane


Lindow umgeben von drei Seen: dem Wutzsee, dem Gudelacksee und dem Vielitzsee. Bäume, schöne Bäume, viele Bäume, Buchen, Eichen, Kastanien (Die Miniermotte scheint deutlich zurückgedrängt, wenn auch nicht verschwunden.) und Ahorn mit auffällig großen Blättern. Gefallene Bäume werden nur zersägt und aus dem Weg geräumt, und liegen dann "gefällt wie ein Baum" in der Gegend herum. Gigantische Leichen oft noch mitsamt ihrer meterweiten Wurzelballen.


Zwischen Lindow & Merseberg liegt ein Dorf, das heißt Keller. In einem Buch über brandenburgische Kirchen fand ich folgendes gänzlich unpassende Zitat:
 
"Alle Religionen Seindt gleich und guht wan nuhr die leüte so sie profesiren Erliche leüte seindt, und wen Türken und Heiden kähmen und wolten das Land Pöpliren, so wollen wier sie Mosqueen und Kirchen bauen."
Rand-Verfügung des Königs Friedrich II. von Preußen 
zum Immediat-Bericht des General-Directoriums. Berlin 1740 Juni 15 






Auf einer Tafel am Eingang zu den Ruinen des Klosters und späteren "Landesherrlichen Fräuleistiftes" LindowLindow war eines der reichsten Köster in der Mark Brandenburg. Der Landsitz betrug 90 000 Morgen und 18 Dörfer, 20 wüste Feldmarken, neun Wassermühlen, etliche Fichteiche und Seen bis zum Großen Stechlinsee.
Was wohl wüste Feldmarken sein mögen? Verlassene, wüste, verwüstete Stätten?
 






Demmeln auf dem Wutzsee. Ich habe mit einer Freundin gedemmelt, deren Ehemann aus Thüringen stammt. Wiki sagt: Ilmthüringisch ist eine thüringische Mundart, die im Gebiet Katzhütte-Rudolstadt-Jena-Stadtroda-Nebra-Weimar-Stadtilm-Gehren gesprochen wird und demmeln bedeutet im ilmthüringischen Dialekt halt treten. Als bin ich nicht Tretboot gefahren, eine selten dämliche Fortbewegungsart, sondern ich habe gedemmelt. Ist ein bisschen wie irischer Tanz, Lord of the Dance und so, obenrum sieht man entspannt aus und unten wird gedemmelt.



 Rheinsberg
Edles Schloß, Freilichtopernaufführungen nur bis Mitte August, es war heiß.

Neuglobsow am Stechlinsee


Betonkunst
So ein besonders schöner See, ganz klar. Ein Strandbad, sonst ist das Ufer unbesiedelt, hier und da kleine, wilde Badestellen, manche Menschen sind bebadeanzugt, manche nackt, wen scherts. An unserer befand sich die Wohnstelle einer Barschfamilie, die ihren Unmut ob unsrer Anwesenheit deutlich machte, indem sie sich weigerten wegzuschwimmen. Auf dem Rückweg ein herrliches Mittag in einer Fischbraterei, die Stechlinfisch auf die einfachste und beste mögliche Art anrichtet.
 




Ein Baummonster

Baummonster züngelnd in Nahaufnahme

Gransee

Eine feine Kirche. 140 Stufen auf einen der Kirchtürme sind trotz Raucherlunge ein lohnender Aufstieg. Unsere Begleiterin, Kirchenführerin auf 400 Euro Basis hat fast eine Stunde mit uns auf dem Kirchturm verbracht. Eine kleine hübsche Frau, der erste Mann starb fünf Monate nach der Geburt des zweiten Kindes, der zweite Mann, eine Notlösung hat sie nach Gransee gebracht, war aber nicht das Richtige. Die Söhne sind klug und arbeitsam. Sie darf nicht mehr "mit den Händen" arbeiten wegen eines Augenleidens, aber sonst gibt es hier keine Arbeit. Und sowieso verdient niemand mehr als 1000 Euro, wie soll man damit eine Familie ernähren. Gottseidank hat sie ihre Witwenrente. Bald zieht sie hier weg nach Magdeburg.























1 Kommentar:

  1. Schön und treffend beschrieben, ich kenne die Ecke etwas.

    Übrigens: Auch Rheinsberg "City" + das Rheinsberger Hafendorf sind in der Ecke einen Bummel wert, nicht nur das Schloss und sein Park.

    Und gut und günstig und hübsch am Teich Fisch essen geht in der "Fischerei Pfefferkorn" in Alt-Friesack:
    https://www.tripadvisor.ch/ShowUserReviews-g1053633-d6901388-r340372130-Fischerhutte_Pfefferkorn-Fehrbellin_Wustrau_Altfriesack_Brandenburg.html

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