Freitag, 14. August 2015

ImEx in der Alten Nationalgalerie


Ist es nicht großartig, dass Menschen stundenlang anstehen, um Bilder ansehen zu können?
(Ich war um halb Zehn da und war um zehn nach Zehn schon drin, fand ich auch großartig.)
Sie stehen an fürs neue iPhone und für Justin Bieber, aber eben auch für Kunst. Und nicht nur ältere Herrschaften! Warum schaffen das Theater nicht? Jedenfalls hier nur selten. In England kehren die Filmstars zwischendurch immer wieder brav zum Theater zurück und ihre Fans wagen ihretwegen das für sie fremde Abenteuer Theater. Aber wer will schon Till Schweiger als Hamlet sehen? So viele Worte mit der Quieksstimme und scharf denken müsste er auch noch.
 
 Lesser Ury
Im Café - Frau in Rot
1911
Ury soll eines Tages in Liebermanns Atelier gestanden und an einem dessen Bilder herumgekrittelt haben. Später verbreitete er, er habe Liebermanns letztes Bild fertiggestellt: „Det darf er", soll Liebermann darauf geantwortet haben und setzte nach: „Wenn er allerdings behauptet, eines seiner Bilder sei von mir, dann verklag´ ich ihn."
Wiki 

Impressionismus & Expressionismus, Frankreich & Deutschland - die Ausstellung sortiert aber eben gerade nicht nach diesen erwartbaren Prinzipien, sondern nach Themen, Inhalten, Sujets. Die Bilder hängen eng, sehr eng, bedrängen sich fast und nehmen sich doch nicht die Luft. Manche kennt man schon fast so gut wie alte Bekannte, manchen sieht man die Bemühung um Neuartigkeit an, manche übersieht man, manche reißen einem ein Lachen ins Gesicht. 

Karl Schmidt-Rotluff
Bildnis Rosa Schapire
1911

Oder das.


 Ernst Ludwig Kirchner
Potsdamer Platz
1914

Unverschämt. Notwendig. Dringlich. Ob sie sich ins Licht versenkten oder das Innere nach außen zerren wollten, schien mir nicht wichtig, weil sie suchten, nach dem, was nicht greifbar ist, dieser Verbindung zwischen Innen und Außen, der dünnen Schicht Wahrheit zwischen Maske und Chaos, der Wahrheit. Ein großes Wort. "Die Wahrheit liegt zwischendrin", hat Ionesco gesagt. Dieses Zwischendrin, nicht Im, nicht Ex, habe ich heute manchmal erahnt.

Max Slevogt
Selbstbildnis mit Pinsel und Palette
1895

Max Beckmann
Doppelbildnis Max Beckmann und Minna Beckmann Tube
1909


Henri de Toulouse-Lautrec
Clown
1886/87



Edgar Degas
Die Unterhaltung
1884

Cezannes "Junger Mann mit roter Weste" sollte von der Düsseldorfer Kunsthalle angekauft werden. Daraus wurde nichts, weil der Kritiker Eduard von Gebhardt protestierte; ihm gefiel nicht, daß der rechte Arm des jungen Mannes länger geraten war, als die Anatomielehre gestattete. Das Bild wurde aber ausgestellt, und eines Tages trafen sich vor ihm Eduard von Gebhardt und Max Liebermann. Ein Meinungsstreit entbrannte, in dem Liebermann die Komposition und Farbstimmung des Gemäldes lobte. Darauf erwiderte Gebhardt erregt: Und was sagen Sie zu dem unendlich langen Arm?
Der Arm ist so schön, sagte Max Liebermann, der kann gar nicht lang genug sein.
Aus einer Liebermann-Anekdoten-Sammlung

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/imex-in-berlin-zwischen-impressionismus-und-expressionismus-13605463.html

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/impressionismus-expressionismus-in-der-alten-nationalgalerie-a-1034865.html 

http://www.zeit.de/2015/16/impressionismus-paul-durant-ruel-ausstellung-london

Habe mir zum ersten Mal den Entwurf zur Neugestaltung der Museumsinsel angesehen, er stammt von David Chipperfield, dem ich sehr vertraue, denn was er für die Restaurierung des Neuen Museums ersonnen hat, ist mehr als wunderschön. Aber für Alt-Berliner wird es trotzdem sicher der Gewöhnung bedürfen, die grau verramschten Fassaden so umbaut zu sehen, aber da es eine von der Stadt Berlin finanzierte Bauunternehmung ist, haben wir dafür sicher reichlich Zeit.




 Nur das schöne olle Bodemuseum bleibt allein und unverbunden, wie es scheint, da liegt halt die S-Bahn dazwischen.

2 Kommentare:

  1. Michael Dressel schrieb:
    Hab die Ausstellung vor ner Weile gesehen. Die Zusammenstellung erschien mir chaotisch. Hat mich nicht ueberzeugt. Aber macht nix, es gab genug schoene Bilder zu begucken. Schoen das die Nationalgalerie mal ein paar der grossartigen Bilder aus dem Verliess holt die sie sonst nie zeigen weil sie meinen das passe nicht in ihr Konzept.

    Dietmar Hochmuth
    ich fand sie wunderbar!

    Christiane Ehmke
    Ganz wundervolle Ausstellung; die mir gerade in ihrer unverhofften, gegensätzlichen und auch verbindenden Hängung sehr gut gefällt...

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  2. Pascal VWrob schrieb:
    Ich hoffe, dass ich sie noch sehen kann und mir ist das völlig Wurscht, ob das chaotisch ist, ich will diese wunderbaren Bilder betrachten!

    Dietmar Hochmuth
    es ist überhaupt nicht chaotisch gehängt, im gegentum: sehr bedacht. und das führt zu erstaunlichen überraschungen, erlebnissen.

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