Montag, 2. März 2015

Post-Premieren-Blues


Mag die Premiere herrlich, erfolgreich und jubelnd gewesen sein, wie es diese letzte war, oder gänzlich grässlich oder, was viel schlimmer ist, halbgut, mittelmäßig, in den Tagen danach fühle ich mich elend. 
Wie ein leergelaufener Weinschlauch, ein Schuh mit halber Sohle, ein Hirn ohne Windung. 
Diesmal ist es noch verwirrender, denn ich bin gänzlich ausgeleert.
Die Probenbedingungen waren absurd, der Außendruck auf das Theater und seine/meine Mitarbeiter immens, das Stück ein harter Brocken.
Zwei neue Stücke warten, aber da sind keinerlei Neuronen, die irgendwelche Gedanken, Einfälle oder wenigstens vorliegende Informationen weiterleiten, verbinden und in sinnvolle Zusammenhänge bringen könnten.
Surreale Schnipsel des verlassenen, fertigen und doch nicht, nie zu Ende kommenden Stückes schwirren in meinem Kopf herum.
Alle. Ich bin alle.
Koffer werden ausgepackt, Wäsche wird gewaschen, Schuhe geputzt, anstehende Bürokratie durchforstet, Post beantwortet, das eigene Bett grüßt mit ausreichend Fläche und rechter Festigkeit. Himmlisch.
Aber mein Kopf, mein lieber Kopf ist noch im Koma. Er mag sich nicht beteiligen, nicht regen, nicht denken, nicht wach werden. 
Es wird besser werden. Übermorgen oder Überübermorgen regt sich wieder was.

Nicht müde werden
sondern dem Wunder
leise
wie einem Vogel
die Hand hinhalten.


Hilde Domin

P.S. Und dann schreibt Tobi Müller (der Name mag einiges entschuldigen) eine Kritik, die keine ist, weil der "Spiegel" nie über eine Premiere in Rostock einfach so berichten würde, sondern nur weil er das abgelatschte Baal/Castorf/Brecht-Erben/Freiheit des Regisseurs - Thema nochmal irgendwie unterbringen will, und er bringt alles durcheinander und schreibt Unrichtigkeiten und es ist eigentlich egal, aber meine übermüdete Eitelkeit ist gekränkt. Er hat nicht geguckt, sondern nur abgehakt. 
Was macht Gegenwärtigkeit auf der Bühne aus? Eindeutige Heutigkeit oder/und Angebote für den Zuschauer, selbst Parallelen zu ziehen? 
Fuck him! Aber nicht heute, erst, wenn ich wieder wach bin.

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