Montag, 9. Februar 2015

Tracht & Eintracht & Zwietracht & Niedertracht & trachten




Wer Zwietracht sät, arbeitet für des Teufels Scheuer

Ich spreche und quatsche und rede so vor mich hin und höre auch vielen zu und manchmal begegne ich mittendrin einem Wort, nicht unbekannt, aber doch nie bedacht verwendet, und das Wort lungert dann so herum und will, dass ich es ausprobiere, in Sätze einbaue, genauer drüber nachdenke. So ein Stocker-Wort kann wie eine kleine Gräte im Hals stecken, ohrwurmartig Schleifen bilden oder nur kurz in der Sicht auftauchen und schnell wieder verblassen. Und manchmal bemerke ich so ein Wort in einem bestimmten Zusammenhang und dann scheint es in ganz anderen Konstellationen aus jeder zweiten Ecke zu schnipsen. Seltsam.

Meine Beschreibungen:
Eintracht - friedlich & harmonisch, mit der Gefahr öde und stagnierend zu werden, wenn sie um jeden Preis bewahrt werden soll.
Zwietracht - Unfrieden und Neid, nicht Uneinigsein, sondern gegeneinander, sich nicht mehr wahrnehmend, aber verurteilend.
Niedertracht - wenn man ihr begegnet, auch in sich selbst, reißt sie einem die Beine weg.
Tracht Prügel - dazu interessant zu lesen: http://www.welt.de/print/wams/kultur/article136989914/Es-muss-weh-tun.html

Aber dieses ganze Mahagonny
Ist nur, weil alles so schlecht ist
Weil keine Ruhe herrscht 
Und keine Eintracht
und weil es nichts gibt
Woran man sich halten kann
b.b. 

Tracht
eine Tracht Prügel - umgangssprachlich: Schläge: eine Tracht Prügel/(auch:) eine Tracht bekommen, kriegen; jemandem eine [gehörige] Tracht Prügel verpassen; zu »Tracht« in der älteren Bedeutung»aufgetragene Speise«; Prügel, die man jemandem verabreicht, wurden früher oft mit Gerichten, die man jemandem serviert, verglichen
Duden 
dazu Tracht - dracht: das, was getragen wird

Staatskunst ist die kluge Anwendung persönlicher Niedertracht für das Allgemeinwohl. 
Abraham Lincoln

Zwietracht
aus mittelhochdeutsch zwitraht, abgeleitet von enzwei tragen, „sich entzweien, uneinig sein
Wiktionary

Meint ihr, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf Erden? Ich sage: Nein, sondern Zwietracht. Denn von nun an werden fünf in einem Hause uneins sein, drei gegen zwei und zwei gegen drei. Es wird der Vater gegen den Sohn sein und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen die Schwiegertochter und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.
Jesus in Lukas 12, Vers 51 bis 53

Eintracht
mittelhochdeutsch eintraht „Übereinkunft, Absprache, Vertrag“, abgeleitet von mittelhochdeutsch über ein tragen „übereinkommen, -stimmen, sich vertragen, beschließen, vereinbaren“; vergleiche frühneuhochdeutsch übereintragen. Das Wort ist seit dem 14. Jahrhundert belegt.
Wiktionary
Zustand der Einmütigkeit, der Harmonie mit anderen
Universal Lexikon

Wo Zwietracht, laß mich Eintracht bringen 
F. von Assisi

Niedertracht - bewusst gemeine, hinterhältige, boshafte Gesinnung
niederträchtig
Das Adjektiv gehört seit dem 15. Jahrhundert zum Standardwortschatz und leitet sich vom mittelhochdeutschen nidertrehtic, nidertrechtic herablassend, zu mittelhochdeutsch sich tragen, sich benehmen (also sich nach unten benehmend) ab. Im 16. Jahrhundert kommt auch hochträchtig im Sinne von hochfahrend dazu. Im 18. Jahrhundert verschlechtert sich die Bedeutung zu sittlich gemein und gering geschätzt, verächtlich. Hierzu entsteht dann die Rückbildung als Substantiv Niedertracht.
Wiktionary

Eintracht ernährt, Zwietracht verzehrt

traktieren mittelhochdeutsch trahten, althochdeutsch trahtōn < lateinisch tractare, traktieren - etwas Bestimmtes zu erreichen versuchen, 
Wiktionary
tractare - bearbeiten, berühren, schleppen, untersuchen, verhandeln, verwalten, behandeln, benehmen, besprechen, herumzerren
herumziehen, leiten, sich beschäftigen, verarbeiten, überdenken
Wörterbuch Deutsch-Latein


Psychomachia of Prudentius London
British Library MS Cotton Cleopatra C. VIII, Canterbury, Christ Church, 
Illuminierte Handschrift des 8. Jh.s n. Chr. 
Die Eintracht wird von der Zwietracht leicht verwundet.

 
Die Zwietracht schlingt mit Schlangenarmen
Die Todesfackel ohn' Erbarmen
Und würgt mit Wut in einem Augenblick,
Der göttlichen Vernunft zur Schande,
Die ganze Hoffnung ganzer Lande
Und mancher Jahre schönes Glück.
J.G. Seume


Die Masken der Niedertracht 

Seelische Gewalt im Alltag und wie man sich dagegen wehren kann
Marie-France Hirigoyen
Taschenbuch
http://www.amazon.de/Die-Masken-Niedertracht-Seelische-dagegen/dp/342336288X/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1423514852&sr=8-1&keywords=die+masken+der+niedertracht

3 Kommentare:

  1. Was für eine feine Betrachtung einer Wörterfamilie, die so ganz allmählich aus unserem aktiven Sprachgebrauch verdrängt wird und durch ihre gängigen Synonyme nur unvollkommen ersetzt wird.
    Das Wort NIEDERTRACHT und sein Adjektiv NIEDERTRÄCHTIG werde ich ab sofort nutzen, Anlässe gibt es genug. ( Man kann den Klang von Verachtung hineinspechen und heraushören.)

    Wenn ich den Wörtern nachlausche, fällt mir auf, dass ich das im Wortstamm verwandte Verb TRACHTEN ( eigentlich wertfrei : erzielen wollen, erreichen wollen) nur noch in negativer Konnotation ( jemandem nach dem Leben, seinem Besitz usw. trachten) kenne : also etwas eher durch Übergriffe erzielen wollen. Selbst in der Wendung "nach Ruhm / Ehre trachten" liegt etwas Ungehöriges.

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  2. Trächtig, das ist doch wenigstens positiv besetzt. Hat mich ein Bekannter drauf gebracht.

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  3. Mann tracht und Gott lacht - jiddisches Sprichwort.

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