Samstag, 5. Juli 2014

Theater hat auch einen magischen Tanz


Hasenfuss und Hühnerei. 
Zaubergeister, fliegt herbei!

           Vor vielen Jahren, noch am Deutschen Theater, filmte eine Fernseh-Crew Teile 
           einer Hauptprobe für einen Vorbericht, der Redakteur bemerkte meine Art der 
           Teilnahme am Bühnengeschehen und lenkte die Kamera, von mir unbemerkt, weg
           von der Bühne in Richtung Regietisch - so habe ich in der Berliner Abendschau   
           das erste Mal sehen dürfen, was ich, ohne mir dessen bewußt zu sein, mit Körper,   
           Mimik und Atmung veranstalte, während die Schauspieler die eigentliche Arbeit tun. 
           Es war kein schöner Anblick.


           Auf dem Bild ist die Spitting Image -Version von Margaret Thatcher
           zu sehen, aber bis auf die Frisur, gibt es doch leider eine gewisse Ähnlichkeit
           mit mir während einer gewöhnlichen Probe.

Donnawetta!
Uff de Bretta looft 'n Kata - is Theata.
Kommt 'ne Maus - Spiel is aus.

           Bei einer meiner ersten Produktionen versuchte mein Zwerchfell, für fünf
           Personen, also alle auf der Bühne agierenden Spieler, mitzuatmen, ihre
           Atemipulse sozusagen durch Telekinesis zu beeinflussen, was nach kurzer Zeit zur
           Fastohnmacht durch Hyperventilation führte. Kopf schlägt auf Vordersitz,
           Beule bildet sich auf Stirn, Würde des Jungregisseurs erleidet Einbuße.
           Ein anderes Mal habe ich einer Regieassistentin, die hilfreich und unschuldig mit 
           Papier und Stift neben mir saß, so oft in den Oberschenkel gekniffen, dass ein
           gigantischer blauer Fleck entstand. Sie hat es mit Größe ertragen. Warum mein 
           Körper meinte, dass die Mißhandlung meiner Mitarbeiterin dem Bühnengeschehen
           zuträglich wäre, weiß ich nicht. 
           Ich hechle, stöhne, rucke, zucke, springe auf, wechsle den Sitz, grimassiere,
           murmele Texte und Untertexte mit und verhalte mich alles in allem, wie jemand 
           mit einer schweren Form von Theater-Tourette. Leider macht dies mir auch
           unmöglich, die eigenen Premieren anzuschauen.
           Mittlerweile bin ich weniger gewalttätig oder ich setze mich zumindest weiter 
           weg, aber mein Unterbewußtsein, oder der innere Spielteufel oder das was in 
           mir die Theatergötter beschwört, zwingt mich noch immer zum Hexentanz. 
           Etwas archaisches in mir versucht Kraft, Hitze, Liebe, Wut gen Bühne zu schicken,
           um zu helfen oder um nicht ausgeschlossen zu sein vom Spiel. Regisseur
           ist ein einsames Handwerk und vielleicht sucht mein Körper die wärmende
           Gemeinschaft des Spiels, oder er will die Kontrolle, wenn es auch nur eine 
           eingebildete ist, nicht abgeben. Wer weiß. 
           Ich weiß nur: nach Durchläufen verlasse ich die Probe durchgeschwitzt und 
           wie durchgeschüttelt, obwohl ich doch nur zugeschaut habe.
           Utzt, der großartige ehemalige Chefmaskenbildner des DT hat mich oft gewarnt,
           dass übermäßiges Grimassieren zu früher heftiger Faltenbildung führt, recht
           hatte er, aber der Tag, an dem ich einem Schauspiel in entspannter, cooler
           Distanz folgen kann, ist der Tag, an dem ich mir einen anderen Beruf suchen werde.
          
Hokuspokus Fidibus,
drei Mal schwarzer Kater!


1 Kommentar:

  1. Physik :
    Energieübertragung kann auch über Systemgrenzen hinweg funktionieren.
    Psychologie :
    Es gibt das Phänomen der Syn-Allergie bei Personen mit enger Verbundenheit. (Dein Liebster isst verdorbenen Kartoffelsalat, ihm wird übel, aber Du musst kotzen.)

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