Sonntag, 1. Dezember 2013

1. Advent: Das fluktuierende Selbstbewusstsein des Freischaffenden


  Wie fast jeder mir bekannte Freischaffende gleite, stolpere 

  und tanze ich mit übermütigem, nichtzugenauhinschauenwollendem 
  Selbstbewusstsein auf dem dünnen Eis der Angst vor der 
  Arbeitslosigkeit, gelegentliche Schlitterattacken inbegriffen.
  Jetzt geht es gut, sehr gut, aber weiß ich, wie lange es noch  

  so gehen wird?
  Die mythische Gegenwart des nichtklingelnden Telephons oder des 
  nicht das erhoffte Angebot enthaltenden, spamgeplagten 
  Emailordners ist schnöder Alltag. Heute bin ich König der
  Stadttheaterwelt, und morgen nurmehr Narr oder Hofschranze im 
  häßlichen grünen Satinsnzug mit bunter Schärpe, verschämt auf 
  fremden Premierenfeiern lungernd mit besorgten suchenden Augen 
  und zu raschem munterem Lächeln. 
  Wenn ich also sagen kann, dass ich bis Sommer 2015 nahezu
  ausgebucht bin, dann ist dies das geschriebene Äquivalent eines 

  gejubelten und gehüpften Juchuhs!
  Ich liebe meine Arbeit und ich meine das oft mißbrauchte Wort 

  lieben hier in seinem vollen, umfassenden, herztiefen Sinn.
  Wiki schreibt lakonisch: "Liebe ist im Allgemeinen die 

  Bezeichnung für die stärkste Zuneigung und Wertschätzung,die      
  ein Mensch einem anderen entgegen zu bringen in der Lage ist. Der 
  Erwiederung bedarf sie nicht." Aber ohne Erwiderung ist das Leben
  eine Qual. Ich liebe meine Arbeit, aber liebt sie mich, oder 

  lieben mich wenigstens die "Arbeitgeber"? All you need is ...!
  Ich bin glücklicher Besitzer eines Privatlebens, aber meine 
  Arbeit ist wichtiger Teil von mir, und auf verflixte und   
  ganz und gar unästhetische Weise auch bestimmender Faktor meines 
  Kontostandes. Normale Absurdität: man tut etwas über Jahrzehnte   
  immer auf Anfrage, immer in direkter Verwicklung mit dem Angebot-
  und-Nachfrage Axiom. Der Markt ist konkret und eindeutig stets 
  gegenwärtig. Die Lorbeeren auf denen man sich ausruhen könnte,
  sind nur geleast. It keeps you on your toes! Aber es ist auch
  anstrengend, Teil des mittleren Marktes zu dein - nicht wirklich 
  gefährdet, aber auch nie auf längere Zeit gebettet. Andererseits:
  In nächster Zeit: Shakespeares Könige, Lear, Hamlet, eine Oper,
  Virginia Woolf - keiner weiß was folgt, und es nicht zu wissen, 
  ist auch wunderbar, weil es könnte ja etwas völlig  Neues,
  Überrraschendes sein.
    
 © Benjamin Thompson

  Ein lyrisch verbrämtes Danke an die, die mir geholfen haben, 

  eine recht lange Liste von hilfreichen Menschen, die nicht 
  veröffentlicht werden wird und ein Gruß zum Ersten Advent!

Vom Glück 

Wer entkommen will, braucht Glück
Ohne Glück
Rettet sich keiner vor der Kälte 
Vor dem Hunger oder gar vor Menschen. 

Glück ist Hilfe

Ich habe viel Glück gehabt. Deshalb
Bin ich noch da. 
Aber in die Zukunft schauend, erkenne ich schaudernd
Wieviel Glück ich noch brauche. 

Glück ist Hilfe. 

Stark ist, wer Glück hat. 
Ein guter Kämpfer und ein weiser Lehrer 
Ist einer mit Glück. 

Glück ist Hilfe 
 
Bertolt Brecht

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Das moderne Prekariat an deutschen Bühnen

 Arte Journal

"Es gibt Statistiken, dass ein Schauspieler, im Durchschnitt,
10 000 Euro im Jahr verdient."
http://www.arte.tv/de/das-moderne-prekariat-an-deutschen-buehnen/7716928,CmC=7717178.html


1 Kommentar:

  1. Carsten Sonnenberg
    Viel erfolg bei deiner langen schweren Liste

    Mireille Adieu
    Du formulierst immer wieder so exakt und gut beobachtet. Deine Texte beschreiben oft geradezu unheimlich genau meine Gefühlslage. Danke dir. Hör nicht auf.

    Der Witz ist ja, Carsten Sonnenberg, die listen können gar nicht lang und schwer genug sein und man flucht manchmal jannnnz schön, aber herrlich ist es, sich genau in diesen ganzen Kram hineinzuwerfen und darin herumzusuhlen!

    Katharina Palm
    Ich schicke ein dickes Lebkuchenherz mit ganz viel Schokolade rüber.
    1. Dezember um 11:27 · Gefällt mir nicht mehr · 1
    Jabel Keller ..kein Fürchten soll dich lähmen..
    (mit der "Zuversicht" einer Ricarda Huch)

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