Sonntag, 25. August 2013

Horoskope und solcher Mist


Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als Eure Schulweisheit sich erträumen lässt. 
Aus: Hamlet von William Shakespeare

Das ist eines der schnell herbeigezerrten Zitate, die auch scheinbar vernünftige Menschen nutzen, bzw. mißbrauchen, um ihren irrationalen Glauben (wobei sie Glauben gern als den neuesten Stand der nur noch nicht akzeptierten "Wissenschaft" verbrämen) an Astrologie, chinesische Tierkreiszeichen, indianische Baumhoroskope, Haarwäschen in Abhängigkeit von der Mondphase, Tarotaussagen über den günstigsten Zeitpunkt für Hochzeiten oder das nächste Großreinemachen, Handlinieninformationen über die zu erwartende Anzahl des Nachwuchses und ähnlichen Mumpitz, zu untermauern.


Ich, und circa 580 000 000 andere Menschen (580 Millionen bei einer geschätzen Weltbevölkerungszahl von 7.000.000.000 = sieben Milliarden) sind nun also Jungfrauen, was nichts, aber auch gar nichts mit dem Zustand unseres Hymens, aber angeblich alles mit der Konstellation der Sterne zum Zeitpunkt unserer Geburt und ihrer jetzigen Aufstellung zu tun hat, die, so wird behauptet, unsere charakterliche Veranlagung, die Wahrscheinlichkeit unseres zufriedenen oder unzufriedenen Gemütszustandes in den nächsten vierzehn Tagen; und überhaupt unser Wesen in genauester Weise bestimmen soll. Quatsch. Quatsch. und noch ein drittes Quatsch.

Gewiss, der Mond hat Einfluss auf das Wasser auf unserem Planeten. Warum? Weil zwischen der Erde und dem Mond und übrigens auch zwischen der Sonne und der Erde Gravitationskräfte wirken, nachweisbare, wissenschaftlich untersuchbare Anziehungskräfte.
Hat der Mond also auch Einfluss auf Fruchtwasser und die Hirn-und Rückenmarksflüssigkeit? Möglicherweise, aber auch der wäre physikalisch zu untersuchen und wahrscheinlich zu vernachlässigen. Aber warum sich der Mühe unterziehen Ursachenforschung zu betreiben, wenn man es doch so leicht gemacht bekommt mit esoterischem Gewaber? So bin ich, ich kann nicht anders, frag die Sterne.
Ich gestehe ein, dass auch ich sinnlosen Aberglauben folge: Pfennige zu finden, versetzt mich in Glückszustände, sie werden dreimal bespuckt und dann über die linke Schulter für den nächsten glücklichen Finder weggeworfen, beim Stolpern mit dem linken Fuß, zwingt mich mein Kinderglauben zum Zurückgehen auf den Stolperpunkt. Aber, und dieses Aber ist wesentlich, ich weiss doch in jedem Moment, dass ich glaube, was nicht stimmt. Deshalb Aber - Glaube. Es ist Unsinn, ABER ich GLAUBE es. Oder? Es ist ein Spiel, dass ich mit mir selber spiele, und ist für niemanden unterhaltsam oder wichtig als für mich.

Es macht mich wütend, wenn ich halbgegarten mystischen Quark als Offenheit für die Wunder der Welt serviert bekomme. Es macht mich auch wütend, wenn Leute ihre Nationalität, Herkunft, Geschlechtszugehörigkeit, sexuellen Präferenz oder eben Sternenkonstellation, also ihre ihnen bei der Geburt mitgegebene, und also geschenkte Voreinstellung, als Beweis ihrer tieferen Empfindsamkeit, größeren Glaubhaftigkeit, wahreren Erdverbundenheit, kurz ihrer Überlegenheit benutzen. Nicht alle Frauen sind a priori  ... als alle Männer, nicht alle Schwulen sind ... als alle Heterosexuelle, nicht alle Indianer sind tiefer im Verbund mit Mutter Erde als alle Friseure in Cincinatti, nicht alle Jungfrauen sind ordnungsliebend und die meisten Zwilling sind auch keine Zwillinge, nichts ist immer und bei allen einfach besser. Die Wahrheit ist, lästigerweise, immer konkret! Wir sind verschieden, damit müssen wir uns abfinden, ob ein bestimmter Punkt in einem von uns besser oder schlechter ist, als in einem anderen, läßt sich nur in konkreten Situationen herausfinden.
Meine Hoffnung für den morgigen Tag und das, was ich tue, um sie wahr werden zu lassen, muß gegen gesellschaftliche Gegebenheiten, soziale Vorurteile und meine eigene Verfassung gewinnen, also laßt wenigstens die weitentfernten und zutiefst uninteressierten Sterne aus der Sache raus. Es ist hart genug wie es ist.

Dame auf dem Rücken liegend?

Stephen Fry hat, als er gefragt wurde, welches Sternzeichen er denn sein würde, wenn er sein eigenes Sternkreiszeichen wählen könnte, geantwortet:
Skepsis. Ich bin ein echter Skeptiker, geboren unter dem edlen Zeichen der Skepsis, dem Zeichen des Menschen, der absolut und ohne Einschränkungen weiß, dass Astrologie, der mistigste Mistes ist, den es je gab. Es ist eine sinnloser Irrglaube, der nicht einmal den Vorteil hat, ein harmloses Vergnügen  zu sein. Es ist schädliche Langeweile.  Schädlich für den menschlichen Geist, schädlich für die Würde und den Zauber des wirklichen Universums und die wirkliche Kraft des Geistes, selbst zu denken. Ich hasse Astrologie mit einer Intensität, die fast erschreckend ist. 

Apropos Mumpitz: Wiki schreibt:
Mit Mumpitz war ab dem 17. Jahrhundert eine Schreckgestalt oder auch Vogelscheuche gemeint. Das Wort leitet sich ursprünglich von „Mummelputz“ und „Mombotz“ ab und verbindet die beiden Wörter vermummen und (hessisch) Boz oder Butzemann (eine Kinderschreckfigur). Beim Mumpitz handelt es sich um eine Schreckgestalt für Toren.
Der Begriff erschien dann auf der Berliner Börse seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für „erschreckende Gerüchte“ oder „schwindelhaftes Gerede“.

3 Kommentare:

  1. Die Frühgeburten -
    welche Sternenkonstellation würde für sie gelten ?

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  2. Soweit ich es lese, gilt der Geburtstag, die Geburtsstunde etc.

    Aber wie kann eine zufällige, von Menschen willkürlich bestimmte Sternenauswahl überhaupt einen Einfluss auf mein Leben haben? Warum diese Sterne und nicht ganz andere? Die Auswahl ist doch wirklich groß genug.
    http://www.google.de/imgres?sa=X&biw=1106&bih=578&tbm=isch&tbnid=weaHaoKqiKZNgM:&imgrefurl=http://www.stargazing.net/david/constel/constel/virgo.html&docid=9BZ6caAo9pDZ3M&imgurl=http://www.stargazing.net/david/gif/constellations/virgo636x412.gif&w=636&h=412&ei=OrUZUuPWNYi4hAel8YDABA&zoom=1&iact=hc&vpx=623&vpy=281&dur=1387&hovh=181&hovw=279&tx=155&ty=112&page=1&tbnh=134&tbnw=229&start=0&ndsp=17&ved=1t:429,r:9,s:0,i:109

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  3. Virginia Gamba, die Tochter des Galilei wurde am 16. August 1600 in Padua (Republik Venedig) geboren. Es wird berichtet, dass ihr Vater zum Zeitpunkt ihrer Geburt ein Lebenshoroskop für Virginia aufstellte. Die Jupitermonde entdeckte Galilei freilich erst 1610. Hätte er das Horoskop auch aufgestellt, wenn Virginia ein Jahrzehnt später geboren worden wäre? Wir wissen es nicht!
    Warum aber gaben Marina Gamba und Galileo Galilei ihrer Tochter den Namen Virginia. Weil der Vater sie im Sternzeichen der Jungfrau geboren glaubte? Nach heutiger gregorianischer Kalenderberechnung wäre sie ja ein Löwe. Aber: Der gregorianische Kalender wurde in Venedig erst 1582 eingeführt. Und plötzlich wurde über Nacht der 16. August zum 27. August (der vierte Tag, an dem die Sonne im Zeichen der Jungfrau steht). Hat Galilei die Kalenderreform des Papstes Gregor XIII. acht Jahre lang verpasst? Das glauben wir nicht!
    Wo führen diese Gedanken hin? Nirgends.
    Da halten wir uns doch lieber an B.B. „Es hat immer geheißen, die Gestirne sind an einem kristallenen Gewölbe angeheftet, daß sie nicht herunter fallen können. Jetzt haben wir Mut gefaßt und lassen sie im Freien schweben...“ (Leben des Galilei, I)
    Ein Bild unter folgendem Link
    http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Homo_signorum_SBB-PK_1191.jpg
    zeigt die Zuordnung der Tierkreiszeichen auf die menschlichen Körperteile, wie ein gewisser Heinrich von Laufenberg es um 1450 als Theologe sah: selbstredend sitzt die Jungfrau mit frommem und unterwürfigen Blick im Herz, der Schütze aber zielt auf das Hymen.
    (Tobias Sosinka)

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