Freitag, 20. Juli 2012

Seitwärts besehen


Von vorn und von der Seite und die verblüffende Rückansicht, wie sehr verrenken wir uns vor Spiegeln, im Versuch uns selbst von Links oder Rechts oder Hinten zu sehen. Unsere Augen, die Wunderdinge, sehen Vieles gleichzeitig, aber nie genug. Die gutsitzende Hose stellt sich, von hinten besehen, als Verunstalterin unseres, ansonsten sehr angenehmen, Hinterns heraus. Das fröhliche wache Gesicht hat, seitwärts betrachtet, ein unvorteilhaftes Doppelkinn. Wir sind die Summe unserer An-Sichten.
Im Pressecafe am Alexanderplatz bin ich einst, im sicheren Gefühl der eigenen Jugend und Wirkung, von der Damentoilette kommend, zwischen den dicht besetzten Tischen hindurch geschritten und habe erst durch die unruhigen Augen meines Gastgebers begriffen, dass ich mir den schicken neuen halblangen Rock ins Höschen gelüpft hatte.
Und gerade vorgestern, auf Mallorca, oder Malle, wie wir deutsche Touristen es liebevoll nennen, ging die Inkarnation des alten Spruches "Von hinten Lyzeum, von vorne Museum" in voller Glorie an mir vorüber. 
Theater, von hinten besehen ist magiefreies Wunder. Gardrobieren reißen Spielern Klamotten von den schwitzenden Körpern und stülpen sie in andere noch schweissfreie. Bühnentechniker fahren Handzüge, Vorhänge und Versenkungen, kaugummikauend und konzentriert. Spieler murmeln Texte, ölen ihre Stimmen und Gelenke. Hinten ist es dreckig, geschäftig und sehr leise.
Von hinten oder von der Seite betrachtet sieht die Welt anders aus.

Pablo Picasso Portrait eines jungen Mädchens 1938



MIA CD-Cover 2012 Photographin Anna Olthoff

Keiner blickt dir hinter das Gesicht

Niemand weiß, wie reich du bist...

Freilich mein ich keine Wertpapiere,
keine Villen, Autos und Klaviere,
und was sonst sehr teuer ist,
wenn ich hier vom Reichtum referiere.

Nicht den Reichtum, den man sieht

und versteuert, will ich jetzt empfehlen.
Es gibt Werte, die kann keiner zählen,
selbst, wenn er die Wurzel zieht.
Und kein Dieb kann diesen Reichtum stehlen.

Die Geduld ist so ein Schatz,

oder der Humor, und auch die Güte,
und das ganze übrige Gemüte.
Denn im Herzen ist viel Platz.
Und es ist wie eine Wundertüte.

Arm ist nur, wer ganz vergißt,

welchen Reichtum das Gefühl verspricht.
Keiner blickt dir hinter das Gesicht.
Keiner weiß, wie reich du bist...
(Und du weißt es manchmal selber nicht.)

Erich Kästner

Die Welt ist rund

Die Welt ist rund, denn dazu ist sie da. 
Ein Vorn und Hinten gibt es nicht. 
Und wer die Welt von hinten sah, 
der sah ihr ins Gesicht!

Erich Kästner


Schön von Hinten  


Du bist schön von hinten
Mit ein paar Metern Entfernung
Schön bist du im Nebel, wenn du gehen musst
Bitte, bleibe nicht bei mir
Zeig mir deinen Rücken
Am schönsten bist du, wenn du gehen musst
Wie soll ich, wie soll ich, wie soll ich mich nach dir sehnen
Wenn du stets, wenn du stets, wenn du stets bei mir bist?
Wie soll ich, wie soll ich, wie soll ich mich nach dir sehnen
Jeden Tag, jede Nacht, jeden Tag, jede Nacht bist du bei mir
Löse dich in Luft auf
Hinterlass keine Spuren
Zeig, wie du aussiehst, wenn du nicht mehr bist
Ich bedanke mich herzlich
Ich hatte viel Spaß mit dir
Aber ohne dich war es auch nicht schlecht
Vielleicht besser sogar
Wie soll ich, wie soll ich, wie soll ich mich nach dir sehnen
Wenn du stets, wenn du stets, wenn du stets bei mir bist?
Wie soll ich, wie soll ich, wie soll ich mich nach dir sehnen
Jeden Tag, jede Nacht, jeden Tag, jede Nacht bist du bei mir
Schick mir ein Foto von dir
Oder eine Postkarte
Geh, es ist vorbei Goodbye
Wie soll ich, wie soll ich, wie soll ich mich nach dir sehnen
Wenn du stets, wenn du stets, wenn du stets bei mir bist?
Wie soll ich, wie soll ich, wie soll ich mich nach dir sehnen
Jeden Tag, jede Nacht, jeden Tag, jede Nacht bist du bei mir

Stereo Total

1 Kommentar:

  1. Jens Mittelstenscheid schrieb:
    wunderbar. so ändert unser blick die perspektive.unsere ansicht ändert er selten.weil wir bleiben wollen.viel eher als immer zu gehen.

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