Freitag, 17. Februar 2012

Fastfood



Natürlich habe ich guten Geschmack. Jede Menge davon. Ich bin, immerhin, Künstlerin oder zumindest etwas, dass gemeinhin so genannt wird. Ich esse gerne gut, lese gute Bücher, höre gute Musik. Ich sehe sogar gute Filme - solche nahezu ohne Handlung, voller assoziativer Impressionen und auch die mit gemurmelten Dialogen und monumentalen beredten Pausen, am liebsten in Überlänge. 

Fertiggerichte sind mir ein Gräuel, Kunstseide und Lycra ebenso, Blasmusik, Schlager und Michael Buble auch und ich verabscheue Realityshows, Talentwettbewerbe (außer "The Voice") und Hausfrauentausche. Nicht zu vergessen Volksmusik, Karneval, Massenchöre und niedliche Wunderkinder. Blümchentapeten, Urlaubserinnerungsnippes und Makramee-Arbeiten inklusive.

Aber ich bin auch stolzer Besitzer eines phänomenal guten schlechten Geschmackes, der mich auf längeren Autobahnreisen unaufhaltsam gen MacDonalds führt, mich zwingt auch beim zweitausendsten Replay von "I will Survive" wild hüftschwenkend mitzusingen, blutrünstige Thriller und kitschige Musicals verschlingt und hier öffentlich verkündet, dass der OSCAR für den besten Film in diesem Jahr an "Planet der Affen - Revolution" gehen sollte!  

Ich liebe meinen schlechten Geschmack mit der bedingungslosen, urteilsfreien Liebe, mit der eine Mutter ihr misslungenes, nicht hübsches, unbegabtes und wunderbares Kind liebt. Er vervollständigt mich. Er erst ermöglicht meinen guten Geschmack. Erst nach einer Riesentüte Chips, weiß ich wirklich wie herrlich Sushi schmeckt. 3 x "Pretty Woman" machen mich gierig auf Pasolini, Wong Kar Wai und Konsorten. Sechs Serienmörder und Kleist ruft dringlich. Ich weine, wenn Billy Joel "Leningrad" singt (jedesmal) und danke Mozart für sein Requiem.

Menschen mit ausschließlich gutem Geschmack beängstigen mich. Da ist etwas faul. Wenn Genuss eine Leistung wird, etwas beweisen muß, ist Kunst Heiligtum anstatt Lotterpfuhl. 

Es lebe der "schlechte" Geschmack", die heimlichen Vergnügungen, die sündlose Sünde, die Lust am Zuviel!

Ein paar Tipps für Furchtlose:

"Jene Jahre in Hollywood" oder "The Way We Were", Robert Redford und Barbra Streisand als sie noch unschuldig waren. Taschentuch nötig.

Windbeutel mit Schlagsahne und Schokoladensauce, mindestens ein Liter Sahne ist nötig!

Alle Bücher von Nick Hornby und Elizabeth George.

Johnny Depp in jedweder Inkarnation.

Je nach Laune: "The Notebook" ( "Wie ein einziger Tag"); mayonnaisegetränkter Fleischsalat, Grey's Anatomy, die Gala beim Zahnarzt und auch selbstgekauft, Angelina und ihre ungewöhnlich zahlreichen Kinder, Discosongs, alles was rot ist, kleine Hunde.



2 Kommentare:

  1. Danke, danke, danke... mein Tag wurde durch diesen Beitrag mehr versüßt, als kandiertes Obst in einem Sahnedessert, bestreut mit Schokoraspeln das jemals gekonnt hätten!!!

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