Dienstag, 29. November 2011

bisschen - bißchen und die blöde neue deutsche Rechtschreibung


Ein bisschen, ein kleiner Biss, weniger als ein wenig, ein indeklinables Indefinitpronomen - was für ein Wort, und bedeutet doch nur, dass ein bisschen nicht veränderbar ist. Meist wird es in Verbindung mit »ein«, in der Funktion eines Adverbs gebraucht. Ein bisschen Liebe, ein bisschen Hoffnung zum Beispiel. Ein bisschen sieht nach der Neuen deutschen Rechtschreibung nur leider aus wie ein bischen, grob und unelegant. Ein bißchen dagegen, da sieht man den Biss, Biß. Nicht viel, nur einen kleinen Happen, Bissen, scharfe Zähne, schneller Biss/Biß, ein kurzer Schmerz und Viel bleibt übrig. Ach, du liebes bisschen! Ach, du liebes bißchen! Ein kleines bisschen Bisschen oder ein kleines bißchen Bißchen? Ich, heute, über 50 und kein bißchen weiser, bestehe auf das bißchen und schäme mich kein bißchen dafür, sollen doch die doofen Germanisten alle mal ein bißchen leise sein, schreiben zielt doch auch auf das Auge, "das Auge liest mit" sozusagen, und außerdem, solange wir Stängel, aber nicht Ältern schreiben sollen, bleibt die ganze Reform sowieso ein großer Quatsch. Wie Kaiser Wilhelm sagte, bei der vorletzen Rechtschreibereform, reformiert nur ruhig weiter und macht Tür aus Thür und Tor aus Thor, aber Thron bleibt Thron, denn der ist meiner. Ein bißchen Freiheit!!!!

Ein bisschen mehr Freude

Ein bisschen mehr  Freude und weniger Streit,
ein bisschen mehr Güte und weniger Neid,
ein bisschen mehr Liebe und weniger Haß,
ein bisschen mehr Wahrheit, das wär doch was!

Statt soviel Unrast ein bisschen Ruh,

Statt immer nur ich bisschen mehr du,
statt Angst und Hemmung ein bisschen mehr Mut
und Kraft zum Handeln, das wäre gut.

Kein Trübsal und Dunkel, ein bisschen mehr Licht,

kein quälend Verlangen, ein froher Verzicht,
und viel mehr Blumen, solange es geht,
nicht erst auf Gräbern, denn da blühn sie zu spät.
Peter Rosegger

ODER:

Ein bißschen mehr Freude

Ein bißschen mehr Freude und weniger Streit,
ein bißschen mehr Güte und weniger Neid,
ein bißschen mehr Liebe und weniger Haß,
ein bißschen mehr Wahrheit, das wär doch was!

Statt soviel Unrast ein bißschen Ruh,

Statt immer nur ich bißschen mehr du,
statt Angst und Hemmung ein bißschen mehr Mut
und Kraft zum Handeln, das wäre gut.

Kein Trübsal und Dunkel, ein bißschen mehr Licht,

kein quälend Verlangen, ein froher Verzicht,
und viel mehr Blumen, solange es geht,
nicht erst auf Gräbern, denn da blühn sie zu spät.
Peter Rosegger


Blogeintrag von anama vom 12.12.2010 
Nach der „Neuen deutschen Rechtschreibung“ heißt es „ein bisschen“. In der alten Rechtschreibung wurde dieser Ausdruck noch „ein bißchen“ geschrieben.
Nun gibt es aber eine Faustregel, über die man sich ganz gut merken kann, wann das Doppel-S und wann das SZ (also ß) richtig ist:
Ist der Vokal davor ein kurzer, wie bei Kuss, Küsse, Nuss, müssen, Biss, Klasse – dann folgt das Doppel-S.
Ist es ein langer Vokal oder ein Doppel-Vokal wie eu, äu oder ei, wie bei Muße, in Maßen, Kloß, beißen, folgt das SZ, also ß.

Mir fällt da eine Geschichte ein, an der man sich das vielleicht merken kann. In der Grundschule fuhren wir mal auf Klassenfahrt, und die Lehrerin diktierte uns, was mir mitnehmen sollen. „Süßigkeiten in Maßen“ war auch dabei. Ich altkluges kleines Ding zeigte auf und sagte, alle sollten doch darauf achten, dass sie das wirklich mit ß schreiben, damit die Eltern nicht denken, sie müssten Süßigkeiten in Massen einpacken.
 
 

13 Kommentare:

  1. Ibon Regen
    blisschen.

    Johanna Schall
    I like you.

    Ibon Regen
    das ist alles ein riesengeschäft für den duden-clan, der dadurch seit jahrzehnten auf der bestsellerliste bleibt. und sie sind schuld, dass schrift verkümmert, weil jeder inzwischen so schreibt, wie er denkt. nicht mal die "leitmedien" könn...See More

    Laura Kallenbach
    nun ja, das auge liest mit, aber dein auge ist nicht mein auge, und meins nicht deins. so möchte ich zur verteidigung des kleinen bisschens anführen, dass das sz in seiner rundlichen, zu einem pseudo-buchstaben mutierten, sich im alphabet immer fremd fühlenden form optisch nichts mehr von der schärfe inne hat, die das noch zwei geteilte sz verspricht. und wenn ich mir nun bisse und küsse, und man könnte schon das eine für das andere greifen - ich schweife ab. nun wenn ich mir das bauchig plumbe, das ß, in diesen worten vorstelle, ach dann lassen sie sich gehen, verlieren im moment an kraft und dringlichkeit - vor meinem auge. und auch das kleinste bisschen möchte doch in aller dringlichkeit beweisen, dass es zumindest etwas ist, nämlich nicht nichts.
    liebe grüße ;)

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  2. Sprache ist persönlich und öffentlich. Regeln sind notwendig und ärgerlich. Sie ermöglichen Kommunikation und verwirren sie.
    Änderungen stellen die Regeln plötzlich infrage. Die alten, durch Gewohnheit akzeptierten, und die neuen, als würde ein Fremder in das Privatleben eindringen.
    Manchmal ist es auch mit dem Bild eines Wortes wie mit einer liebgewonnen, fein verknüpften Erinnerung, die man nicht wegschmeißen kann.

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  3. Wenn ein Schild ankündigt, dass ich platziert werde, fühle ich mich nicht mehr nur entmündigt, sondern nun auch direkt physisch bedroht und haue lieber wieder ab, obwohl ich die neue Schreibweise akzeptiere.

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  4. Laura Kallenbach
    nun ja, das auge liest mit, aber dein auge ist nicht mein auge, und meins nicht deins. so möchte ich zur verteidigung des kleinen bisschens anführen, dass das sz in seiner rundlichen, zu einem pseudo-buchstaben mutierten, sich im alphabet immer fremd fühlenden form optisch nichts mehr von der schärfe inne hat, die das noch zwei geteilte sz verspricht. und wenn ich mir nun bisse und küsse, und man könnte schon das eine für das andere greifen - ich schweife ab. nun wenn ich mir das bauchig plumbe, das ß, in diesen worten vorstelle, ach dann lassen sie sich gehen, verlieren im moment an kraft und dringlichkeit - vor meinem auge. und auch das kleinste bisschen möchte doch in aller dringlichkeit beweisen, dass es zumindest etwas ist, nämlich nicht nichts.
    liebe grüße ;)

    Ingvar Jensen
    ich seh's wie du, johanna, gerade das beispiel "stängel ja, aber ältern nein" stößt mir auch immer wieder auf. genauso "aufwändig". warum "aufwÄndig"? wegen "aufwand, nehme ich an. warum dann nicht auch "aufwÄnden", sondern weiterhin "aufwEnden"? usw. usf.

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  5. Die Unmöglichkeit, eine allein stehende Frau zum Hinlegen zu überreden. Hoffnungslos.

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  6. Ich bin ja auch so ein ganz eigener Sprachlogiker. Ich hab' mir schon auf der Grundschule Zensuren versaut, weil ich es blödsinnig fand "allein" mit zwei LL zu schreiben. Wenn das Wort "allein" bedeutet, dann haben sich da keine Pärchen aus Buchstaben drin zu finden.
    Genauso Empfang... was hat denn da bitteschön das "p" drin zu suchen??? Das hat doch was mit fangen, auffangen, erhalten zu tun. Ich schreibe ja auch nicht Anpfang. Das Ergebnis meiner hartnäckigen Ignoranz gegenüber unlogischer Rechtschreibung war ein offizieller Test auf Legasthenie... aber das ist ein anderes Kapitel.
    Was besagtes "bißchen bisschen" angeht... da muss ich leider sagen, dass (<--- auch so'n Fall) mir die Streichung des "ß" eine Menge Mühe ersparte und ich die Neuerung gerne, allzu gerne annahm... aber nicht aus Sprachempfinden (<--- auch das schrieb ich immer ohne "p", weil man ja auch nicht erpfindet!)... sondern aus Faulheit.
    In der Zeit der Überarbeitung der Rechtschreibreform trug es sich zu, dass ich grobmotorisch meinen Laptop in Instantcappuccino badete. Nun werden einige sagen, wer Instantcappuccino trinkt hat's auch nicht besser verdient... naja, das Ding war jedenfalls ganz nett ertränkt - erholte sich aber in gewissem Umfang. Allein die "6/&"-Taste und die "ß/?"-Taste erwachten nicht mehr zum Leben. Die meisten hätten das Ding nun ersetzt... dummerweise leide ich an einer Art haptischen Zwangstörung (http://rhode.theaterblogs.de/?p=93), die mich solche Radikallösungen meiden lässt, wannimmer möglich. Ich fing also an mein Schreibverhalten umzustellen... weil ich keine Lust hatte die Zeichen mühsam aus anderen Texten einzukopieren. Ich lernte Sätze so zu konstruieren, dass drei Punkte... fast wie ein Fragezeichen funktionierten, ich ersetzte das & durch das +, schrieb die 6 aus wenn's eben ging und konnte nunmehr ganz offiziell dass ß durch ss ersetzen. Hat mir eine Menge kleinteilige copy/paste-action erspart.
    Mittlerweile habe ich andere Laptops und alle Tasten funktionieren - aber die jahrelange Notlösung ist zur Gewohnheit geworden.
    Sprache wird manchmal durch ganz seltsame Um-/Zustände geprägt. Und obwohl das ? wieder zur Verfügung steht... meine Texte strotzen oft vor Dreipunktpassagen... echt... viel mehr als bei anderen.
    Überbleibsel einer Cappuccinodusche...

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  7. Unter diesen Umständen akzeptiere ich ss für ß ntürlich, da ginge auvh $ für das ß, oder...
    Warum wird gar nicht, gar nicht zusammengeschrieben? Ist das nicht fertig gekocht... Vieleicht ist auch besser, weil es ja nicht bedeutet, dass vieles leicht ist. Och, Gott sei Dank, korrigiert nicht mein alter Deutschlehrer, wenn ich Blog schreibe, sondern eine Freundin, mit der man über individuelle und launische Rechtschreibevorstellungen ernst und eifrig diskutieren kann.

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  8. Laute und Schriftsprache sind zweierlei. Sprechen und Schreiben. Hören und Lesen. Unterschiedliche Ebenen des Abstrahierens, die eine Deckungsgleichheit ausschließen müssen.
    Lautverschiebungslinien und regionale Einflüsse kann man lästig finden, aber nicht ignorieren (außer auf einer weltabgeschnittenen winzigen Insel unter Inzuchtbedingungen).
    Die Hemmungslosigkeit im Umgang mit jeglichen Regeln, wie bei dialektgeprägten Twitterkindern zu beobachten, beeindruckt mich, weil wohl noch nie so viel geschrieben wurde wie heute. Klasse! Und sie beunruhigt mich, weil ich ein entwickeltes System der Schriftsprache auch für ein erhaltenswertes intellektuelles Kulturgut halte, ein Instrument, das feine Differenzierungen des Denkens und und Empfindens auszudrücken hilft.

    Karre-Karre-Kit-Kit oder Pri-Pri- Trr las ich als Textbeispiel für Äußerungen von Singvögeln in einem Lexikon. Da hab ich die Unmöglichkeit kapiert, Hören und Schreiben in Deckung zu bringen.

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  9. Meine Tochter lernt grad schreiben nach einem System das sie so schreiben lässt, wie sie es hört, woraufhin man wohl auch schnell lesen lernt. Was funktioniert, immerhin habe ich schon ein ganzes (!) Buch vorgelesen bekommen, und das nach drei Monaten. Es ist bezaubernd, zu lesen, wie sich die Worte für sie anhören, die sie schreiben will. Püriaschtap ist einer meiner Lieblinge. Schpass muss sein. Warum man das Sch nicht ausschreibt ist nämlich auch so eine Frage. Es sieht so saftig, so leidenschaftlich aus, das zu tun. Wenn ein p folgt. Aber nur, wenn es mit Kinderhand, Stift auf Papier, geschrieben ist. Wenn es keine Regeln gäbe, könnte man sie nicht brechen. Da würde viel verloren gehen. Denn die Ausnahmen, die sich herausgenommen werden, erzählen so viel und so schön und so witzig.

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  10. Und noch was. Ich habe nie verstanden, warum es selbständig heißt und nicht selbstständig. Ich stehe doch selbst und nicht selb.

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  11. "Selb" war ein eigenständiges Wort, bevor es sich zu "selbst" verschoben hat. Deshalb ist es in Wortzusammensetzungen noch in der alten Form vorhanden.
    Kommt auch noch vor in der Kunstgeschichte als Gemäldekategorie, z.B. "Maria selbander", also Maria selbst mit einer anderen Person.

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  12. Selbander ist schön. Dafür akzeptiere ich auch selbständig. Danke!

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  13. Ingvar Jensen
    ich seh's wie du, johanna, gerade das beispiel "stängel ja, aber ältern nein" stößt mir auch immer wieder auf. genauso "aufwändig". warum "aufwÄndig"? wegen "aufwand, nehme ich an. warum dann nicht auch "aufwÄnden", sondern weiterhin "aufwEnden"? usw. usf.

    Armin Gröpler Über diese Seite: Von Rosseger bis Brecht; das ist kein Bisschen schlecht! Wo bleibt nun- allen mal zur Freude- der Walther von der Vogelweide?

    Johanna Schall
    Zu Diensten Herr Gröpler!

    Armin Gröpler
    Wir sind geehrt, Frau Schall!

    Frank Schlößer
    Das ist nun eine der neuen Rechtschreibregeln, die ich mag: Kurzer Vokal, doppeltes s. Ansonsten werde das komische ? -ja, verdamm, das ess-Zett - in meinem Namen verteidigen bis zum letzten Atemzug: öööööhhhh - esszett - arrrg. ß for ever.

    Ole Welzel
    Ja, das Auge liest mit. Es ist schon ärgerlich, dass ich die meisten barocken Schreibweisen hier nicht eingeben kann:
    Die gibt es auf der Tastatur nicht.
    Was soll es dann: Die Halben hol' der Teufel,
    wenn es nicht barock geht, schreib ich eben in aktueller Form.

    Burkhard Ritter
    Ein bißchen Spaß muß sein ... Ein bisschen Spass muss sein
    In Österreich darf das Wort S p a ß auch mit s s geschrieben werden

    Ole Welzel
    und auch in Schweizer Strassen
    gibt's über alle Massen
    massenweise Autos ;-)

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