Montag, 3. Oktober 2011

Nick Hornby - Juliet Naked

Wie groß muß Erfolg sein, um Erfolg zu sein? Wie klein ist Glück, wenn es kein Glück mehr ist?

Nick Hornby - seine Romane wurden oft verfilmt - "High Fidelity" mit John Cusack als Plattenladenbesitzer, der die Urgründe von Liebe und Kunst in unterschiedlichsten Listen obskurer Langspielplatten unter noch obskureren Gesichtspunkten, zu ergründen sucht.
Oder "About a Boy", wo Hugh Grant einen nahezu erfolgreichen Windmühlenkampf gegen
die Verstrickung in menschliche Beziehungen kämpft. 
Immer geht es um Musik, immer um intensiv ignorierte Einsamkeit, immer um Verweigerung des eigenen Anspruches auf Verzweiflung oder Jubel. Die Figuren erlauben sich nicht, wirklich unglücklich zu sein, sie verspotten sich für ihre Erwartung von außergewöhnlichem Glück und beschreiben ihren Zustand von üblichem Elend mit Witz und Selbstironie und Unmengen musikalischer Zitate.

Wenn ich diese Bücher, kleine Bücher nenne, meine ich das keineswegs abwertend, weil Hornby selbst, wahrscheinlich, den Anspruch große literarische "Werke" zu schreiben, mit peinlich berührtem Gesicht und einigen bittersüßen Bonmots abwehren würde, um dann zu gehen und ein weiteres kleines, wahres Buch über Menschen, die er (und ich) kennen, zu schreiben.



10 Kommentare:

  1. Ein ganzes Brot für mich allein ist kein Glück für mich, für sehr viele andere schon.
    Das absolute Glück gibt es in der persönlichen Wahrnehmung. Also nicht.

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  2. Das stimmt. Und die Erlaubnis glücklich zu sein, kann man sich also nur selbst geben. Und da sitzt der Punkt, über den Hornby nicht aufhören kann zu schreiben, denke ich.

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  3. Es gibt Menschen, die erschrecken, wenn sie sich beim Lachen erwischen.
    Als wäre ihnen etwas passiert, was ihnen nicht zustünde.

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  4. Wohl wahr. Und nicht wenige.

    Die Aussicht auf "Glück" ruft riesige Ängste hervor. Ist mein Eindruck, zunehmend.

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  5. Das ist nur natürlich... die Ängste vor dem Glück. Absolut nicht der Schreck beim lachen, aber die Angst vor dem Glück.
    Die größte Freiheit und Unverletzlichkeit besitze ich, wenn ich nichts besitze, dessen Verlust mir Schmerzen zufügen würde. Unverletzliches Glück ist demnach ausschließlich jenes, das aus mir selbst heraus entsteht.
    Sobald etwas von "außen", ganz gleich ob Mensch oder Umstand, mich glücklich macht - werde ich unglücklich sein, wenn ich das verliere.
    Glück macht also in gewisser Weise verletzlich und droht mit Schmerz durch Verlust. Die wissende Reaktion auf diesen Zusammenhang ist vor dem zurückzuschrecken, was uns glücklich machen könnte - ODER... es einfach zu riskieren. Denn es besteht ja durchaus die Chance, dass das Glück nicht wieder verschwindet.
    Das allerdings braucht den wagemutigsten Optimisten, den man erdenken kann.

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  6. Glück ist eine deutliche Spitze, denke ich, in einer wellenförmigen Linie.
    Waagerechtes Glück würde ich eher Glücklichsein nennen.

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  7. Ich weiß nicht. Das lohnt viele Gedanken. Wenn diese waagerechte Linie hoch angesetzt ist, gewiss. In Gleichmut und Vermeidung von Spitzen liegt aber auch die Gefahr der Einebnung von Bedeutung, der vollkommenen Abwesenheit von schwelgerischen, jubelnden, völlig deppert machenden endorphingeschwängerten Zuständen, die ich eigentlich zu gerne mag, um auf sie verzichten zu wollen.
    Andererseits hast Du recht, Kontinuität des Glücks ist Ausgeglichenheit, Balance.
    Mir ist von einem Kollegen erzählt worden, der zum Buddhismus übergetreten ist - nicht diese Lifestyleart von Buddhismus, mit der viele liebäugeln, sondern er hat sich darin vertieft. Die Konsequenz war die Aufgabe seines Berufes, weil dieser mit seinen Spitzen nach unten und oben, diesem ewigen eintauchen in Extreme sich nicht mehr mit den anderen Lebenszielen vertragen hat.
    Anouih sagte, dass Lebenskünstler schon glücklich seien, wenn sie nicht unglücklich wären. Darin mag Wahrheit liegen... aber ich weiß noch nicht ob es eine ist, die mir gefällt.
    Es klingt für mich ein bißchen nach Beständigkeit des Glücks durch Entzug von Bedeutung.
    Vor einigen Monaten habe ich das mal gedacht: dass die vollkommene persönliche Freiheit die Ablösung von allem ist, das etwas bedeutet. Ich empfand das wirklich. Ich merkte wieviel Spielraum ich hatte, sobald mir etwas relativ wurscht war. Das schmeckte gar nicht schlecht, eben sehr freiheitlich. Inzwischen frage ich mich eher, ob das eine Freiheit ist, die ich will oder brauche.
    Ein sehr wichtiger Mensch hat mal zu mir gesagt: Liebe hat ihren Preis. Und das ist wahrscheinlich näher an der Wahrheit. Alles, was man sich fragen muss ist, ob eine Liebe oder Bedeutung den Preis wert ist, den sie kosten kann. Ob Glück den Preis wert ist, den es kosten kann.
    Und wenn man diese Frage bejaht, dann sollte man sich hineinbegeben... denn dann ist wahrscheinlich alle Schürfwunden der Seele wert.

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  8. Ganz sicher. Ich meinte tatsächlich die hochangesetzte Waagerechte, die Bedachtheit und Balance erfordert, um nicht abzustürzen.(Ich möchte Dir jetzt ein Koordinatensystem zeichnen.)Eine Waagerechte weiter unten, gegen Null, würde ich eher Zufriedenheit nennen, was für mich einen traurigen Beigeschmack hat. Ich weiß jedoch, dass es ein Privileg ist, ein Luxus, das sagen zu können.

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  9. Das ist wahr... mit dem Privileg. das ist auch sowas. Viel Glück bleibt unempfunden, weil es in unserem Leben gewissermaßen Standart ist. So, wie Du zu Beginn über das Brot geschrieben hast. Solche "Brote" gibt es viele.
    Man bemerkt sie erst, wenn der Standart abwesend ist. Ich merke manchmal, und das viel zu selten, wieviel Zeit mir fehlt, das zu realisieren. Ich gehe darüber hinweg... weil man sich auch an Glück gewöhnen kann. Oftmal gerade an das Glück, das einen kontinuierlich begleitet.

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  10. Das ist ein wunderschönes Gespräch, das ihr beide, drei da führt. Bin froh, das lesen zu dürfen.

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