Sonntag, 26. Dezember 2010

Bertolt Brecht Zwei Weihnachtsgedichte

 

Die gute Nacht
 
Der Tag, vor dem der große Christ 
zur Welt geboren worden ist, 
war hart und wüst und ohne Vernunft. 
Seine Eltern, ohne Unterkunft, 
fürchteten sich vor seiner Geburt, 
die gegen Abend erwaret wurd, 
denn seine Geburt fiel in die kalte Zeit. 
Aber sie verlief zur Zufriedenheit. 
Der Stall, den sie doch noch gefunden hatten, 
war warm und mit Moos zwischen seinen Latten, 
und mit Kreide war auf die Tür gemalt. 
daß der Stalll bewohnt war und bezahlt. 
So wurde es doch noch eine gute Nacht, 
auch das Heu war wärmer, als sie gedacht. 
Ochs und Esel waren dabei, 
damit alles in der Ordnung sei. 
Eine Krippe gab einen kleinen Tisch, 
und der Hausknecht brachte heimlich einen Fisch. 
(denn es mußte bei der Geburt des großen Christ 
alles heimlich gehen und mit List.) 
Doch der Fisch war ausgezeichnet und reichte durchaus 
und Maria lachte ihren Mann wegen seiner Besorgnis aus 
denn am Abend legte sich sogar der Wind, 
und war nicht mehr so kalt, wie die Winde sonst sind. 
Aber bei Nacht war es fast wie ein Föhn, 
Und der Stall war warm und das Kind war sehr schön. 
Und es fehlte schon fast gar nichts mehr, 
da kamen auch schon die Dreikönig daher! 
Maria und Joseph waren zufrieden sehr. 
Sie legten sich sehr zufrieden zum Ruhn 
Mehr konnte die Welt für den Christ nicht tun.

Maria

Die Nacht ihrer ersten Geburt war

Kalt gewesen. In späteren Jahren aber
Vergaß sie gänzlich
Den Frost in den Kummerbalken und rauchenden Ofen
Und das Würgen der Nachgeburt gegen Morgen zu.
Aber vor allem vergaß sie die bittere Scham
Nicht allein zu sein
Die dem Armen eigen ist.
Hauptsächlich deshalb
Ward es in späteren Jahren zum Fest, bei dem
Alles dabei war.
Das rohe Geschwätz der Hirten verstummte.
Später wurden aus ihnen Könige in der Geschichte.
Der Wind, der sehr kalt war
Wurde zum Engelsgesang.
Ja, von dem Loch im Dach, das den Frost einließ, blieb nur
Der Stern, der hineinsah.
Alles dies
Kam vom Gesicht ihres Sohnes, der leicht war
Gesang liebte
Arme zu sich lud
Und die Gewohnheit hatte, unter Königen zu leben
Und einen Stern über sich zu sehen zur Nachtzeit.


Bertolt Brecht


 

3 Kommentare:

  1. Übertragen von facebook
    Vladimir Weigl: aus welcher Zeit sind die Gedichte? Aus den 20-igern?

    Johanna Schall: maria - 1922
    die gute nacht - 1926

    Vladimir Weigl: Da paust die Heimat so herrlich durch. Den Föhn gibt es nur in Bayern. I love it.

    Hatto Fischer: Mein Vater litt staendig unter dem Bayerischen Foehn, deshalb wanderten wir nach Kanada aus aber das ergibt noch lange kein Gedicht. Halbe Wahrheiten verlangen also einen Widerspruch. Denn in Kanada gibt es entlang dem ganzen Kontinent jenen Foehn: da schieben die kalten Luftzuege von der Artik runterkommenden die warmen kommend vom Golf von Mexiko zurueck doch dann werden die wieder staerker. Darum schwanken also die Temperaturen manchmal gewaltig. Ich will damit sagen den Foehn gibt es nicht nur in Bayern.

    Vladimir Weigl
    Lieber Hatto Fischer, nix da mit halber Wahrheit. Der Föhn ist ein Fallwind und Fallwinde gibt es natürlich auch anderswo, wie in Kanada, Südkalifornien, Ecuador, Argentinien, Polen, Chile, Norwegen, etc. Nur haben diese Fallwinde dort ande...re Bezeichnungen. Der Begriff Föhn, den Brecht in seinem Gedicht verwendet, kommt nur im Oberbayerischen Alpenraum vor. Er kommt aus dem lateinischen favonius, im Rätoromanischen hieß er fuogn und im Althochdeutsch Phönno.
    Brecht verbrachte zwischen 1917 und 1924, also bevor er nach Berlin zog, die meiste Zeit in München und nicht in Kanada.

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  2. Weiter aus facebook
    Hatto Fischer: Danke fuer die Erlaeuterung. Ich wusste nicht Brecht weilte solange unter den Bayern. Aber dann frage ich mich ob wir uns um die die Bezeichnung streiten sollten oder gemeinsam das selbe natuerliche Phaenomen meinen. Also der bayerische Foehn oder jener Fallwind wird in Kanada als Chinook bezeichnet. Siehe http://en.wikipedia.org/wiki/Chinook_wind

    Vladimir Weigl:Der Föhn, der von den Alpen aus südlicher Richtung kommt, bringt die warme, trockene Luftströmung in das untere Alpenvorland nach Augsburg, wo Brecht geboren und aufgewachsen ist, bevor er nach Beendigung der Schule nach München zog. Hätte ...Brecht das Gedicht in Kanada verfasst, würde er womöglich das Wort Chinnok verwendet haben und nicht Föhn. Der Schriftsteller braucht Provinz, sagte einmal ein großer Dichter und die ist so was wie sein Fingerabdruck.
    Schöne Grüße nach Kanada

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  3. Verdammt nochmal! Um was geht es Brecht eigentlich? Um Wind? Den produziert Ihr mit Euren hirnlosen Kommentaren. Danke und "Frohe Weihnachten"...

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